24.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
22.10.05 / Durch Stalins Tod wieder auferstanden / In Scheinprozessen wurden die deutschen Kriegsgefangenen zu Kriegsverbrechern erklärt

© Preußische Allgemeine Zeitung / 22. Oktober 2005

Durch Stalins Tod wieder auferstanden
In Scheinprozessen wurden die deutschen Kriegsgefangenen zu Kriegsverbrechern erklärt
von Hans-Joachim von Leesen

Nachdem die Deutsche Wehrmacht im Mai 1945 kapituliert hatte, vertraten die Siegermächte die Ansicht, gegenüber den besiegten Deutschen würden die allgemeinen Grundsätze des internationalen Völkerrechts nicht weiter gelten, da das Deutsche Reich, das seinerzeit die Völkerrechtsverträge unterzeichnet hatte, nicht mehr existierte. Dem widersprachen vehement die am 16. und 17. April 1947 in Hamburg zu ihrer ersten Tagung versammelten deutschen Völkerrechtslehrer, die sich speziell mit dieser Frage befaßten. In ihrer Entschließung am Ende der Tagung stellten sie fest, die allgemeinen Grundsätze des Kriegsvölkerrechts würden selbstverständlich auch für die Deutschen gelten und könnten nicht einseitig von den Siegern außer Kraft gesetzt werden. Demzufolge forderten sie, die deutschen Kriegsgefangenen dürften nicht länger in den Lagern der Sieger festgehalten werden.

Tatsächlich ließen die westlichen Sieger - USA, Großbritannien, Frankreich - bis 1948 die Kriegsgefangenen frei, doch hielt die Sowjetunion (wie auch Polen) Zehntausende deutscher Kriegsgefangener als Zwangsarbeiter weiterhin in ihrem Gewahrsam. Die UdSSR hatte das Genfer Abkommen von 1929 zum Schutze der Kriegsgefangenen nie anerkannt, und sie hielt sich auch nicht an den Beschluß der vier Siegermächte vom April 1947 (Moskauer Außenministerkonf-renz), die deutschen Kriegsgefangenen seien bis spätestens Ende Dezember 1948 zu entlassen. Um den Schein des Rechts zu wahren, erklärten sie, die festgehaltenen Deutschen seien Kriegsverbrecher. Um das zu "beweisen" wurden Prozesse inszeniert, in denen 27000 Kriegsgefangene in Scheinverhandlungen verurteilt wurden wegen Eindringens in die UdSSR, Verschwörung, Kollaboration, Unterstützung der Bourgeoisie, Unterhöhlung der sowjetischen Wirtschaft, gegenrevolutionärer Propaganda und so weiter.

Im Mai 1950 erklärte die Sowjetunion, nunmehr befände sich kein deutscher Kriegsgefangener mehr in der UdSSR mit Ausnahme von 9717, "die wegen schwerer Kriegsverbrechen verurteilt worden seien, sowie 3815, gegen die Ermittlungen laufen".

Diese Urteile waren in der Regel in wenigen Minuten gefällt worden; es gab keine Verteidigung, verhandelt wurde auf russisch, meist ohne Übersetzung, Beweisanträge wurden abgelehnt, Geständnisse wurden unter Folter erpreßt. Das übliche Straßmaß betrug 25 Jahre Zwangsarbeit.

Als 1953 Stalin starb und ein Vierteljahr später in der DDR am 17. Juni der Aufstand ausbrach, ließ die Sowjetunion auf Ersuchen einer DDR-Delegation 10000 "minderschwere Verbrecher" in die DDR und die Bundesrepublik Deutschland ausreisen. 1955 erreichte Bundeskanzler Adenauer die Heimkehr der restlichen 10000, die von der Sowjetunion "amnestierte Kriegs-verbrecher" genannt wurden. Nicht zurückkehren durften zu diesem Zeitpunkt 749 Kriegsgefangene, die von den Sowjets als "nicht amnestierte Schwerstverbrecher" bezeichnet wurden.

Ende 1955 wurden der DDR von diesen "Kriegsverbrechern" 275 übergeben, unter ihnen Frauen, junge Männer, die in der DDR als Regimekritiker verhaftet worden waren, Gefangene, die jahrelang in den Straflagern Workutas Zwangsarbeit leisten mußten. Bereits im Oktober und im darauffolgenden Januar 1956 wurden etwa 470 angeblich "schwer belastete" Kriegsgefangene der Bundesrepublik überstellt. Die UdSSR kündigte an, die Untersuchungsakten , die Aufschluß über deren "Verbrechen" geben, würden folgen. Weder die DDR noch die Bundesrepublik erhielten jemals diese "Beweise" von der Sowjetunion ausgehändigt.

Die Spätestheimkehrer wurden von Rechtsschutzstellen der Bundesrepublik ausführlich befragt. Dabei stellte sich heraus, daß unter ihnen einzelne Kriminelle, die als Kapos in den KZ's Häftlinge drangsaliert hatten, ebenso waren, wie Wachmannschaften der KZ's. Gegen sie wurden rechtsstaatliche Prozesse geführt, die teilweise zu hohen Strafen führten. Die große Masse aber der angeblich "schwerst Belasteten" hatte sich keiner Völkerrechtsverletzungen, keiner Kriegsverbrechen schuldig gemacht, auch wenn jetzt von bundesdeutschen Journalisten wie etwa dem in der "Welt"-Redaktion für Zeitgeschichte zuständigen Redakteur Sven Felix Kellerhoff behauptet wird, es seien "wohl über 1000 wirkliche Kriegsverbrecher gewesen, ohne daß, wie Nachfragen von Lesern ergaben, dafür die geringsten Beweise vorliegen.

Nicht ohne Grund hatte bereits am 26. Juni 2004 die stets zurückhaltend urteilende "Neue Zürcher Zeitung" über "Die Welt" geschrieben: "Im Umgang mit der deutschen Geschichte übertreibt die Zeitung ihre vergangenheitspolitische Korrektheit gelegentlich."

Fotos: 

Kranke deutsche Kriegsgefangene beim Holzholen vom Bahnhof Grünthal bei Kasan im April 1947

Das Hauptlager Grünthal bei Kasan, heute Hauptstadt der autonomen Republik von Tatarstan, an der mittleren Wolga


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren