26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
05.11.05 / Preußische Visionen / Aufschlußreiche Tagung in Potsdam beleuchtete Besonderheiten dieses Staates

© Preußische Allgemeine Zeitung / 05. November 2005

Preußische Visionen
Aufschlußreiche Tagung in Potsdam beleuchtete Besonderheiten dieses Staates

Seit der Wiedervereinigung Deutschlands tagt das vom unvergessenen Prof. Schoeps im Jahre 1969 mitgegründete Preußeninstitut häufig in Potsdam, so auch in diesem Oktober. Der Fortschritt der Rekonstruktion der alten preußischen Residenzstadt lädt dazu ein; und so versammelten sich etwa 50 Mitglieder unweit der Nikolaikirche, um über Preußen, über Königsberg, den preußischen Staat und dessen geistige Grundlagen mehr zu erfahren.

Hans-Jürgen Mahlitz, ehemaliger Chefredakteur der Preußischen Allgemeinen Zeitung / Das Ostpreußenblatt, hatte dabei ein höchst anspruchvolles Thema ausgewählt, behandelte er doch die Presse- und Meinungsfreiheit Preußens im Vergleich zum heutigen deutschen Staat.

Souverän löste er den scheinbaren Widerspruch auf; denn offiziell gibt es heute keine Zensur, sehr wohl aber gab es sie im Königreich Preußen, und dennoch konnten sich in Preußen freie Geister besser und ungestörter entfalten als im stickigen Meinungs-Einheitsklima unserer Gegenwart mit der stets präsenten "political correctness". Denn in Preußen diente die Zensur nicht der Verhinderung oder Einschränkung von Meinungs- und Pressefreiheit, sondern deren Kanalisierung. So unglaublich sich das auch anhören mag: Die Zensur in Preußen schuf einen klar definierten und unmißverständlich formulierten Rechtsrahmen, also Rechtssicherheit, während heute die juristisch verbürgte Rechtssicherheit de facto kaum noch besteht. Die Grundlage der preußischen Rechtssicherheit, so Mahlitz, war das preußische Freiheitsverständnis; Freiheit also nicht als absoluter und damit nicht verwirklichbarer Selbstzweck, sondern als Größe, die sich nur dann für das Gemeinwohl segensreich entfalten konnte, wenn sie an ethisch definierte Verantwortung gebunden war.

Erstaunlich diese Erkenntnis: Die sich lauthals immer wieder als "freiester Staat der deutschen Geschichte" gebende Bundesrepublik vermag die Freiheitsrechte des Bürgers nicht so zu schützen wie das Königreich Preußen. Den Ehrenschutz gibt es nicht einmal mehr in Resten für Persönlichkeiten im öffentlichen Leben; Filbinger, Jenninger, Heitmann, Hohmann und Günzel - um nur wenige Politiker oder Soldaten zu nennen, mußten ihrer politischen Meinung wegen nach entwürdigenden Treibjagden der Journaille ihren Abschied nehmen. Auch wenn es in Preußen unter Bismarck Einschränkungen der Pressefreiheit, wie um 1863, gegeben hat, so war der fundamentale Unterschied doch der, daß in Preußen die Medien ein wichtiges Instrument des politischen Meinungsstreits und der öffentlichen Willensbildung waren, heute jedoch die Medien fast unwidersprochen zur de facto ersten Gewalt im Staate geworden sind. Respektierten die Journalisten in Preußen die überlegene Macht des Staates, so fürchten sich heute die Politiker vor der geradezu allmächtigen Gewalt der Medien.

Mahlitz zog das überraschende Fazit, daß in Preußen - von wenigen restriktiven Phasen abgesehen - trotz (oder wegen?) staatlicher Zensur eine weitgehende Meinungs- und Pressefreiheit geherrscht habe, die rechtsstaatlich abgesichert war; sich im heutigen Deutschland aber die Koordinaten verschoben hätten: Statt Information und Kommentierung nähmen Indoktrination, Manipulierung und gekonnte Inszenierungen, bestellter und bezahlter Art, immer mehr zu. Meinungskampagnen, Hetzkampagnen gegen unliebsame Politiker oder Professoren von Seiten der Presse seien die Kennzeichen eines verwilderten Journalismus von heute. So sei aus der klar umrissenen Zensur von ehedem die tagtäglich wirksame "political correctness" von ungleich schärferer Gangart und bar jeglicher Verantwortung gegenüber dem Opfer geworden.

Mit einem eindrucksvollen historischen Rundgang durch Potsdam, Tafelmusik aus der Zeit des Alten Fritz und einem höchst bemerkenswerten Vortrag des Historikers Dr. J. W. Schmidt aus Oranienburg über den Meisterspion Wölkerling, der Aufmarsch- und Mobilisierungspläne von 1914 an die Russen verriet, sowie dem Schlußvortrag des ehemaligen Potsdamer Bürgermeisters Motzkus über die Gegenwart und Zukunft Königsbergs endete die Tagung.

Sie endete mit einer Vision. Denn die Zeichen scheinen sich zu verdichten, daß die heutigen Bewohner des nördlichen Ostpreußens sich immer mehr als "Preußen" bezeichnen und aus der Oblast Kaliningrad sehr wohl eine vierte baltische Republik Preußen werden könnte.

Hier warteten auf uns Deutsche daher große politische, wirtschaftliche und kulturelle Aufgaben, seien wir doch für die neuen Preußen im nördlichen Ostpreußen die Wunschpartner Nummer Eins. An diesem geistigen Formungsprozeß nimmt jedenfalls das Preußeninstitut als Partner aktiv teil! A. J.

Potsdam erstrahlt in neuem Glanz: Die Orangerie im Park Sanssouci


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren