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24.12.05 / Merkels Handschrift / Auch auf internationalem Parkett macht Deutschlands Kanzlerin eine gute Figur

© Preußische Allgemeine Zeitung / 24. Dezember 2005

Merkels Handschrift
Auch auf internationalem Parkett macht Deutschlands Kanzlerin eine gute Figur

Der vormalige Grünen-Star Joschka Fischer hat einmal seinen jähen Wechsel vom Turnschuh zum Nadelstreifen und vom Molotow- zum Diplomatencocktail mit einem verblüffend klugen Satz erklärt: "Die Veränderung des Menschen durch das Amt geht wesentlich schneller als die des Amtes durch den Menschen." Dies gilt wohl auch für Deutschlands neue Kanzlerin.

Bis zu ihrem Amtsantritt hatten linke wie rechte Kritiker ihr eigentlich gar nichts zugetraut: "Kohls Mädchen" und "graue Maus" waren die gängigen Titulierungen, zudem sei sie politisch unerfahren. Wobei man sich fragt, was eigentlich nach 16 Jahren Politpraxis, acht Jahren Amtszeit als Bundesminister, über fünf Jahren als Partei- und drei Jahren als Fraktionschef noch fehlt, um als "erfahren" gelten zu dürfen.

Auf dem EU-Finanzgipfel jedenfalls erlebten die Staats- und Regierungschefs alles andere als eine unerfahrene "graue Maus". Im Gegenteil: Souverän, als habe sie seit Jahren nichts anderes getan, führte sie die EU am drohenden Scheitern vorbei. Briten und Franzosen rang sie erhebliche Zugeständnisse ab. Den deutschen Beitrag zu reduzieren, gelang ihr zwar nicht, immerhin aber blieb sie am Ende um eine Milliarde unter dem, was Vorgänger Schröder im Juni leichtfertig zugesagt hatte.

Zweifellos hat Merkel das internationale Ansehen unseres Landes gesteigert; endlich ist Berlin der Führungsrolle, die alle anderen vom größten EU-Mitglied erwarten, gerecht geworden. Der Preis war nicht gerade niedrig.

Vor allem sind hier die 100 Millionen Euro zu nennen, die den mitteldeutschen Ländern künftig fehlen werden, weil die Kanzlerin sie generös gen Ost weiterreichte.

Freilich sollten auch Kritiker bedenken: Erstens wird es den Polen durch diese Geste deutlich schwerer gemacht, im bislang gewohnten Stil weiterhin gegen das auch von Frau Merkel unterstützte "Zentrum gegen Vertreibungen" in Berlin zu wettern, und zweitens gehören zu den Regionen Polens, die von diesen 100 Millionen Euro profitieren sollen, auch Teile des südlichen Ostpreußens, wo Zigtausende heimatverbliebener Landsleute leben. Beide Aspekte werden in Zukunft aufmerksam zu beobachten und, wenn nötig, energisch anzumahnen sein.

Im übrigen sei das Lob, das die Kanzlerin sich durch ihr kluges Auftreten in Brüssel verdient hat, nicht geschmälert durch den Hinweis, daß sich an der äußerst kritikwürdigen Rolle der EU als Umverteilungsmaschinerie zu Lasten Deutschlands leider nichts geändert hat. Doch seien wir geduldig und hoffnungsfroh: Sie ist ja erst einen Monat im Amt. H.J.M.


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