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31.12.05 / Wilde Tiere / Die Engländer und ihre Kolonien

© Preußische Allgemeine Zeitung / 31. Dezember 2005

Wilde Tiere
Die Engländer und ihre Kolonien

Das britische Volk hatte seine eigene Vorstellung davon, was einen Wilden ausmachte, seit sich Entdecker und Händler zum ersten Mal von den heimatlichen Küsten in die Fremde aufmachten. Die Wilden behandelte man wie Tiere. Sie wurden auf Rummelplätzen oder in Londonern Theatern zur Schau gestellt, um mit ihnen Geld zu verdienen.

Als Kapitän FitzRoy 1830 den Auftrag erhält, mit seinem Schiff „Beagle“ die Buchten und Kanäle Feuerlands und die Westküste Patagoniens zu vermessen, ahnt er noch nicht, welche tragischen Folgen seine Reise für die Ureinwohner Feuerlands haben würde. Die ersten Begegnungen mit den Feuerländern waren meistens freundlich, manchmal fielen sie etwas lästig aus. Man tauschte Fisch gegen Schmuck, Glasperlen, Lumpen und Kleider. Die ersten Spannungen traten auf, als die Seeleute feststellten, daß sie immer häufiger bestohlen wurden. Die Situation verschärfte sich, als einige Seeleute in einem Walboot die Küste vermessen sollten und die Indianer ihnen Boot, Ausrüstung und Proviant stahlen. Der Kapitän, mit den Nerven am Ende, sann auf Vergeltung, aber die Eingeborenen waren wie vom Erdboden verschluckt. Nach diesen Erfahrungen beschloß FitzRoy einige Feuerländer mit nach England zu nehmen, um ihnen die englische Sprache und die englische Lebensweise näher zu bringen.

Mit vier Eingeborenen, darunter der junge Orundellico, den sie Jemmy Button nennen, segeln sie nach England zurück. Eingebettet in die ländliche Dorfgemeinschaft von Walthamstow, lernt Jemmy erstaunlich schnell die englische Sprache und paßt sich den Lebensgewohnheiten der Engländer an. Mit dieser „Ausbildung“ werden die Feuerländer nach 14 Monaten zurück in ihre Heimat gebracht, um ihrem Volk den christlichen Glauben und die Zivilisation beizubringen.

Der Historiker Nick Hazlewood erzählt in seinem Roman „Der Mann, der für einen Knopf verkauft wurde“ ein ergreifendes und trauriges Kapitel Kolonialgeschichte, belegt durch Zeitungsartikel, Briefe und Gerichtsakten jener Zeit. Die Missionierung der Feuerländer war zum Scheitern verurteilt, da man in ihnen nur die primitiven und barbarischen Wilden sah. Wahrscheinlich gibt es heute keine direkten Nachkommen der Feuerlandindianer mehr. Dieses Buch ist auch ein Appell an Toleranz und Akzeptanz von Menschen, die uns „anders“ erscheinen. B. Mußfeldt

Nick Hazlewood, „Der Mann, der für einen Knopf verkauft wurde“, Verlag Lübbe, Bergisch Gladbach, brosch., sw Fotos, 380 Seiten, 8,90 Euro


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