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03.12.05 / U-Bootbau auf der Danziger Werft / Nach der Rückkehr der ehemaligen Kaiserlichen Werft in deutschen Besitz wurden wieder "Graue Wölfe" gebaut

© Preußische Allgemeine Zeitung / 03. Dezember 2005

U-Bootbau auf der Danziger Werft
Nach der Rückkehr der ehemaligen Kaiserlichen Werft in deutschen Besitz wurden wieder "Graue Wölfe" gebaut
von Rüdiger Ruhnau

Nach dem Ersten Weltkrieg hatte das Friedensdiktat von Versailles der Vorgängerin der Danziger Werft, der Kaiserlichen Werft Danzig, ein trauriges Ende bereitet. Die reichen Schätze, die in den Werkstätten und Magazinen aufgestapelt waren und Millionenwerte darstellten, wurden entweder verschleudert oder geraubt. Die noch in den Helligen befindlichen Neubauten mußten zerschlagen und verschrottet werden. Der U-Bootbau blieb für Deutschland verboten. Artikel 107 des diktierten Vertrages bestimmte, "daß alles Gut des Deutschen Reiches, das im Gebiet der Freien Stadt Danzig liegt, auf die alliierten Hauptmächte übergeht, um von diesen nach gerechtem Ermessen an die Freie Stadt oder den polnischen Staat weiter abgetreten zu werden."

Es lag also ganz im Belieben der Siegermächte, in wessen Hand der traditionsreiche Schiffbaubetrieb fallen sollte. Eineinhalb Jahre benötigte die Interalliierte Verteilungskommission, um die Siegerbeute zu verteilen. Die Danziger konnten keine Ansprüche stellen, man hielt ihnen lediglich zugute, daß sie in der Zwischenzeit die Werft wieder arbeitsfähig gemacht hatten.

Die britische und französische Hochfinanz besaßen größtes Interesse an einer Übernahme des rentablen Betriebes. Man legte die Form einer internationalen Aktiengesellschaft fest, mit je 30 Prozent Beteiligung durch Großbritannien und Frankreich und je 20 Prozent Danziger und polnischer Beteiligung. Die Aktiengesellschaft wurde mit einem Grundkapital von 10000 Pfund Sterling gegründet, eingeteilt in 10000 Aktien von je einem Pfund Sterling. Wenigstens konnten Danzigs Vertreter es durchsetzen, daß die Weichselmetropole zum Sitz der Gesellschaft bestimmt wurde, deren Name nunmehr lautete: "The International Shipbuilding and Engineering Co. Ltd.". Ein weiterer Glücksfall für die Freie Stadt war die Ernennung von Dr. Ludwig Noé zum Generaldirektor der "Danziger Werft", wie die ehemalige "Kaiserliche" in der Kurzform genannt wurde. Dr. Ing. Noé, 1871 im pfälzischen Zweibrücken geboren, mit besten geschäftlichen und privaten Verbindungen ins Ausland, verstand es ausgezeichnet, die Kriegsproduktion der Werft auf zivile Güter umzustellen. Bis zum Jahre 1937 wurden unter seiner Leitung fast 100 Schiffe verschiedenster Bauart abgeliefert, außerdem stationäre Dampfmaschinen, Brückenkonstruktionen, Verladeeinrichtungen, Transformatoren und Apparate für die Zuckeraffination hergestellt.

Mit der Rückkehr Danzigs in das Deutsche Reich übernahm am 1. September 1939 der Danziger Senat das internationale Unternehmen und gründete in Anlehnung an deutsches Recht die neue Aktiengesellschaft "Danziger Werft AG". Ein Bevollmächtigter des Reichswirtschaftsministeriums leitete die notwendigen Übergangsmaßnahmen ein und schon am 23. September 1939 traf von der Seekriegsleitung der erste Bauauftrag für Unterseeboote ein; jährlich sollten zwölf U-Boote vom Typ VII C abgeliefert werden. Im Reich hatte bereits im Oktober 1933, unter strenger Geheimhaltung, der Wiederaufbau der "unsichtbaren Waffe" begonnen. Karl Dönitz, Befehlshaber der Unterseeboote, hatte immer wieder darauf hingewiesen, daß die U-Boote das wirkungsvollste Kampfmittel in der Kriegsführung gegen England sind. Weil aber das Dritte Reich eine kriegerische Auseinandersetzung mit den Briten unbedingt vermeiden wollte, standen bei Kriegsausbruch statt der geforderten 300 U-Boote nur 22 atlantikfähige Unterseeboote bereit. Die Ausbildung der U-Bootbesatzungen und die Erprobung der neu in Dienst gestellten Boote konnte nur im feindfreien Raum der Ostsee erfolgen. Die U-Bootmänner aller Dienstgrade wurden in den U-Bootschulflottillen praktisch ausgebildet. In Danzig und Gotenhafen waren fünf U-Flottillen stationiert, darunter die 23. U-Flottille für die Kommandanten-Torpedoschießausbildung. Die Ausbildung erfolgte unter möglichst kriegsmäßigen Bedingungen, dabei wurden Störungen aller Art praktisch durchgeprobt, wie sie durch Wasserbomben oder Fliegerbomben an der Front eintreten konnten.

Trotz der anerkannten Kriegswichtigkeit des schnellen Aufbaus einer großen U-Bootflotte stieg die Produktion beider Danziger Werften nur langsam an. 1942 verließen 28 U-Boote die Werftanlagen. Der Grund für die zu geringe Zahl lag in der nicht zu überwindenden Rohstoffknappheit des Reiches. Der zweite Engpaß, neben der Stahlmisere, lag im Fehlen der notwendigen Arbeitskräfte. Von der Auftragserteilung über Kiellegung und Stapellauf bis zur Indienststellung benötigte man für ein Boot ungefähr 20 Monate. Um auch getaucht mit Dieselmotoren fahren zu können, erhielten die U-Boote später den sogenannten "Schnorchel", einen langen Luftmast, oben mit einem Schwimmerventil versehen, damit beim Unterschneiden kein Wasser eintrat.

Um möglichst rasch neue, kampfstärkere U-Boote zu erhalten, beschloß Großadmiral Dönitz eine Eingliederung der Marinerüstung samt U-Bootprogramm in das Rüstungsministerium von Albert Speer. Minister Speer berief an die Spitze des "Hauptausschusses Schiffbau" den Industriellen Otto Merker, Generaldirektor der Magirus-Werke in Ulm, der völlig neue Wege im Schiffbau beschritt. Merker legte 1943 den Plan vor, die U-Boote in Form einzelner Teilstücke (Scheiben) an verschiedenen Stellen des Inlandes zu bauen und diese dann in einer Montagewerft zum fertigen Boot zusammenzusetzen. Der Vorteil der Sektionsbauweise lag einmal in der schnelleren Fertigung und natürlich in der größeren Stückzahl, die nun produziert werden konnte, da die U-Boote nicht mehr im ganzen auf den Helligen der Werften entstanden. Es begann ein dramatischer Wettlauf mit der Zeit, der trotz größter Anstrengungen, wegen der militärischen Niederlage, verlorenging. Für sämtliche U-Bootvorhaben wurde das "Ingenieurbüro Glückauf" in den Orten Blankenburg / Harz und Halberstadt eingerichtet, wo die fähigsten Konstrukteure die Bau- und Organisationspläne der neuen U-Boote ausarbeiteten.

Das Merker-Programm faßte beide Danziger Werften für die neue Sektionsbauweise zusammen, pro Monat sollten acht Boote vom Typ XXI fertig werden. Die Rohsektionen lieferten verschiedene Stahlbaufirmen in Ost- und Mitteldeutschland, darunter die Firma Heyking in Danzig. In den Sektionswerften erfolgte der Einbau der Inneneinrichtung, die Montagewerft schweißte schließlich die einzelnen Sektionsscheiben zusammen. Der neue Typ "U XXI" war schon ein richtiger Unterseekreuzer mit weitem Aktionsradius und hoher Unterwassergeschwindigkeit, die für ein Entkommen nach der Ortung äußerst wichtig war. Wegen der großen Zahl an Galvanischen Elementen bezeichnete man "U XXI" auch als "Elektroboot": Größe 2114 tg, Länge 77 m, Geschwindigkeit in Knoten über Wasser 15,5 Knoten, unter Wasser 17,5 Knoten, Bewaffnung 6 Torpedorohre (23 Torpedos), 6 Zwei- und Drei-cm-Flak; Besatzung: 57 Mann.

Deutschland stellte bis zum Kriegsende 119 "U XXI"-Boote fertig, von denen aber nur elf die Frontreife erreichten. Dieser Bootstyp, der wie so viele andere Waffen zu spät kam, hätte sicher an die einzigartigen Erfolge der VIII C-Serie in den Geleitzugschlachten anknüpfen können. Bis 1945 waren die Deutschen im U-Bootbau führend, insbesondere auf dem Gebiet der Seerohroptik, bei den Elektromotoren und infolge der hohen Batteriekapazität. Russen und US-Amerikaner entwickelten den übernommenen U-Boottyp XXI weiter, der letztendlich zu den heutigen Atom-U-Booten führte.

Im Februar 1945 schafften noch acht Elektroboote den Stapellauf in Danzig, sie konnten noch vor der Besetzung nach Westen abgeschleppt werden. Vier halbfertige Boote des Typs XXI fielen den Russen - neben einer Anzahl Sektionen - in die Hände. Am Ende des Zweiten Weltkrieges hatte Deutschland von den 1174 in Dienst gestellten U-Booten 721 durch Feindeinwirkung verloren, 221 wurden durch eigene Besatzungen versenkt, 156 Boote an die Alliierten abgeliefert. Der Feind verlor 4786 Handelsschiffe mit 21 Millionen Bruttoregistertonnen, außerdem 178 Kriegsschiffeinheiten. Den 27083 gefallenen U-Bootmännern widmete Großadmiral Dönitz die ehrenden Worte: "In meinem Leben habe ich so viel Selbstlosigkeit und Treue mir unterstellter Soldaten erlebt, daß ich von Dankbarkeit jenen Männern gegenüber erfüllt bin. Niemand sollte das Soldatentum des letzten Krieges herabsetzen; man verletzt sonst die Ehrfurcht vor denjenigen, die in der Erfüllung ihrer Pflicht gefallen sind ..."

Ein U-Boot des Typos XXI auf der Werft: Diese Elektroboote hatten eine Verdrängung von 2114 Tonnen, waren 77 Meter lang, fuhren über Wasser 15,5 Knoten und unter Wasser 17,5 Knoten schnell, waren bewaffnet mit sechs Torpedorohren für 23 Torpedos sowie sechs Zwei- und Drei-Zentimeter-Flak und hatten 57 Mann Besatzung.


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