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24.12.05 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / 24. Dezember 2005

Zuckerl von der Tante / Dank Angela Merkel hat Deutschland wieder einen tadellosen Ruf in Europa - wie damals bei Kohl, nur hoffentlich nicht so teuer
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Alle lieben Angela. So einen Kavaliersstart in den Umfragen hat, wenn wir uns recht erinnern, nicht einmal Schröder hingelegt. Schon kurz nach dem Einzug ins Amt meinte die Hälfte der Deutschen, Merkel sei eine gute Kanzlerin. Jetzt sagen das angeblich schon drei Viertel! Auf dem EU-Gipfel trat sie auf wie die mütterliche Version des General Blücher, die in letzter Minute Europa vor einer Katastrophe rettet, welche schon besiegelt schien, weil sich der eigentlich fürs Gelingen verantwortliche Brite festgefressen hatte - wie 1815 bei Waterloo.

Selbst die grüne Keifkanone Claudia Roth ballert Salut: Merkel habe "einen guten Start geschafft". Die Polen umjubeln sie, die Franzosen ebenso, die Spanier auch. Italiens Berlusconi umschleimte die deutsche Regierungschefin nach allen Regeln der römischen Kunst. Die kleinen EU-Länder schwärmen, als sei der gutmütige deutsche Onkel, der sich immer so rücksichtsvoll um die Zwerge gekümmert hatte (im Unterschied zu den etwas herablassenden Franzosen), als nette Tante wiederauferstanden.

Bei soviel Zuspruch können wir uns zusammen mit der Kanzlerin sanft zurücklehnen und uns ganz und gar jenem Gefühl hingeben, daß uns Deutschen immer schon die größte Genugtuung bereitet hat: tiefstem Mißtrauen.

Seien wir mal ehrlich: Da stimmt doch irgendwas nicht! Wenn es um EU geht, geht's um Geld. Stieg nicht auch Kohls Ansehen als "großer Europäer" parallel zum Pegelstand deutscher Nettozahlungen? Den halbseidenen Quell europäischer "Zuneigung" hatten wir an dieser Stelle ja schon vergangene Woche beim Wickel. Die FDP hat das Haar in der Suppe gesehen und behauptet, Merkel habe sich wie Kohl (und, ätsch, Genscher) die Huldigungen des Auslandes mit unseren Steuergeldern erkauft. Alles Quatsch, schimpft Schwarz-Rot zurück. Wer recht hat, werden wir wohl nie erfahren. Die EU-Bürokratie hat mit der Zeit ihr System des Hin- und Herschiebens von Geldern derart fein verästelt, daß niemand mehr genau sagen kann, wer am Ende was wofür bekommen oder bezahlt hat. Eines aber steht fest: Profitieren von Europa tun wir alle, auch die vermeintlich reichen Länder und Regionen. Dies ist keine hohle Politikerbehauptung, sondern wird eindrucksvoll von der erlebten Wirklichkeit bestätigt. Ein Beispiel: Hamburg zahlte als angeblich wirtschaftsstärkstes deutsches Bundesland 2004 den höchsten Pro-Kopf-Betrag in den Länderfinanzausgleich und damit vermutlich auch die höchsten Pro-Kopf-Steuern an den Bund. Deutschland reichte davon als Hauptnettozahler der EU davon ein hübsches Sümmchen an Brüssel weiter. Die EU schließlich gab als Stadtentwicklungsförderung für den Stadtteil St. Pauli (ja, genau der, den Sie meinen) einen Teil davon an Hamburg zurück. So hat also auch das reiche Hamburg "von Europa profitiert", wie die hanseatischen Politiker ihren Bürgern verkünden durften. Gut, hätte Hamburg seinen eigenen Stadtteil gleich direkt gefördert, wären die bürokratischen Nebenkosten beträchtlich geringer und die Förderung für das darbende Rotlichtviertel damit um einiges höher ausgefallen. Doch wer so denkt, ist kein "Europäer". Was nur Uneinsichtige plump als Verschwendung geißeln, das ist in Wahrheit die "europäische Solidarität".

Von der hat sich die FDP offensichtlich verabschiedet, weshalb ihr aus den Reihen der CSU-Europaparlamentarier der Vorwurf entgegenschlägt, ihre Kritik an den deutschen Nettozahlungen sei übelster "Nationalpopulismus". Grüßen sich die Liberalen gar heimlich nach der Art italienischer Fußballkapitäne, die ihren rechten Arm nicht unter Kontrolle kriegen? Jedenfalls verstehen sie von der Natur europäischer Politik nichts (mehr). Die CSU mußte die Blaugelben eigens darauf hinweisen, daß die deutschen Tribute schließlich die Stabilität und den Frieden (!) in Europa sichern. Mit anderen Worten: Wenn wir den Tataren nicht ab und zu ein Zuckerl zuwerfen, schlitzen sie uns den Bauch auf. Der viel beschworene "europäische Geist" ist dem des 16. Jahrhunderts offenbar weitaus ähnlicher, als wir es bislang vermuten durften. Da sollen wir doch froh und zufrieden sein, daß uns Frau Merkel bei den wilden Nachbarn eine Galgenfrist erkauft hat - und das immerhin für deutlich weniger Geld, als Schröder im Juni zugesagt hatte.

Überhaupt Schröder: Wir hatten es ja schon im Sommer geahnt: Der wollte nur Neuwahlen haben, weil er voraussah, daß ihm die Haushaltsplanung für 2006 links und rechts um die Ohren fliegen würde. Jetzt kam die Bestätigung: Einige SPD-Politiker haben der "Frankfurter Allgemeinen" zugemauschelt, der damalige Kanzler sei in der Tat vor den Etatproblemen ausgebüxt.

Eichel sei schon im Lande unterwegs gewesen, um einigen Unionsministerpräsidenten ihre Unterstützung für eine Mehrwertsteuererhöhung über zwei Stufen von je zwei Prozentpunkten abzuschwatzen. Also doppelt soviel, wie die Union in ihrem Programm öffentlich angedroht hatte. Der Elan, mit welchem die SPD dann ihren Wahlkampf gegen die "Merkel-Steuer" inszenierte, läßt uns nach diesen Informationen noch staunender zurück. Die Jungs haben's drauf, wirklich.

Meldungen über eine angebliche "Giftliste" in Eichels Schublade kursierten ja lange vor der Wahl. Nur dort, in der dunklen Schublade nämlich, blieb die Liste auch, während die Union die ihrige publikumswirksam plakatierte. So sprachen die Medien bald nur noch über die Grausamkeiten der Schwarzen, während sich der damalige Kanzler mit verhältnismäßig großem Erfolg auf's Gefühlige verlegen konnte, was sich viele Medienleute dankbar zur "wiedergewonnenen Stärke des Kanzlers" zurechtgebogen haben. Ja, ja, ich höre es schon: Die alte weinerliche Mär von der linkslastigen Presse. Hätten die Kommentatoren des Kanzlers feines Spiel denn schnöde auffliegen lassen sollen? Journalisten können nicht einfach irgendwas hinausposaunen, was sie gerade gesehen, gehört oder erkannt haben - sie haben, wie man weiß, eine hohe Verantwortung auch für die politische Wirkung ihrer Beiträge. Das erfordert ein feines Gespür dafür, was man verbreiten sollte und was man besser übersieht. Ein besonders aufschlußreiches Beispiel jener journalistischen Unterscheidungskraft konnten wir erst dieser Tage beobachten.

Im fernen Australien hatten einige muslimische Zuwanderer junge Frauen am Strand bepöbelt, weil die sich nicht artgerecht verhüllt hatten. Als die Damen nicht reagierten, sperrten die Muslime einfach ein Stück Strand ab, wo sich künftig nur noch artig eingewickelte Frauen bewegen sollten. Das wollten zwei amtliche Rettungsschwimmer nicht hinnehmen und hoben die Sperrung wieder auf, woraufhin sie von den Muslimen zusammengeschlagen wurden. Ich langweile Sie? Da geht es Ihnen wie den meisten deutschen Medien, die bis hierher auch noch nichts Berichtenswertes gesehen hatten.

Dann aber wurde die Sache spannend: Weiße Jugendliche gingen in Pulks auf alles los, was nach orientalischen Männern aussah. Nun war die Presse wach, von diesem Stadium des Konflikts gibt es auch weltweit verbreitete Fotos. Kurz darauf marodierten Orientalen in der Gegend und legten Feuer in einer Kirche. Die deutschen Leser erfuhren, daß diese Übergriffe die Reaktion auf die rassistische Gewalt von seiten der weißen Australier gewesen sei, eine Antwort auf das "fremdenfeindliche Klima". Die Vorgeschichte mit den Frauen und den Rettungsschwimmern wurde verantwortungsbewußt ausgelassen.

So blieb die politische Botschaft korrekt und rein. Junge Orientalen können nämlich auf keinen Fall Rassisten sein. Wenn die einmal um sich schlagen, dann nur als Reaktion auf weißen Rassismus oder weil sie sozial benachteiligt werden. Rassisten haben weiß zu sein. Darauf haben wir uns vor langer Zeit geeinigt.

Wußten wir's doch: Schröder ist tatsächlich vor dem Etatloch 2006 ausgebüxt

"Vielleicht ist nächste Woche wieder etwas für Sie dabei!"


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