19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
19.11.05 / Unerwünschtes wird weggelassen / ZDF-Dokumentation über "Deutsche Kolonien" verschweigt wichtige Details und verfälscht somit das Geschichtsbild

© Preußische Allgemeine Zeitung / 19. November 2005

Unerwünschtes wird weggelassen
ZDF-Dokumentation über "Deutsche Kolonien" verschweigt wichtige Details und verfälscht somit das Geschichtsbild
von Ralf Küttelwesch

Düstere Bilder von Schwarzen in Ketten, bedrohliche Klänge als Begleitmusik - so versuchte uns der erste Teil über die "Deutschen Kolonien" zu suggerieren, daß der Große Kurfürst sich am angeblich lukrativen Sklavenhandel der anderen europäischen Nationen habe beteiligen wollen. Es hätte schlimmer kommen können. Die Filmemacherin und Autorin des "Kultplatzbuch" und des Buches über "Heilwissen untergegangener Kulturen", verantwortlich für den Dreiteiler des ZDF, hielt sich überraschend objektiv an die Fakten. Neben gestalterischen Tricks und gestellten Szenen kam jedoch häufig die altbewährte Methode des Weglassens zur Anwendung.

An "Kleinigkeiten" hielten sich die Fernsehforscher aber nicht auf, sondern stürmten gleich weiter ins 19. Jahrhundert. Die Bösewichte sind hier zunächst nicht die Fürsten. Kaufleute, Forscher und Missionare waren es, die den Schwarzen Kontinent in Ketten zwangen. Durch Verträge zwar, aber gefügig gemacht durch Alkohol und Drohungen mit ewiger Verdammnis und der Hölle, so will es die Darstellung. Der Missionar Carl Hugo Hahn besaß sogar die Frechheit, das erste Hererowörterbuch zu schaffen und die Bibel in die Herero-Sprache zu übersetzen. Welch Infamie. Kein Wunder, daß, im Sinne der Filmemacher, in China zwei deutsche Missionare von Mitgliedern der "Boxer"-Sekte ermordet wurden, und in der Kolonialserie die von den Deutschen gebauten Kirchen zu "Leuchttürmen der Kolonisation" erklärt werden. Das Eingreifen des Kaisers, die Entsendung von Schutztruppen nach Tsingtau und der dann mit dem chinesischen Kaiser ausgehandelte Pachtvertrag für dieses Gebiet waren laut Kommentar weitere Bausteine für das "Deutsche Kolonialgebäude" - Stationen für den Ausbau der deutschen Machtgelüste. Tatsache ist, daß nicht nur die Missionare von den "Boxern" ermordet wurden, sondern auch der deutsche Gesandte in Peking, Klemens von Ketteler. Die Wut der Sekte richtete sich überdies auch nicht gegen die deutsche Verwaltung des erst nach dem Doppelmord gepachteten Gebietes, sondern gegen die Versuche Englands, das militärisch nicht zu besiegende China durch die Verbreitung von Opium gefügig zu machen, und letztendlich gegen alle westlichen Einflüsse, die vor allem von den britischen Inseln nach China getragen wurden. Gleichwohl beteiligte sich ein deutsches Kontingent an der Niederwerfung des "Boxeraufstands". Eine internationale Truppe wurde zusammengestellt, und der kompetenteste Teil nach vorne geschickt. Die Worte des kommmandierenden britischen Admirals Seymour zu diesem Befehl zitierte Dr. Helmut Kohl 1993 anläßlich der Inbetriebnahme einer Waschmaschinenfabrik in Tsingtau in folgender Weise: "Ich bin nicht hierhergekommen, um wie einst der Deutsche Kaiser zu sagen: ,The Germans to the front'." Damit offenbarte der promovierte Historiker und Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland das Geschichtsbewußtsein und den Wissensstand seiner Kaste. Der Kaiser dachte ganz anders. Im Jahre 1898, im selben Jahr, in dem der Pachtvertrag geschlossen wurde, verfügte er, den Hafen von Tsingtau dem "Handel aller Nationen" zu öffnen. Es war ein weiterer Schritt in Richtung auf eine Politik der "Offenen Tür". Die junge Weltmacht Deutschland versuchte die Fehler der alten Kolonialländer zu vermeiden und eine bessere Kolonialpolitik zu etablieren. Zuvor war Bismarck von seiner ablehnenden Haltung in der Kolonialfrage abgewichen und bejahte nun die Schaffung deutscher Handelsstationen und Siedlungen. In der ZDF-Dokumentation wird aus dieser Wandlung wahltaktisches Kalkül. Der damalige Reichstag verurteilte die Handlungsweise von Dr. Carl Peters, dem Reichskommissar für Deutsch-Ostafrika, der zwei seiner Schutzbefohlenen hatte aufhängen lassen. Hier kamen preußische Tugenden zum Tragen: Der Skandal war nicht der Tod zweier Eingeborener, sondern die Verletzung des Prinzips von Disziplin, Ordnung und Gerechtigkeit - Eigenschaften, welche uns Deutschen in Afrika bis heute sehr zugute gehalten werden. Selbst die Fernsehhistoriker müssen zugeben: "In Togo und Kamerun trafen wir einheimische Historiker, die beteuerten, die Deutschen seien noch heute beliebter als die nachfolgenden Engländer und Franzosen, weil sie als Kolonialmacht viel gerechter gewesen seien, wenn auch hart, aber berechenbarer."

Der Reichskommissar Peters unterlag preußischem Gerechtigkeitsprinzip genauso wie diejenigen, über die er zu Gericht gesessen hatte; so wurde er auf Drängen der SPD im Reichstag seines Amtes enthoben.

Ähnlich verhielt es sich in Deutsch-Südwest. Lange vor dem sogenannten "Herero-Aufstand" pflegte die deutsche Verwaltung gute Beziehungen zu allen Eingeborenen, insbesondere aber zu den Hereros. Selbst der Häuptling der Hereros, Samuel Maherero, der später der erbitterste Feind des Oberkommandierenden der deutschen Schutztruppe, des Generals von Trotha, wurde, war Schutztruppensoldat. Mit Überfällen auf deutsche Farmer begann das, was als Hereroaufstand in die Geschichtsbücher Einzug hielt. Sogar der sozialdemokratische Abgeordnete August Bebel sprach in seiner Reichstagsrede vom

17. März 1904 davon, daß "die Herero mit ausgesuchter Grausamkeit vorgegangen seien". Auf einem Gebiet, daß dreimal so groß war wie die alte Bundesrepublik, hatte nun die knapp 1000 Mann starke Schutztruppe die Aufgabe, für Recht und Ordnung zu sorgen. Schier unmöglich. An die 150 zivile Opfer der Überfälle von Hereros, hauptsächlich schutzlose Frauen und Kinder auf den Farmen, waren zu beklagen, als die Schutztruppe anfing, systematisch gegen diese Mißstände vorzugehen. Der spätere Mitbegründer der deutschen Pfadfinderbewegung, Maximilian Bayer, berichtet über die Bewaffnung der Eingeborenen: "Der Feind hatte mit den verschiedensten Schußwaffen auf uns gefeuert: Aus allen Gewehrmodellen, von der veralteten Steinschloßflinte bis zum modernen Hinterlader; mit angefeilter Munition, gehacktem Blei, mit Schrot und sogar mit Sprenggeschossen." Der Waterberg, Siedlungsstation der von Hahn gegründeten "Rheinischen Mission" am Waterberg, war der Schauplatz der entscheidenden Auseinandersetzung zwischen der Schutztruppe und den Hereros, die natürlich nicht, wie in der Dokumentation behauptet, ein Volk waren, sondern ein Stamm unter vielen im damaligen Deutsch-Südwest-Afrika. Es folgte in der ZDF-Darstellung die völlig weltfremde Behauptung, die sogenannte "Kesselschlacht am Waterberg" hätte die Ausrottung der Hereros zum Ziel gehabt. Zur Erreichung dieses Zieles hätte man die Überlebenden der Schlacht in die wasserlose Omaheke-Wüste gejagt und diese dann weiträumig abgeriegelt, um jeden Versuch der Flucht zu vereiteln. Jeder, der sich die geographischen Dimensionen eines solchen Unterfangens, die geringe Zahl der zur Verfügung stehenden Soldaten und die Ortskenntnis der Eingeborenen vor Augen führt, muß die Unsinnigkeit einer solchen Behauptung erkennen. Ein Areal von 250 Quadratkilometern soll von den etwa 1000 Schutztrupplern "schlupflochdicht" abgeriegelt worden sein. Das Feilschen um die Zahl der Toten geht mit der Behauptung des "Genozid" einher.

Ein "offenes Scheunentor" für Reparationsforderungen bot die Bundesregierung mit dem Schuldbekenntnis von "Joschka" Fischer auf der "Anti-Rassismuskonferenz" 2001 in Durban (Südafrika). Diese "deutlichste Demutsbezeugung an die betroffenen Staaten, die es bislang gegeben hat", so "Die Welt", war eine Steilvorlage für die "Körperschaft des Here-rovolkes für Wiedergutmachung", deren Klage gegen die Deutsche Bank, die Deutschen Afrika-Linien und die Bundesrepublik Deutschland 2003 in den USA eingereicht wurde.

Schon 1978 charakterisierte der Präsident der "Demokratischen Turnhallen-Allianz" (DTA) und Oberhäuptling der Hereros, Clemens Kapuuo, die damaligen Bonner Politiker in folgender Weise: "Die einzigen Deutschen, die ich nicht mehr verstehe, sind die heutigen Bonner Deutschen. Die sind so anders als die, die wir kennen. Sie sind so feige."

Mit gemischten Gefühlen sehen wir dem dritten Teil der "Dokumentation" am 22. November 2005 entgegen.

 

Kämpfende Herero: Der Aufstand des Stammes begann mit Überällen auf Zivilisten.

Deutsche Schutztruppen im Gefecht: Beim Hereroaufstand 1904 waren 1000 Mann eingesetzt.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren