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07.01.06 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / 07. Januar 2006

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied und Familienfreunde,

zuerst einmal ganz herzlichen Dank für die vielen lieben Wünsche und Grüße zum Weihnachtsfest und Jahreswechsel. Wenn die alle in Erfüllung gehen, dann hätten wir ein wunderbares Jahr vor uns mit einer wachsenden Ostpreußischen Familie. An Format hat sie ja schon zugenommen, das werden Sie, liebe Leserinnen und Leser, bemerkt haben, aus der kleinen Spalte ist eine große Kolumne geworden, aber trotzdem bleibt immer noch ein Pungelchen unerfüllter Wünsche zurück, das ich in das Neue Jahr hinein geschleppt habe. Sie waren schon lange bearbeitet, konnten aber bisher nicht gebracht werden. Das soll nun gleich zu Jahresbeginn geschehen. Wenn aber einige Fragesteller bisher keine Resonanz verspürt haben, dann kann das auch daran liegen, daß die Schreiben unvollständig oder unverständlich sind. Wenn nach einem vermißten Vater gesucht wird, dessen Name aber nicht angegeben wird – ja, wie soll eine Suchmeldung ohne Namensangabe Erfolg haben? Oder ich werde aufgefordert, mich bei der Schreiberin telefonisch zu melden, aber es wird keine Rufnummer angegeben, auch über die Auskunft zu erfahren ist sie nicht – was soll ich da tun? Dann sind da die dicken Briefe mit …zig Seiten langen Lebenserinnerungen, die ich bitteschön bringen soll, obgleich ich immer darauf hinweise, daß ich nur für die Ostpreußische Familie zuständig bin. Und die „Marjellchen“ und „Lorbasse“, die so vertraulich schreiben, aber ihren vollen Namen nicht angeben, von einer Anschrift ganz zu schweigen – ja, das schleppe ich auch alles in meinem Pungel herum, und der drückt dadurch schon sehr. So sind meine Wünsche für das Neue Jahr: Bitte alle Anliegen so verständlich wie möglich formulieren, Namen und Daten exakt und leserlich schreiben, und niemals die volle Anschrift auf dem Briefbogen oder der E-Mail vergessen!

So, nun aber losgelegt:

Noch einmal zu Heinz Schön und seiner Erich-Koch-Biografie. „Ich bin Ihnen zu großen Dank verpflichtet“, schreibt der Autor, der vor allem durch seine Dokumentation „Das Geheimnis des Bernsteinzimmers“ bekannt wurde. Kurz nach dem Erscheinen des umfangreichen Bandes begann im Auftrag des Magazins „Der Spiegel“ die Freilegung des Fundaments des Königsberger Schlosses, die auch in diesem Jahr fortgeführt wurde. Bei den Recherchen konnte Herr Schön schon einiges Material über den ehemaligen Gauleiter archivieren, das für ihn jetzt bei der Erstellung der Biografie wichtig ist, aber er benötigt noch sehr viele Informationen, und zu einigen hat unsere Ostpreußische Familie ihm bereits verholfen. Dafür fühlt sich Herr Schön zu großem Dank verpflichtet, den ich hiermit übermittele. Aber es fehlen noch weitere Angaben vor allem über das Verhalten Kochs in den letzten zehn Kriegsmonaten bis zu seiner Flucht mit dem Eisbrecher „Ostpreußen“ Ende April 1945. Wo hielt er sich in Pillau-Neutief auf, nachdem er sich im Januar dahin abgesetzt hatte. Welche Parteifunktionäre vertraten den Gauleiter und Reichsverteidigungskommissar auf seinem „Dienstsitz“ in Königsberg? Wann und auf welchem Wege verließen Frau Koch und seine Mutter – lebte diese bei ihm in Königsberg? – Ostpreußen und mit welchem Fluchtziel? Frau Koch betrieb in den 50er Jahren eine Kneipe in Lübeck. Da die bisherigen Fragen eine so gute Resonanz hatten, werden auch diese nicht unbeantwortet bleiben (Ostpreußen-Archiv Heinz Schön, Auf dem Sepp 19 in 32107 Bad Salzuflen, Telefon 0 52 22 / 74 24, Fax 0 52 22 / 7 39 20).

Betty Römer-Götzelmann, meine liebe und sehr geschätzte „Schwester der Feder“, hat ein besonderes Anliegen, das aber diesmal nicht die heimische Literatur betrifft. Sie schreibt: „Meine alte ostpreußische Freundin Margarete Woop möchte gerne, daß ihre Brosche mit dem Engelchen aus Elfenbein, die auch als Kettenanhänger getragen werden kann, in die Familie zurückkehrt, aus der sie vermutlich stammt. Frau Woop war nach dem Krieg in der Familie des Pfarrers Hundsdörfer – seiner Schwägerin Maria Hundsdörfer – im Haushalt tätig. Diese Schwägerin ging 1952 im Auftrag der Herrnhuter Brüdergemeine nach Afrika, mit ihr die Söhne Siegfried und Thomas. Der älteste Sohn Ulrich, damals 21 Jahre alt, blieb in Deutschland. Maria Hundsdörfer schenkte Grete Woop das Engelchen als Andenken. Es ist für sie eine Herzensangelegenheit, daß der Schmuck in die Hände der Familie der Söhne Ulrich, Siegfried oder Thomas Hundsdörfer übergeht. Die Pfarrerfamilie stammt übrigens aus Bartenstein wie auch Grete Woop.“ Soweit das Anliegen, das uns Frau Römer-Götzelmann übermittelt. Die Hoffnung, daß sich jemand meldet, ist berechtigt, da – wie sie meint – unsere Zeitung ja weltweit gelesen wird. Von mir hier viele liebe Grüße ins Sauerland (Zuschriften an Betty Römer-Götzelmann, Postfach 2111 in 59566 Warstein, Telefon / Fax 0 29 02 / 7 58 80)!

Eine schöne Erfolgsmeldung kam kurz vor der Jahreswende, die für mich eine große Überraschung brachte. Unser Landsmann Eberhard Weichhaus hatte vor einigen Monaten nach noch lebenden Mitbewohnern der Schrebergartenkolonie Morgenroth (Palvendorf) gefragt. Zu seiner Freude meldete sich Herr Hagen Grawunder, der dort 1935 geboren wurde und bis zur Vertreibung 1948 in Königsberg gelebt hat. Inzwischen hat sich der Kontakt zwischen den beiden „Morgenrothern“ gefestigt, es entstand ein reger Gedankenaustausch. Da Herr Weichhaus in der Friedmannstraße 1 geboren wurde, gratulierte er auch vor etwa einem Jahr einer Königsbergerin aus der Friedmannstraße 38 zu deren 80. Geburtstag, die erfreut zurückrief. Nun möchte er ihr einige Fotos zusenden, hat aber ihre Anschrift nicht mehr. Liebe Frau Gertrud Anker, melden Sie sich doch bitte bei Herrn Eberhard Weichhaus, Modemannstraße 26 in 51065 Köln. Ja, und nun zu der Überraschung, die Sie, lieber Herr Weichhaus, mir bereitet haben. Sie schreiben: Da suchte zuletzt jemand vom Haus Augustastraße 8 in Königsberg Fotos. Dieser „jemand“ bin ich, denn ich wurde dort geboren. Ja, und nun halte ich Fotos von der Straße meiner Kindheit in der Hand, wie sie heute ist – natürlich schmerzt das auf den ersten Blick, wenn man die tristen Häuserfronten und Brachflächen sieht. Aber da, wo mein Geburtshaus gestanden hat, wachsen einige Birkenbäumchen, und das ist tröstlich, zumal die Birke mein Lieblingsbaum ist! Für mich waren diese Fotos jedenfalls eine unerwartete Weihnachtsgabe, und dafür danke ich Ihnen, lieber Landsmann, sehr!

Zwei Briefe sind es, die mich besonders berühren, weil sie zeigen, wie auch nach mehr als einem halben Jahrhundert Erinnerungen nicht ausgelöscht sind, sondern die Schreiber noch immer bewegen. Und beide betreffen junge Mädchen aus Ostpreußen, an die sich die nunmehr auch schon älteren Herren erinnern und deren ungeklärtes Schicksal sie zur Feder greifen läßt. Lassen wir zuerst Herrn Werner Hübschen aus Oettingen sprechen, der als Wehrmachtsangehöriger im April 1945 im Sanitätsdienst eingesetzt war, und zwar in einem Notlazarett in Bederkesa, Kreis Wesermünde. Dort gab es ein Wiedersehen mit der Rot-Kreuz-Schwester Hildegard Faesel, einer guten und verläßlichen Kameradin, mit der er zuvor in einem Lazarett in Meppen gearbeitet hatte. Die Heimatadresse der am 18. Dezember 1922 in Stallupönen (Ebenrode) geborenen Ostpreußin war Tilsit, Wasserstraße 10, wo die Eltern ein Schuhgeschäft besaßen. Ende März 1945 wurde sie von Meppen nach Dorum b. Cuxhaven und dann nach Bederkesa verlegt. Nach der Auflösung des Notlazaretts Ende August kamen Sanitätspersonal und Schwesternschaft in das Barackenlazarett Drangstedt. Durch eine überstürzte Entlassung im November 1945 verlor Herr Hübschen seine Kameradin aus den Augen. Eine Suche über das DRK 1949 ergab nur als letzte Anschrift von Hildegard Faesel das Lazarett in Drangstedt. Der heute 80jährige hat nie etwas über den Verbleib seiner so geschätzten Kameradin erfahren können, er weiß auch nicht, ob ihrer Familie die Flucht in den Westen gelang. Wir hoffen nun mit ihm, daß sich jemand aus unserer großen Leserschaft findet, der etwas über das Schicksal von Hildegard Faesel aussagen kann, die vielleicht durch Heirat einen anderen Namen trägt – ja, ich spreche mit Absicht in der Gegenwart, denn es ist ja durchaus möglich, daß die Gesuchte lebt und diesen Suchwunsch liest. Das wäre wohl eine Überraschung für den Suchenden, wenn sie sich melden würde – und auch für uns (Werner Hübschen, An den Fischergruben 1 in 86732 Oettingen i. Bay, Telefon 0 90 82 / 80 86)!

Der zweite Suchwunsch, der auch in jene Zeit zurückführt, ist geradezu lyrisch, denn Dichten ist das Alters-Hobby von Dipl. Ing. Oswald Stastny aus Hannover. Damals war dem 1919 in Brünn geborenen Pionier-Leutnant allerdings nicht nach Verseschmieden zu Mute, denn er wurde bei den Kämpfen im Raum Rominter Heide verwundet. Aber in der Zeit zuvor hatte der junge Offizier, der als Angehöriger der 2. Komp.Pi.-Bat. 11 in Königsberg-Maraunenhof stationiert war, das nördliche Ostpreußen und seine Menschen kennengelernt, so auch auf einer Bahnfahrt an die Samlandküste ein Mädchen, dessen Vater der Pächter der Domäne Hornbruch war. Sie – jung, chic, stramm – gefiel ihm so, daß er, kurz bevor er im Herbst 1944 an die Front kam, das Gut Hornbruch aufsuchte. Alles in Ehren – denn über diese Begegnung hat er ein Gedicht verfaßt, das ich leider nicht in voller Länge bringen kann. Aber diese Zeilen sagen genug „Und dann wir zwei – Gang durch die Felder, sie hat sie mir voll Stolz gezeigt. Am Rande zwei, drei kleine Wälder. Kein Vogel sang – der Spätherbst schweigt. Ich hab sie dort nicht mal geküßt, ich war in festen Händen. Wenn sie noch heut am Leben ist, möcht ich ihr Grüße senden!“ Ja, und da müssen wir nun den Boten spielen. Denn eine gezielte Suche ist nicht möglich, weil Herr Stastny keine näheren Angaben machen kann. Auch darüber reimt er: „Wenn Sie nach Namen Fragen stellen, sind – auch durch schwere Wunden – die längst aus den Gedächtnis-Zellen bis auf dies ,H‘ entschwunden.“ Und das bedeutet eben „Hornbruch“! Vielleicht genügt dieser Name, daß der Grüßende eine Antwort bekommt (Dipl. Ing. Osw. Stastny, Reichweinstraße 25 in 30457 Hannover, Telefon 05 11 / 46 45 38).

„Wenn ich so lese, wieviel Erfolg Sie auch in schier unmöglichen Fällen haben, dann bin ich guter Hoffnung, daß es auch bei uns klappt“, schreibt unsere Leserin Waltraud Will aus Beringstedt. Immerhin macht sie sehr präzise Angaben, und das erleichtert die Suche sehr, bei der es sich um die Nachkommen von Johanna Hahn geborene Lemke, * 6. März 1864, auf der Flucht verstorben, und August Hahn, * 22. Oktober 1858, = 10. Februar 1945, handelt. Die müßte es geben, denn das vor der Flucht in Wesselshöfen, Kreis Heiligenbeil wohnende Ehepaar hatte viele Kinder: Wilhelm, gefallen im Ersten Weltkrieg, Hermann, August, Otto, Berta, Johanne, Maria und die schon im Säuglingsalter verstorbenen Söhne Ernst und Gustav. Urkunden gibt es nicht. Das Standesamt 1 in Berlin wurde angeschrieben – ohne Erfolg. Trotzdem möchte das Amtsgericht Riesa jetzt Urkunden sehen. Gezielt gesucht wird Tochter Maria, verheiratete Werner, die bis zur Flucht in Königsberg wohnte. Ihre Schwester Johanne, Schwiegermutter von Frau Will, hatte leider kaum Kontakt zu Maria Werner und deren Familie, zu der Tochter Edith gehörte. Herr Werner soll Hausmeister in einem größeren Gebäude in Schloßteichnähe gewesen sein, die Ehe wurde später geschieden. Die Suche nach Krieg und Flucht erbrachte keinen Erfolg. Wer kannte diese Familie und weiß, was aus Maria und Edith Werner geworden ist (Waltraud Will, Alte Dorfstraße 8 in 25575 Beringstedt, Telefon 0 48 74 / 8 93, E-Mail: Herbert Will@gmx.net)?

Das war also unser Einstieg in das Jahr 2006. Er läßt hoffen!

Eure Ruth Geede

Marie und Hermann Lapsien (zweite und dritter von links) mit Unbekannten: Wer sagen kann, um wen es sich bei den Unbekannten handeln könnte, wende sich an Uwe Lapsien, Trebbiner Straße 46 in 14547 Beelitz, OT Zauchwitz, Telefon (03 32 04) 6 36 90, E-Mail: uwe.lapsien@t-online.de. Foto: privat

Brosche mit Elfenbeinengelchen: Gesucht werden Angehörige der aus Bartenstein stammenden Pfarrerfamilie Hundsdörfer, aus deren Besitz dieses Schmuckstück stammt. Foto: privat


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