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14.01.05 / In Deutschland dominieren Papierberge / Politiker aller Parteien reden von Bürokratieabbau, doch getan wird nichts

© Preußische Allgemeine Zeitung / 14. Januar 2006

In Deutschland dominieren Papierberge
Politiker aller Parteien reden von Bürokratieabbau, doch getan wird nichts
von Paul Humberg

Bürokratie ist ein Dauerthema. Immer wieder versprechen Politiker aller Couleur den Abbau derselben. Doch die hehren Absichten kollidieren allzu oft mit den Mühen der Ebenen. Ein „Bürokratie-TÜV“ wird zwar regelmäßig angemahnt, doch es geschieht nichts. Oder schlimmer noch: Es geschieht etwas, aber leider das Falsche. In den 60er Jahren hatte das Bundesgesetzblatt noch einen durchschnittlichen Umfang von 1440 Seiten im Jahr. Seit Anfang dieses Jahrzehnts sind es mittlerweile fast 3200 Seiten. Konkret heißt dies, daß die Bundesregierung seit 1999 122 Gesetze und 178 Verordnungen mehr erlassen als abgeschafft hat.

Jetzt soll der Bürokratie also wieder einmal der Kampf angesagt werden. Im schwarz-roten Koalitionsvertrag steht ein ganzes Kapitel über die „Entlastung der Bürger und der Wirtschaft von Bürokratiekosten“.

Der Schuh drückt die Unternehmer in der Tat. Kleine und mittlere Unternehmen geben vier bis sechs Prozent ihres Umsatzes für Bürokratiekosten aus. Angela Merkel will bekanntlich allgemein „mehr Freiheit wagen“, und daher räumt sie dem Zurechtstutzen des Paragraphen-Dickichts Priorität ein. In ihrer jüngsten Rangliste „Where is doing business easy?“ stuft die Weltbank Deutschland auf Nummer 19 ein, deutlich hinter acht anderen EU-Ländern.

Die Bürokratie-Schwemme kommt nicht von ungefähr. „Auf der Suche nach dem Grund führen Ökonomen das Eigeninteresse der Staatsdiener auf: Um die eigene Position zu rechtfertigen, produzieren Parlamente, Regierungen und Behörden immer mehr Gesetze, Verordnungen und Ausführungsbestimmungen“, schreibt die Wochenzeitung „Die Zeit“. Und dies geschieht zum Schaden der wertschöpfenden Klasse.

„Fast alle Experten sind sich einig, daß unser Land mehr Unternehmer braucht. Doch gerade die Unternehmensgründung wird hier zu Lande erschwert. Ein Gründer in Deutschland muß sich mit neun verschiedenen Behörden herumschlagen. In Finnland sind nur drei Behörden eingebunden, in Irland vier und in den Vereinigten Staaten fünf. Es liegt auf der Hand, daß insbesondere sehr kleine Betriebe in Verzweiflung geraten. Denn eigentlich sollten sie ja die ganze Konzentration auf eine gute Geschäftsidee und die Kundenakquise lenken und keine Papierberge wälzen“, sagt Markus Mingers vom Bonner Mittelstandszentrum.

Den Bundesländern sind oft die Hände gebunden, wenn sie mit der Machete an den Dschungel der Gesetze und Verordnungen herangehen wollen. Im Saarland hatte eine Deregulierungskommission einen dementsprechenden Versuch unternommen. Doch die Mittel der Bundesländer sind begrenzt.

„Die großen und wesentlichen bürokratischen Hemmnisse und Belastungen der Wirtschaft werden vornehmlich auf bundesgesetzlichen Grundlagen, zum Beispiel in den Bereichen Arbeitsrecht, Umweltschutz, Steuern und Statistik gesehen“, teilt die Staatskanzlei in Saarbrücken mit. „Und in der Vergangenheit gab es bei Rot-Grün die Tendenz, europäische Vorgaben noch zu übertreffen. Hoffentlich wird dies mit der großen Koalition ein Ende haben“, so Mingers.

Michael Fuchs, Leiter der Arbeitsgruppe Bürokratieabbau bei der Unionsfraktion, hält den Abbau der Bürokratie für ebenso schwierig wie den Abbau von Subventionen.

Der Koalitionsvertrag kritisiert, daß es in Deutschland keine verläßliche Methode gebe, die Kosten der Bürokratie zu erfassen. Nach dem Bericht der „Zeit“ plant die große Koalition nun einen deutschen Bürokratie-TÜV.

Im Zentrum der Bemühungen werde ein so genannter Normenkontrollrat stehen. Hierunter hat man sich ein Gremium von Fachleuten vorzustellen, das alle Gesetzentwürfe darauf prüft, ob sie zwingend notwendig sind und wie viel sie kosten.

„Diese Botschaft höre ich gern. Allein, es fehlt der Glaube. Vielleicht wird es ja wirklich was mit dem ehrgeizigen Vorhaben. Ich halte es aber für wahrscheinlicher, daß die nächste Regierung das Thema erneut auf die Tagesordnung setzen wird. Bürokratie ist wie eine Hydra: Man schlägt die Köpfe ab, doch sie wachsen immer wieder nach“, bedauert Mingers.

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