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12.11.05 / Tod und Kälte / Frauen in Stalins Lagern

© Preußische Allgemeine Zeitung / 12. November 2005

Tod und Kälte
Frauen in Stalins Lagern

Manche nennen die 15 Millionen Menschen, die zwischen 1928 und 1952 in den sowjetischen Straf- und Zwangsarbeiterlagern inhaftiert waren, "Opfer des Stalinismus", als sei allein Stalin für die unmenschlichen Einrichtungen des Bolschewismus verantwortlich. Damit verharmlost man die Ideologie. Der Massenterror ist dem Kommunismus systemimmanent. Ohne ihn hätte er keine politische Wirksamkeit. Und tatsächlich sind diese Lager, die seit dem fulminanten Werk Alexander Solschenizyns als "GULag" in der ganzen Welt ein Begriff sind, bereits von Lenin ins Leben gerufen worden. In dem Erlaß "Über den Roten Terror" ermächtigte die sowjetrussische Regierung schon am 5. September 1918 ihre Geheimpolizei, "die Sowjetrepublik vor ihren Klassenfeinden zu schützen, indem diese in Konzentrationslagern isoliert werden" sollten.

Das war nicht der einzige Grund für die Errichtung solcher Lager. Man wollte billige Arbeitskräfte gewinnen, die überall dort eingesetzt wurden, wo etwa Witterungsbedingungen und andere natürliche Umstände die Arbeit erschwerten. Auf Häftlinge brauchte man keine Rücksicht zu nehmen. Und so starben denn im GULag etwa drei Millionen Menschen.

Meinhard Stark hat seine gründliche und umfangreiche Untersuchung über Frauen in diesem mörderischen System bereits vor einigen Jahren vorgelegt. Jetzt ist das Werk in einer Taschenbuchausgabe erschienen. Wer es denn wissen will, der kann sich unschwer ein Bild verschaffen von diesem System. Die Opfer waren Frauen und Männer aller Nationalitäten, auf die die Kommunisten Zugriff hatten, zu jahrzehntelanger Zwangsarbeit verurteilt, weil sie von ihrer Religion nicht lassen wollten. Andere wurden beschuldigt, Spionage getrieben zu haben, Abweichler und Vaterlandsverräter zu sein, auch Kollaborateure, kurz: "sozial gefährliche Elemente", um in der abstoßenden Sprache der Kommunisten zu reden.

Unter den 15 Millionen Häftlingen waren schätzungsweise drei bis vier Millionen Frauen und Mädchen, und derer nimmt sich Meinhard Stark in seinem Buche an. Er schildert kenntnisreich und detailliert die schändlichen Umstände, unter denen die Frauen arbeiten und sterben mußten. Sie waren vom Tag der Einlieferung an Quälereien, Schikanen, dem Hunger und der Kälte ausgesetzt, wurden von der Wachmannschaft und von Kriminellen ausgebeutet und unterdrückt. Und jene, die ihre Strafe abgesessen hatten und nicht vorzeitig ihr Leben lassen mußten, wurden nicht selten anschließend in die Verbannung geschickt.

Der Autor hat ehemalige Häftlinge befragt und ihre Aufzeichnungen ausgewertet. Er konnte auch mit nach dem Zusammenbruch des Systems zugänglich gewesenen Akten der GULag-Verwaltung arbeiten (wobei man erfährt, daß nur zehn Prozent dieser Akten freigegeben waren).

Gerade jetzt, wo offenbar im Bewußtsein mancher Menschen der Kommunismus zu einer gut gemeinten, aber schlecht ausgeführten politischen Handlungsanleitung mutiert, ist es gut, daß diese wertvolle Arbeit über die Wahrheit im Kommunismus in einer preiswerten Ausgabe vorliegt. Hans-Joachim von Leesen

Meinhard Stark: "Frauen im GULag - Alltag und Überleben 1936-1956", dtv, 552 Seiten, 19,50 Euro


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