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26.11.05 / Sport oder Krieg

© Preußische Allgemeine Zeitung / 26. November 2005

Hans-Jürgen Mahlitz:
Sport oder Krieg

Schon die alten Griechen ließen sich gern von der völkerverbindenden Wirkung des Sports beseelen - der Überlieferung zufolge wurden sogar Kriege unterbrochen, solange in Olympia die Spiele liefen. In der Neuzeit ist es übrigens genau umgekehrt: Man läßt Olympische Spiele ausfallen, wenn die Völker der Welt gerade mal wieder Krieg gegeneinander führen. Zuletzt geschah dies 1940 und 1944; seither gab es zwar ungefähr 200 Kriege, die aber wohl nicht als global genug empfunden wurden, um auf Olympische Spiele zu verzichten. Ist der Sport also tatsächlich die große völkerbindende Kraft?

Zweifel sind erlaubt, und sie wurden verstärkt, als vor einer Woche die Bilder vom WM-Qualifikationsspiel Türkei gegen Schweiz um die Welt gingen. Aus "Sport oder Krieg" wurde da "Sport als Krieg".

Schon beim Hinspiel hatten die Eidgenossen die Kampfhandlungen eröffnet, indem sie das Abspielen der türkischen Hymne mit Pfiffen begleiteten. Zu Recht waren die Türken stocksauer - was übrigens in Deutschland teilweise auf Unverständnis stieß: immerhin dürften wir das einzige Volk sein, in dessen Stadien gewisse Pseudo-Fans so "höflich" sind, nicht die fremde, sondern die eigene Hymne auszupfeifen.

Wie nicht anders zu erwarten, pfiffen die Türken beim Rückspiel die Schweizer Hymne aus. Nun hätte man ja sagen können: In Sachen Unsportlichkeit und übles Benehmen sind wir nun quitt; ab jetzt wird Fußball gespielt. Wurde zeitweise auch - sogar Tore wurden geschossen, freilich aus türkischer Sicht eins zu wenig. Daher ist der Halbfinalist der letzten Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland nicht dabei, sehr zum Leidwesen zahlreicher hier lebender Fußballfans "mit Migrationshintergrund", die sich schon auf Heimspiele vor besonders stimmungsvoller Kulisse gefreut hatten.

Wie man sich eine solche Kulisse vorzustellen hätte, wurde an diesem Mittwochabend eindrucksvoll vorgeführt - Jagdszenen in Istanbul, an denen sich neben Spielern und Trainer auch Verbandsfunktionäre und Sicherheitsbeamte eifrigst beteiligten. Mit dabei auch die türkischen Massenmedien, die schon zuvor tagelang die haßerfüllte Stimmung angeheizt hatten und sich nun im edlen Wettstreit um die abenteuerlichste Verschwörungstheorie maßen - wir gegen den Rest der Welt!

Sollte der Rest der Welt die Ausschreitungen vielleicht nicht ganz so ernst nehmen, zumal es diesmal (im Gegensatz zu früheren sportlichen Großereignissen) weder auf dem Spielfeld noch in näherer Umgebung Tote oder Schwerverletzte zu beklagen gab? Nein, vor Verharmlosung kann nur gewarnt werden. Die Türken haben selber alles getan, um uns den Eindruck zu vermitteln, daß es sich hier nicht um die Taten einer kleinen, radikalen Minderheit handelt, sondern um organisierte Massenhysterie. Die Frage, warum es so auffällig vielen - natürlich längst nicht allen! - Angehörigen dieses Kulturkreises an der Fähigkeit mangelt, Konflikte friedlich und zivilisiert auszutragen, darf nicht aus Angst vor der Diktatur der "political correctness" verdrängt, sie muß ausdiskutiert werden. In aller Sachlichkeit, ohne Vorurteile, aber auch ohne Tabus. Solange die Türkei nicht bereit ist, auf diesem Wege die ersten, entscheidenden Schritte zu tun, stellt sie sich selber ins Abseits. Und zwar nicht nur im Sport - von angeblich zunehmender Europa-Reife war jedenfalls an diesem unerquicklichen Fußballabend nichts zu sehen.


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