29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
31.12.05 / Trunken vor Optimismus / Beitrittskandidaten Bulgarien und Rumänien können auf gut gefüllte EU-Töpfe hoffen

© Preußische Allgemeine Zeitung / 31. Dezember 2005

Trunken vor Optimismus
Beitrittskandidaten Bulgarien und Rumänien können auf gut gefüllte EU-Töpfe hoffen
von Ernst Kulcsar

Am 17. Dezember brachen um 2.37 Uhr heisere Jubelschreie im Brüsseler Sitzungssaal der EU-Kommission aus. Grund war die Verkündung, auf 34 Seiten wäre nun zu lesen, daß sich der EU-Haushalt für den Zeitraum von 2007 bis 2013 nun auf rund 862 Milliarden Euro beliefe. Das EU-Parlament hätte zwar 112 Milliarden mehr verlangt, aber mehr war anscheinend nicht in den Töpfen. In den Räumen, in den die Damen und Herren Kommissionsmitglieder Erfrischung und Erleichterung suchten, flüsterte beflissenes Dienstpersonal, es stehe frische Lavendelseife parat, Politik sei, pardon, ein schmutziges Geschäft. Aber dann gab man sich einen Ruck, wollte unbedingt positiv denken und an einen Sieg des rationellen Festlandgeistes über die aus den langen Ahnengalerien des Empires herbeibeschworenen degenerierten und ratlosen britischen Krämergeister und Schloßgespenster glauben. Wo ein Wille ist, ist auch ein Sieg, also muß unbedingt auch ein Sieger sein, es waren mit Blair und Barroso deren sogar mindestens zwei, und da auch in der hohen Politik die alte Weisheit gilt „Pater semper incertus“ (etwa: Vaterschaft ist immer ungewiß) wurde eben die sichere Mutter gefeiert: die Kanzlerin Angela Merkel, die ganz gerührt war, als ihr aus vielen krächzenden Kehlen „Cheerio Angie“-Rufe zu Ohren kamen; sichtlich fühlte sie sich fast wie Miß Sophie im Silverster-Knüller „Dinner for One“.

Europas Blätterwald lobte am Mittwoch vor Weihnachten, was an Europa noch zu loben war, aber während Journalisten noch lobende Stimmen für dieses und jenes suchten, machte sich bei den Akteuren der Katzenjammer breit. Barrosos Bedenken gegen den britischen Vorschlag, die Fonds für die zehn neuen Mitgliedsstaaten um 14 Milliarden zu kürzen, daß „mit diesem Budget Bulgarien und Rumänien nicht in die EU aufgenommen werden können“, tauchten wieder auf und die Briten wollten auf ihren Rabatt auch nicht verzichten.

Immerhin scheint der Optimismus der voraussichtlich letzten beiden Beitrittskandidaten Bulgarien und Rumänien ungebrochen, obwohl manch einer der Politiker im Land nicht so recht weiß, worum es eigentlich geht. Aber: In Straßburg legte Rumänien-Berichterstatter Pierre Moscovici den Fortschrittsbericht über Rumänien dem Europäischen Parlament vor mit der Aussage: Der Beitritt Rumäniens zum 1. Januar 2007 ist möglich. Das Land werde allein für den Ausbau des Straßennetzes und der ländlichen Gebiete bis 2013 ganze 29,1 Milliarden Euro erhalten. Die Mittel kämen zu 85 Prozent aus dem EU-Haushalt, 15 Prozent seien Eigenbeteiligung. Dann führte er aber eine Reihe von Bedingungen an, und alles klang so als hätte er verkündigt, man könne in Rumänien massiv Gold fördern, wenn nur welches da wäre. Zudem wollte er auch noch wissen, ob es in der Nähe der Schwarzmeerküste ein antiterroristisches Gefängnis gäbe oder gegeben habe.

Eine Woche vor Weihnachten verdarb die auflagenstärkste deutsche Tageszeitung ihren Lesern mit der Schlagzeile „Mafia-Alarm: Bulgarien zu kriminell für die EU?“ die Vorweihnachtsstimmung.

Ein plötzlich in Deutschland aufgetauchtes Geheimpapier meldete, auf dem „wichtigsten Gebiet der Bekämpfung der Kriminalität und einer Justizreform“ habe sich in den „letzten Jahren praktisch nichts getan“. In Bulgarien sei „der Kampf um das große Geld längst zum Krieg auf offener Straße geworden“. Es habe in den letzten Jahren 80 Auftragsmorde gegeben – „kein einziger wurde zur Anklage gebracht“. Kurz zuvor waren laut dem nationalen Rundfunk Bulgariens Vertreter des Innenministeriums, der Staatsanwaltschaft und der nationalen Ermittlungsbehörden mit 19 Botschaftern von EU-Ländern zu einem Treffen über Maßnahmen zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität zusammengekommen, in dem auch die Auftragsmorde zur Sprache kamen, doch hier habe das Resultat viel optimistischer geklungen.

Rumänien hin, Bulgarien her, die EU-Politiker werden weiter tanzen. Ab Januar in Wien ...

Dank Merkel Aussicht auf einen gutgedeckten Tisch: Bulgariens Premierminister Sergei Stannishev (l.) Foto: pa


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren