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15.10.05 / Junge Wissenschaftler wollen zurück / 330 deutsche Nachwuchsforscher appellieren aus den USA an die heimischen Minister / "Exzellenz-Initiative" begrüßt

© Preußische Allgemeine Zeitung / 15. Oktober 2005

Junge Wissenschaftler wollen zurück
330 deutsche Nachwuchsforscher appellieren aus den USA an die heimischen Minister / "Exzellenz-Initiative" begrüßt
von Jan Bremer

Vermutlich gefiele es dem einen oder anderen Parteiprogandisten, auch die jungen deutschen Wissenschaftler, die alljährlich in Scharen das Land verlassen, als "unpatriotische" Elemente zu brandmarken. Doch sie flüchten nicht vor ihrem Land, sie suchen einen Ausweg, weil die Arbeitsbedingungen in Deutschland zu schlecht sind - bis hin zum völlig Unzumutbaren, wie der obenstehende Beitrag beschreibt.

80 Prozent der klugen deutschen Köpfe, die für einige Zeit in andere Länder der Welt gehen, vornehmlich in die USA, kommen ohnehin zurück, schätzt der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, Peter Gruss. In der Fremde erwürben sie sich wertvolle Einsichten, die dem Forschungs- und Lehrbetrieb in Deutschland später zugute kämen.

Zahlreiche deutsche Superhirne jedoch bleiben für immer weg. Doch sie tun dies in ihrer großen Mehrheit weder leichten Herzens noch gar gern. In einem leidenschaftlichen Appell haben sich 330 deutsche Wissenschaftler, die zur Zeit in den USA arbeiten, an die deutschen Bildungsminister des Bundes und der Länder gewandt. Jeder von ihnen, so schreiben sie in dem offenen Brief, stehe demnächst vor der Entscheidung, "entweder nach Deutschland zurückzukehren oder eine dauerhafte wissenschaftliche Karriere im Ausland zu verfolgen". Die 330 bekunden dabei ausdrücklich ihre Interesse, ihre Zukunft in der alten Heimat zu suchen. Doch gebe es "deutliche Hindernisse bei einer solchen Entscheidung für Deutschland".

Zusammengeschlossen haben sich die Nachwuchsgelehrten in der "Initiative Zukunft Wissenschaft". In dem Brief, der vergangene Woche in der "Zeit" publiziert wurde, beklagen sie beispielsweise, daß es für junge Hochschuldozenten in Deutschland sehr schwierig sei, eine dauerhafte Stelle zu bekommen, In den USA hingegen würden junge Wissenschaftler nach einer auf ein paar Jahre beschränkten Tätigkeit von einer internationalen Kommission begutachtet. Bei Erfolg winke dann eine unbefristete Beschäftigung. Dieses Modell empfehlen die 330 auch für Deutschland. Ebenso lassen sie durchblicken, daß bei der Auswahl von Bewebern für Stellen an deutschen Hochschulen nicht durchweg alles mit (ge-)rechten Dingen zugeht. In dem Brief liest sich das so: "Berufungskommissionen (in Deutschland) wählen ... nicht immer den wissenschaftlich besten Kandidaten aus." Die Forscher fordern daher ein durchschaubareres und nachvollziehbarerers Verfahren zur Stellenvergabe. Ins Trockene übersetzt heißt das: Schluß mit Kungelei und Begünstigung.

Hapern tue es zudem an der gegenseitigen Anerkennung akademischer Leistungen in verschiedenen Bundesländern. Zudem sei die finanzielle Ausstatung oft kaum noch konkurrenzfähig mit der jener ausländischen Institute, mit denen sich die deutschen Universitäten im Wettbewerb um die fähigsten Köpfe befinden. "Mit großer Sorge" sehe man daher die Bestrebungen einzelner Bundesländer, den Hochschulen die Mehrheinnahmen aus Studiengebühren durch Kürzung der Direktzuweisungen wieder wegzunehmen.

Die Nachwuchswissenschaftler machen deutlich: "Wir fühlen uns Deutschland verbunden, auch wenn wir derzeit im Ausland tätig sind. Wir sind bereit, mit unseren spezifischen Erfahrungen den Reformprozeß der deutschen akademischen Landschaft mitzugestalten. Wir sind überzeugt, daß die Umsetzung der hier genannten Punkte viele von uns zu einer Rückkehr nach Deutschland bewegen würde." Mit dem "Reformprozeß" spielen die Nachwuchswissenchaftler auch auf die "Exzellenz-Initiative" von Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) an. 1,9 Milliarden Euro sollen ab 2006 extra in die Spitzenforschung gepumpt werden, drei Viertel vom Bund, ein Viertel von den Ländern. Bis Ende September haben zahlreiche deutsche Universitäten ihre detaillierten Anträge bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) eingereicht.

Schon die Tatsache, daß die Hochschulen in einen echten Wettbewerb geschickt werden, ist für deutsche Verhältnisse revolutionär. Daß anschließend Geld nicht nach dem angeblich "gerechten" Gießkannenprinzip verschüttet, sondern gezielt als Lohn für Leistungsfähigkeit und gute Zukunftsaussichten verteilt wird, hat ungeahnte Aktivitäten bei den Hochschulen freigesetzt.

Von dem Geldsegen profitieren sollen vor allem Unis mit einem überzeugenden Zukunftskonzept. Ihnen winken rund 21 Millionen Euro zusätzliche Förderung pro Jahr. Damit sollen starke Fachbereiche ausgebaut werden, die Internationalisierung der Forschung gefördert und ein besseres Management an den Hochschulen unterstützt werden. Nicht vorgesehen ist, mit dem Geld auch für eine bessere Betreuung der Studenten zu sorgen. Es geht allein um die Forschung.

Zehn Spitzenuniversitäten sollen den größten Teil des Fördertopfes erhalten. Schon kursieren Listen der Favoriten, die wohl am ehesten Aussichten auf Zuwendungen haben. Dazu zählen die Berliner Humboldt-Uni, die Universitäten von Bonn, Bremen, Frankfurt, Freiburg, Heidelberg, Mannheim und Tübingen, die LMU München sowie die Technischen Universitäten von Aachen, Darmstadt, Dresden, Karlsruhe und München.


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