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15.10.05 / Auf Bismarcks Spuren in Friedrichsruh / Zwei Museen informieren auf unterschiedliche Weise über den großen deutschen Staatseiniger

© Preußische Allgemeine Zeitung / 15. Oktober 2005

Auf Bismarcks Spuren in Friedrichsruh
Zwei Museen informieren auf unterschiedliche Weise über den großen deutschen Staatseiniger
von Bernhard Knapstein

Otto Fürst von Bismarck, Herzog von Lauenburg, ist der wohl verehrteste deutsche Staatsmann seit Friedrich dem Großen. Dem einst beliebtesten und zeitweilig auch gefürchtetsten Deutschen sind gleich mehrere Museen und über 240 Bauobjekte gewidmet.

Während von letzteren sogenannten Bismarcktürmen heute noch 172 Exemplare auf historischem Reichsterritorium existieren und stumme Zeugen der Verehrung von einst für den Eisernen Kanzler bleiben, sind alleine nach dem Tag der kleindeutschen Einheit von 1990 drei Museen für den Reichseiniger von 1871 errichtet worden.

1996 das Museum der Otto-von-Bismarck-Stiftung im alten Bahnhofsgebäude von Friedrichsruh, 1998 auf Gut Schönhausen II, das schon 1891 als Bismarckmuseum eingerichtet worden war, und zuletzt 2004 in Jever.

Etwas älter sind das Bismarck-Museum in Bad Kissingen und das Bismarck-Museum der fürstlichen Familie, das nur einen Steinwurf vom Stiftungsmuseum in Friedrichsruh entfernt liegt.

Friedrichsruh, das ist das teilweise kriegszerstörte Bismarck'sche Schloß mit einigen Nebengebäuden und Bahnhof in einer Senke im östlich von Hamburg gelegenen Sachsenwald.

Fast unscheinbar mutet es an, wären da nicht ein sehenswerter Schmetterlingspark, die Gruft des Eisernen Kanzlers, ein ehemaliges Forsthaus als beliebtes Ausflugslokal und eben jene beiden Museen.

Die Ausrichtungen der Bismarckmuseen sind durchaus unterschiedlich. Während das fürstliche Museum das Leben des Reichskanzlers vor allem durch die Präsentation von Gemälden, Uniformen, Orden, Huldigungspräsenten und Bismarcks Bürointerieur darstellt und das Museum in Schönhausen einen Schwerpunkt auf die altmärkische Herkunft Otto von Bismarcks legt, Bad Kissingen vor allem den Kurgast Bismarck vorzustellen vermag, ist das Museum der Bismarck-Stiftung mehr der wissenschaftlichen Darstellung der Bismarckschen Zeit und der damit verbundenen Umwälzungen verpflichtet.

Bleiben wir in Friedrichsruh, dem Lebensmittelpunkt des Fürsten seit 1871. Der eine Ausstellungskomplex im alten Landhaus wirkt etwas muffig und verstaubt aber aufgrund der vielen historischen Ausstellungsstücke auch sehr authentisch, das andere ist modern eingerichtet und verfügt über eine ausgefeilte Museumspädagogik. Beiden Museen ist etwas abzugewinnen. Es ist daher sinnvoll, die räumliche Nähe nutzend beide Museen zu besuchen, nachdem man im fürstlichen Mausoleum an der Gruft des Kanzlers innegehalten hat.

Die Otto-von-Bismarck-Stiftung ist in ihrer Existenz keine Selbstverständlichkeit. Der Bund sieht sich zwar bei der Wahrung des Andenkens an bedeutende Staatsmänner der eigenen Geschichte offiziell in der Pflicht. Freilich hat er sich aber bei der Ehrung des ersten deutschen Reichskanzlers sehr wohl Zeit gelassen. 99 Jahre hat es nach dem Ableben des Fürsten bis zum Beschluß des Deutschen Bundestages von 1997 zur Gründung der Otto-von-Bismarck-Stiftung gedauert. Konrad Adenauer, Friedrich Ebert, Theodor Heuß und Willy Brandt erhielten ihre analoge Würdigung erheblich schneller. Zeitrahmen und auch die Kämpfe der fürstlichen Familie um die Errichtung der Stiftung verdeutlichen die Ambivalenz der deutschen Politik zu dem erfolgreichsten deutschen Außenpolitiker der Neuzeit.

Der Eintritt in das Stiftungs-Museum ist gebührenfrei. Schon von außen macht der alte aber topsanierte Bahnhof eher den Eindruck, als sei er das Schloß. In sechs Räumen werden die deutsche Außen- und Innenpolitik anschaulich dargestellt. Die dort präsentierte Dauerausstellung zeigt verschiedene Inszenierungen, die den Eindruck historischer Situationen vermitteln. Videofilme geben Hintergrundwissen zum Deutschen Bund sowie zum Heeres- und Verfassungskonflikt. Der Betrachter erlebt die Geschichte der Bismarck-Ära mit all seinen Facetten. Er kann auf einen Kartentisch gestützt die deutsche Außenpolitik 1871 bis 1890 nachvollziehen und kann im "Kladderadatsch" lesen und einen Hauch Kulturkampf aufschnappen. Besonders stolz ist die Stiftung auf die goldene Schreibfeder, mit der Bismarck 1871 den deutsch-französischen Friedensvertrag unterzeichnete. Die Ausstellung endet mit einem Blick auf Bismarck als nationale Kultfigur.

Zur Stiftung gehören eine kleine Bibliothek mit rund 4000 Bänden und ein Archiv. Letzteres ist zwar im Geräteschuppen untergebracht, es gilt aber dennoch als Schatz der Stiftung, da die Bismarck-Ära in der Wissenschaft noch immer als lückenhaft editiert gilt. Zwei Publikationsreihen sollen Abhilfe schaffen. Die neuesten Forschungsergebnisse werden in der "Wissenschaftlichen Reihe" publiziert. Umfangreiche Monografien und Vorträge gibt die Stiftung in den "Friedrichsruher Beiträgen" heraus. Das Archiv birgt sicherlich noch manches Geheimnis. Aufsehen erregten vor einiger Zeit bis dato unbekannte Dokumente, die Aufschluß über eine vorübergehende Beziehung des Kronprinzen Wilhelm zu einer elsässischen Prostituierten gaben. Bismarck unterband die Liaison und kaufte alle Beweisstücke auf, um Mißbrauch zu verhindern. Was Bismarck der Öffentlichkeit einst verheimlichte, ging nun prompt durch die Boulevard-Presse.

Abgesehen von solchen Ausreißern wird das Archiv wohl eher dazu dienen, nüchterne Hintergründe zur Bismarck'schen Politik zu Tage zu fördern. Öffentliche und geschlossene Tagungen sollen den wissenschaftlichen Diskurs über Otto von Bismarck und seine Zeit vertiefen und ungelöste Fragen beantworten helfen.

Ganz gleich, ob einen der Sonntagsausflug, die Klassenfahrt oder eine Tagung nach Friedrichsruh im Sachsenwald geführt hat, auf einer Anhöhe jenseits des Schlosses lädt seit jeher das Restaurant im alten Forsthaus zur Kaffeepause ein. Es hatte seine Berühmtheit weniger durch Bismarck'sche Jagdfreuden als vielmehr 1938 durch das Trainingslager Max Schmelings für seinen Weltmeisterschaftskampf erlangt.

Kontakt: Otto-von-Bismarck-Stiftung, Am Bahnhof 2, 21521 Friedrichsruh, Telefon (0 41 04) 97 71-0, www.bismarck-stiftung.de , info@bismarck-stiftung.de  und Bismarck-Museum, Altes Landhaus, 21521 Friedrichsruh, Telefon (0 41 04) 24 19, Fax (0 41 04) 96 03 27

Neben fundierten Informationen zur Person und Politik zeigen die Museen auch, wie die Bevölkerung den preußischen Staatsmann verehrte Foto: BK


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