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08.10.05 / Die etwas andere Vertreibung / Junger Tscheche flieht vor sowjetischer Verfolgung aus seiner Heimat

© Preußische Allgemeine Zeitung / 08. Oktober 2005

Die etwas andere Vertreibung
Junger Tscheche flieht vor sowjetischer Verfolgung aus seiner Heimat

Seine Heimat war ein kleines Städtchen, Durnov, nördlich der Goldenen Rute, dieser gesegneten böhmischen Landschaft, von der es früher geheißen hat, sie fließe über von Milch und Honig ... Dort, im Gebirge und an seinem Fuß, wohnten früher einmal Deutsche. Doch das Städtchen Durnov war seit jeher so gut wie rein tschechisch; kaum ein Nemec hat sich hierher verirrt."

Gertrud Fussenegger be-schreibt in dem Roman "Jirschi oder Die Flucht ins Pianino" die Lebensgeschichte des tschechischen Pianinofabrikanten Jirschi Ronhard.

Geboren in Böhmen und aufgewachsen in der jungen Tschechoslowakei, erlebt Jirschi das Hitlerregime und das durch den Einmarsch der Russen besiegelte Ende des Zweiten Weltkrieges. Von den Sowjets aufgrund seiner Tätigkeit als Pianinofabrikant als "Kapitalist" verfolgt, muß Jirschi fluchtartig seine Heimat verlassen. "Auch die eigenen Eltern in Durnov sind voll Angst ... Sie sind mit Jirschi einer Meinung: Er muß aus dem Land. Doch wohin? ,Nach Deutschland.' Die Mutter ächzt: ,Doch nicht nach Deutschland!' Der Vater murmelt: ,Die bringen euch womöglich um.' Aber Jirschi hat schon Informationen: ,Wir stehen unter dem Schutz der Amis, die werden uns weiterschleusen.'"

Und so kommt es auch. Ein Schiff bringt Jirschi erst einmal nach Deutschland, wo er die nächsten Jahre leben wird. Ein Land, zu dem er als Arbeiter und Tagelöhner nie die geringste Bindung wird aufbauen können.

Ein verzweifeltes Bittschreiben an Mamie Eisenhower, deren Ehemann zu der Zeit die Vereinigten Staaten von Amerika als Präsident regiert, führt Jirschi in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten.

Doch auch dort kann er seine Heimat, sein über alles geliebtes Böhmen nicht vergessen. Und der Wunsch, noch ein letztes Mal durch die Straßen seiner Jugend wandeln zu dürfen, wird mit der Zeit zu einem beinahe übermenschlichen Verlangen heranwachsen.

Anrührend und mit einem Hauch von Ironie beschreibt Gertrud Fussenegger eine für diese Zeit typische Lebensgeschichte, die dem Leser deutlich zeigt, wie machtlos viele Menschen zu jener Zeit ihrem Schicksal ausgeliefert waren. A. Ney

Gertrud Fussenegger: "Jirschi oder Die Flucht ins Pianino", Langen Müller, München 2005, geb., 267 Seiten, 18,90 Euro


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