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12.11.05 / Keine neue Persönlichkeit in Sicht / Es gibt viele mögliche Nachfolger für Matthias Platzeck in Brandenburg, doch keiner überzeugt wirklich

© Preußische Allgemeine Zeitung / 12. November 2005

Keine neue Persönlichkeit in Sicht
Es gibt viele mögliche Nachfolger für Matthias Platzeck in Brandenburg, doch keiner überzeugt wirklich
von Harald Fourier

Wohin steuert die Brandenburger SPD, wenn ihr Landesvorsitzender Matthias Platzeck Nachfolger von SPD-Bundeschef Franz Müntefering wird? Nach Manfred Stolpe und dem nicht minder beliebten Platzeck ist weit und breit keine Persönlichkeit in Sicht, die die Lücke schließen könnte, welche die "Beförderung" Platzecks hinterlassen wird.

Von den elf Mitgliedern des Potsdamer Kabinetts gehören sechs den Sozialdemokraten an, ein siebter ist als Parteiloser "auf dem SPD-Ticket" in die Regierung eingezogen.

Schon jetzt ist Platzeck durch seine Teilnahme an den Koalitionsverhandlungen terminlich stark in Berlin eingebunden. Im Land läßt er sich derweil von seinem Staatssekretär Clemens Appel vertreten. Der 52jährige war Richter an einem Arbeitsgericht. Nach der deutschen Vereinigung hatte er Karriere als Vizechef des Landesarbeitsgerichts Brandenburg gemacht, nachdem er von Nordrhein-Westfalen in die Mark gezogen war. Kaum vorstellbar, daß ein westdeutscher Beamter, der seiner Karriere mit Mitte 30 durch den Umzug in den Osten einen Schubs geben wollte, eine so herausragende Funktion wie die des SPD-Landesvorsitzenden oder gar einst des Ministerpräsidenten erhält.

Eher käme eine Frau wie Dagmar Ziegler zum Zuge, zumal sich auch bei der Union drei Frauen um die Nachfolge des mittelfristig ausscheidenden Landeschefs Schönbohm zanken: Katherina Reiche, MdB (32), Justizministerin Beate Blechinger (58) und Forschungsministerin Johanna Wanka (54).

Ziegler (45) hat in der DDR bei der Staatsbank in leitender Funktion gearbeitet und nach der Wende in ihrem Wohnort Lenzen die SPD aufgebaut. Dort war sie auch fünf Jahre lang Bürgermeisterin. In der SPD ist die Mutter zweier Kinder stellvertretende Landeschefin.

Presseberichten zufolge wird neuerdings SPD-Bauminister Frank Szymanski (49) als möglicher Platzeck-Kronprinz gehandelt. Ebenso in Frage käme demnach der mächtige Vorsitzende der Potsdamer SPD, Rainer Speer, der im Kabinett Platzeck für die Finanzen zuständig ist. Anders als Ziegler hat der heute 46jährige auf eine Karriere in der DDR verzichtet. Den SED-Machthabern galt er als "renitent".

Zusammen mit dem SPD-Fraktionschef Günter Baaske (47) und Matthias Platzeck bildet Speer jenes Trio, das seit der vergangenen Landtagswahl die Geschicke der märkischen Sozialdemokraten bestimmt. Daher galt Baaske lange als Favorit für das Platzeck-Erbe. Gegen ihn sind jedoch wegen seiner straffen Führung der Fraktion erhebliche Vorbehalte von Parlamentariern laut geworden.

In der SPD-Bundestagsfraktion - die Partei hat alle zehn brandenburgischen Wahlkreise direkt gewonnen - finden sich nur wenige Abgeordnete, denen die Nachfolge Platzecks zugetraut wird. Oder sie haben keinerlei Ambitionen wie Markus Meckel (53), der letzte DDR-Außenminister. Steffen Reiche (45) - SDP-Mitbegründer wie Meckel ("SDP" nannten sich die DDR-Sozialdemokraten nach ihrer Gründung 1989 einige Monate lang) - dagegen hat das Amt bereits einmal ausgeübt, sich aber mit Platzeck überworfen, der ihn dann nicht als Bildungsminister wiederberufen hat. Eine erfolgreiche Kandidatur Reiches setzt eine Aussöhnung mit dem designierten SPD-Bundesvorsitzenden voraus.

Vielleicht kommt es aber auch ganz anders, und die Partei wird demnächst von einem Außenseiter wie Holger Rupprecht (52) geführt. Rupprecht wurde vom Ministerpräsidenten - wie eingangs geschildert - als parteiunabhängiger Bildungsminister ins Kabinett geholt. Er war vorher zehn Jahre lang Leiter des angesehenen Humboldt-Gymnasiums in Potsdam und gilt als intimer Platzeck-Vertrauter. Die Tageszeitung "Die Welt" hat ihn schon einmal als "preußisch korrekt" beschrieben. Er gilt als freundschaftlich mit Baaske und Speer verbandelt.

Die Karriere von Matthias Platzeck ist nicht viel anders verlaufen. 1990 zog er für die DDR-Grünen in die Volkskammer ein. Im darauf folgenden Herbst ging er als Angehöriger von Bündnis 90 / Die Grünen ins erste Kabinett Stolpe, eine Ampelkoalition. Erst 1995 wechselte er das Parteibuch und wurde Sozialdemokrat. Insofern würde ein Außenseiter wie Rupprecht als sein Nachfolger in gewisser Weise sogar Kontinuität gewährleisten.

Mögliche Nachfolger von Matthias Platzeck (Mitte): Dagmar Ziegler (2.v.l.), Steffen Reiche (4.v.r.) und CDU-Ministerin Johanna Wanka (5.v.r.) Foto: pa


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