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22.10.05 / Brutal einseitig / Hans Modrow über die Bodenreform in der SBZ

© Preußische Allgemeine Zeitung / 22. Oktober 2005

Brutal einseitig
Hans Modrow über die Bodenreform in der SBZ

Die Bodenreform bedeutete die politische und ökonomische Entmachtung der Kaste der Großgrundbesitzer und Nachkommen des Feudaladels. Die Personen waren sowohl Repräsentanten als auch Vollstrecker einer konservativen, militaristischen, reaktionären Politik in Deutschland ... Sie galten als Feinde der Weimarer Republik und trugen zu ihrer Destabilisierung bei. Erinnert sei an den Kapp-Putsch 1920, an die Bildung der Harzburger Front 1931 und die Schwarze Reichswehr. Die ostelbischen Großagrarier bereiteten dem Faschismus den Weg." Nein, dies ist kein Zitat aus einem DDR-Geschichtsbuch, sondern einer Neuerscheinung entnommen. "Junkerland in Bauernhand - Die deutsche Bodenreform und ihre Folgen" heißt das Buch, das von Hans Modrow, 1989 und 1990 Ministerpräsident der DDR, und Hans Watzek, Landwirtschaftsminister unter Modrow, herausgeben wurde.

Für beide Herausgeber ist die Bodenreform ein wichtiger Schritt Richtung Bewältigung der nationalsozialistischen Vergangenheit. Zwar räumen sie einige "negative Begleiterscheinungen" ein, doch an der Richtigkeit der Enteignung aller Großgrundbesitzer mit mehr als 100 Hektar, von denen ein Großteil übrigens bürgerlich war, hegen sie keinen Zweifel. Gerade deshalb ist "Junkerland in Bauernhand" auch sehr interessant. Zwar verlangen Modrow und Watzek bei der Behandlung des Themas mehr Objektivität, sie selbst geben sich aber nur wenig Mühe, den Anschein jener zu wahren.

Auf mehreren Seiten wird Edwin Hoernle, der Vater der Bodenreform, wohlwollend und die Bodenreform als ein "solides Konzept", das keineswegs erst in der Sowjetischen Besatzungszeit entstanden sei, vorgestellt. Der genaue Ablauf der Reform wird aus verschiedenen Perspektiven dargestellt, und ein Vertriebener, dessen Familie dank der Bodenreform als Neubauern wieder Fuß fassen konnte, erinnert sich. Daß dieser die Bodenreform als positiv empfunden hat, mag nicht verwundern.

Ganze 16 Zeilen hingegen werden Constantin Freiherr von Zuydtwyck eingeräumt, für den die Bodenreform "brutale Enteignung, Vertreibung, teilweise sogar verbunden mit brutalen Morden" war. Etwas länger kommt Roland Geitmann zu Wort, der zwar die Enteignung des 450-Hektar-Familiengutes als "größte Katastrophe für seine Eltern" bezeichnet, die Tatsache, daß die Bodenreform nach der Wende nicht rückgängig gemacht wurde, hingegen als eine "letzte Insel relativer Vernunft in einem Meer verfehlter Bodenpolitik" bezeichnet.

Den Menschen, die enteignet wurden, oder jenen, die mit ansehen mußten, wie Menschen in ihrem Umfeld von ihrem Familienbesitz häufig auf brutale Art und Weise vertrieben wurden, wird bei der Lektüre von "Junkerland in Bauernhand" so manches Mal ein Grauen überkommen. Schuldige waren nämlich in den Augen der Herausgeber nur die Enteigneten und die Bundesrepublik, die ehemaligen Neubauern ihr Bodenreformland nach der Wende teilweise "entwendete". Von Gorbatschow, der im Nachhinein die von Kohl für dessen Handeln vorgeschobene Bedingung der Beibehaltung der Bodenreform als Voraussetzung der Wiedervereinigung bestritten hat, wird übrigens behauptet, daß er für 50000 D-Mark gekauft worden sei.

Überhaupt glänzen die verschiedenen Autoren durch eingeengte Sichtweisen. Manche ihrer Aussagen können zwar unbestritten bleiben, doch es sind zu wenige, um dem Buch auch nur einen Hauch von Seriosität zu verleihen. R. Bellano

Hans Modrow, Hans Watzek (Hrsg.): "Junkerland in Bauernhand - Die deutsche Bodenreform und ihre Folgen", edition ost, Berlin 2005, broschiert, 255 Seiten, 14,90 Euro


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