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15.10.05 / Der Druck wächst / Frankreich kann die Zuwanderung aus Afrika kaum noch verdauen

© Preußische Allgemeine Zeitung / 15. Oktober 2005

Der Druck wächst
Frankreich kann die Zuwanderung aus Afrika kaum noch verdauen
von Jean-Paul Picaper

Frankreich kann nicht das ganze Elend der Welt aufnehmen", sagte einmal der französische Premierminister Michel Rocard, ein Sozialist. Es war Ende der 80er Jahre. Ein frommes Wort ... Inzwischen hat sich die Schleuse geöffnet. Schwarzafrikaner, Nordafrikaner, Vietnamesen und Chinesen sind längst da. Letztere machen am wenigsten Schwierigkeiten, aber sie lieferten vor wenigen Jahren das größte Kontingent von Zuwanderern. Nun scheint die Waage sich wieder in Richtung des schwarzen Kontinents zu neigen. Fährt man zum Ostbahnhof oder zum Montmartre durch den 20. Bezirk von Paris, könnte man meinen, man sei in Ouagadougou oder Conakry gelandet. Kein einziger Europäer, alles Schwarzafrikaner und deren Cafés, Afro-Look-Friseure und Läden. Viele Männer, aber auch Frauen schweifen auf den Bürgersteigen umher, wohl arbeitslos. Bei aller Liebe zu unseren schwarzen Brüdern und Schwestern, die häufig hilfreich und freundlich sind, deren Mädchen gerade der zweiten Generation sich adrett kleiden, wie wir französisch sprechen und durchaus verdienen, qualifizerte Berufe zu bekleiden, stellen sich viele Landsleute die Frage nach der französischen Identität. Manche haben Angst. Manche werden wütend und aggressiv.

Wären in der gleichen Woche nicht die großen Streiks der Linksgewerkschaft CGT und der gewerkschaftlich-korsische Aufstand wegen der Privatisierung der Fährgesellschaft SNCM gewesen, um davon abzulenken, hätte die Menschenflut, die gegen die Zäune von Melilla prallte, in Frankeich große Sorgen ausgelöst. Aber die Franzosen sind sehr regierungsfixiert. Sie motzen und demonstrieren, aber sie folgen letzten Endes dem von oben herab dekretierten Haupttrend. Trotz aller Beteuerungen, man treffe Maßnahmen gegen die illegale Einwanderung und die "untergetauchten Zuwanderer" (eine fluktuierende Zahl - niedrig geschätzt zwischen 200000 und 400000), die als Beruhigungspillen dienen, kann man sich nicht des Eindrucks erwehren, daß der Staatspräsident und seine Getreuen bewußt aus dem überschwellenden afrikanischen Bevölkerungsreservoir mit vollen Händen schöpfen, um aus Frankreich auf längere Sicht eine europäische Großmacht zu machen. Ein weiteres Loch in der Barriere rührt auch daher, daß die Konservativen Angst davor haben, als Rassisten verhöhnt zu werden. Unter den Sozialisten Mitterrands war die Abwehr gegen die Überflutung wenn nicht effektiver, so doch leichter zu handhaben.

Stimmt, Frankreich hat die höchste Geburtenrate Europas. Fragt sich nur, welche Gruppen sich da vermehren. "Wir werden Europa zurückerobern", sagte einmal ein hoher algerischer Politiker, "mit dem Bauch unserer Frauen". Um eine ethnisch fremde Bevölkerung genetisch zu verdauen, braucht ein Volk etwa 500 Jahre, erklärte dem Verfasser dieser Zeilen einmal der große französische Anthropologe und Paläontologe Professor Yves Coppens. Aber die Zuwanderer dürfen eine kritische Masse nicht überschreiten. Wann wird dieser kritische Punkt überschritten werden? Wann wird Frankeich mohammedanisch oder ... schwarz? Zumal dieses Erbe aus der Kolonialzeit nicht von heute stammt. Im Jahre 1990 wurden Schulklassen aus der noch bestehenden, befreiten DDR nach Frankreich eingeladen, damit die Kinder Westeuropa kennenlernen. Der Verfasser dieses Beitrags erinnert sich an Schüler aus Sachsen, die auf dem Bahnsteig im Pariser Nordbahnhof von ihren französischen Mitschülern empfangen wurden. Da sagte ein deutscher Schüler ganz unbefangen seiner Lehrerin: "Ich wußte ja nicht, daß die Franzosen schwarz sind."

Zum demographischen Druck kommt zunehmend der kulturelle Druck hinzu. Denn die Zuwanderer aus Nord- und Zentralafrika kommen nicht nur nach Frankreich. Sie transportieren Afrika nach Frankreich und leben dort nach ihren Bräuchen, bringen ihre Kleidung, Eßsitten, Sprachen, die Vielweiberei und bei den Moslems die Religion mit, die jetzt schon die zweitgrößte Religion in Frankreich ist und weiter wächst. Die berühmte Assimilationspolitik Frankreichs - die sich dadurch von der deutschen oder niederländischen multikulturellen Gesellschaft zu unterscheiden anstrebte, daß sie die Fremden zu Franzosen machen wollte - ist ebenfalls im Begriff zu scheitern. Wir wollen hier nicht von den "Cités", also von den Vororten reden, die zu betreten sich Verwaltung und Polizei nicht mehr trauten, bis der energische Innenminister Nicolas Sarkozy sich traute, diesem Unrechtszustand ein Ende zu setzen. Aber das Bildungsniveau sackt dort ab, wo diese wunderschönen, lieben Kinder direkt aus unterentwickelten Regionen in die moderne Zivilisation transportiert werden. Ganz abgesehen von ihrer Unkenntnis der französischen Sprache wissen viele nicht einmal, daß man in der Klasse sitzen und zuhören muß, um etwas zu lernen. Sie stehen auf und gehen ... kommen später wieder ... vielleicht.

Es scheint, daß die Schwarzen neuerdings die Algerier und Marokkaner an Zahl überbieten. Wäre nicht die Hautfarbe, die diesen Harlem-Eindruck erzeugt, würde man sich allerdings bei ihnen nicht so fremd fühlen wie in den moslemischen Bezirken, wo die Frauen mit Kopftuch schüchtern durch die Straßen schleichen, wo nur Männer in den Cafés sitzen und wo insbesondere in Marseilles, Perpignan und sonstigen südlichen Städten zu bestimmten Uhrzeiten der Asphalt unter lauter Köpfen, Rücken und Beinen von knienden Moslems verschwindet. Das erste Gesetz eines Staates sollte sein, daß alle seine Gepflogenheiten und Gesetze respektieren. Das ist besonders bei den Moslems bei weitem nicht der Fall. Die Schwarzafrikaner hingegen haben wegen ihrer Neigung zum Feiern und zur Gemütlichkeit eine gewisse Seelenverwandschaft mit den Franzosen.

Aber es gibt solche und andere. Die Leute von den Karibikinseln Martinique, Guadeloupe und anderen französischen Überseegebieten sind echte Franzosen und wollen nicht mit den Afrikanern verwechselt werden. Allerdings fangen bei ihnen auch die Probleme an. In der französischen Karibik und auf Mayotte im Indischen Ozean nimmt der Zuwanderungsdruck von anderen Gebieten so stark zu, daß die Regierung jetzt erwägt, das französische Recht der automatischen Aneignung der Staatsangehörigkeit durch die Geburt auf französischem Territorium zu reformieren und das Recht, durch die Eltern Franzose zu sein, zu verstärken.

Im Mai dieses Jahres fuhr der Autor dieser Zeilen einmal spät abends von der Pariser Mitte mit der S-Bahn (dem RER) zum Parc Montsouris im Süden der Hauptstadt. Er war unter vielen Menschen der einzige Europäer im Zugwagen. Das erinnerte an einen in Frankreich recht bekannten Witz: Ein Franzose fährt mit der Pariser Metro und befindet sich in einem Abteil, wo nur Afrikaner sitzen und stehen. Plötzlich sieht er einen weißen Menschen am anderen Ende des Abteils. Ergeht auf ihn zu, streckt ihm die Hand aus und sagt: "Mr. Livingstone, nehme ich an?"

 

Jean-Paul Picaper, langjähriger Deutschland-Korrespondent der französischen Zeitung "Le Figaro", ist heute Berliner Korrespondent von "Valeurs Actuelles" und "Politique Internationale". sowie Chefredakteur des deutsch-französischen Internetmagazins www.glacis.org.

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