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26.11.05 / Im "gesicherten Schwebezustand" / Trotz Wahlverlusten seiner ÖVP sitzt Österreichs Kanzler Schüssel fester im Sattel denn je

© Preußische Allgemeine Zeitung / 26. November 2005

Im "gesicherten Schwebezustand"
Trotz Wahlverlusten seiner ÖVP sitzt Österreichs Kanzler Schüssel fester im Sattel denn je
von R. G. Kerschhofer

Die Lage der österreichischen Bundesregierung ist nach den jüngsten Landtagswahlen in der Steiermark, im Burgenland und in Wien am ehesten als "gesicherter Schwebezustand" zu bezeichnen. Denn obwohl die ÖVP wie bereits 2004 in Salzburg nun auch in der Steiermark den Chef-Sessel an die SPÖ abgeben mußte und bundesweit klar hinter der SPÖ liegt, sitzt Bundeskanzler Wolfgang Schüssel heute fester im Sattel als je zuvor.

Er verdankt dies dem Debakel des Koalitionspartners BZÖ: Schüssel, der unter keiner anderen Konstellation als im Bündnis mit der FPÖ Kanzler geworden wäre, hatte bisher grundsätzlich damit rechnen müssen, daß Jörg Haider - aus welchen rationalen oder selbstzerstörerischen Gründen auch immer - die Koalition platzen lassen könnte. Heute aber wäre Haider dazu nicht mehr in der Lage, weil die von der FPÖ zum BZÖ übergelaufenen Parlamentarier nicht mitmachen würden. Sie wissen, daß Neuwahlen das vorzeitige Ende wären, denn den Wiedereinzug ins Parlament wird das BZÖ nicht schaffen. Und die FPÖ ihrerseits könnte die Abtrünnigen nicht wieder auf ihre Liste setzen, ohne dabei die eigene Glaubwürdigkeit zu riskieren.

Schüssel kann nun fast wie in einer ÖVP-Alleinregierung handeln und voll auf die EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2006 setzen. In der Tat wären außenpolitische Erfolge eine reale Möglichkeit, bis zum regulären Wahltermin im Herbst 2006 die SPÖ wieder einzuholen. Und es scheint, als wolle ihm Tony Blair dabei Schützenhilfe leisten: Die mit Jahresende auslaufende britische Ratspräsidentschaft hinterläßt so gut wie alle Probleme ungelöst.

Die SPÖ konnte seit der Wahlschlappe 1999 und dem Ausscheiden aus der Bundesregierung bei sämtlichen Wahlen auf Bundes- und Landesebene, in Kammern und Personalvertretungen zulegen. Wem aber ist diese Erfolgsserie zuzuschreiben? Wohl kaum dem Anfang 2000 zum Parteivorsitzenden bestellten Alfred Gusenbauer, dessen breite Funktionärs-Dialektik in der Öffentlichkeit wenig Anklang findet. Hauptsächlich profitierte die SPÖ von unpopulären Maßnahmen oder echten Fehlern der Regierungsparteien, insbesondere vom Niedergang der FPÖ und der Abspaltung des BZÖ. Man darf nicht vergessen, daß die FPÖ auf ihrem Höhepunkt 1999 unter männlichen Arbeitern stimmenstärkste Kraft war und daß ein großer Teil dieses Potentials wieder zur SPÖ zurückgewandert ist.

Wie "sozial" und "demokratisch" die SPÖ agiert, läßt sich vielfach belegen. Etwa an den dementierten und nun doch kommenden Tariferhöhungen. Oder an der Öffnung der "Gemeindebauten" für Ausländer: Zwei Wochen nach der Wahl stellt sich "plötzlich" heraus, daß eine EU-Richtlinie dies ab 2006 vorschreibt. Wegen zahlreicher, meist vorzeitiger Einbürgerungen sind die Sozialbauten bereits heute ein Konfliktherd zwischen Altmietern und unangepaßten Einwanderern.

Das unerwartet gute Abschneiden der Wiener FPÖ unter ihrem Chef Heinz-Christian Strache hat wesentlich mit der Kampfansage an Kriminalität und Überfremdung zu tun. Daher auch die heftigen Anfeindungen durch SPÖ und Grüne, teils sogar durch die ÖVP. Quasi "zur Strafe" ließ der Wiener Bürgermeister Häupl den Stadtsenat von 14 auf 13 Mitglieder verkleinern, so daß man der FPÖ einen Stadtratsposten wegnehmen konnte. Dabei hatte die FPÖ eigentlich Pech: Wären die französischen Unruhen früher ausgebrochen, hätte das sicher noch Punkte gebracht.

Bereits heute wird eifrig spekuliert über Koalitionen nach den Parlamentswahlen. Schwarz-Grün dürfte vom Tisch sein, seit bei den Grünen ultralinke Mandatsträger und Forderungen im Vordergrund stehen (etwa Homo-Ehe und Kündigung des Konkordats). Auch gegenüber Rot-Grün herrscht große Skepsis, Deutschland sei Dank. Am wahrscheinlichsten wird somit die "große Koalition", die in den Parteiapparaten von ÖVP und SPÖ ohnehin mit Nostalgie gesehen wird. Und die der Wähler gar nicht verhindern kann, siehe Deutschland.


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