© Preußische Allgemeine Zeitung / 28. Januar 2006

Berühmteste Amerikanerin in Venedig

Immer wenn ich ihre Bücher lese, nehme ich mir vor, endlich einmal nach Venedig zu fahren“, sagte eine reisefreudige Leseratte erst kürzlich wieder, als sie ein Buch von Donna Leon in Händen hielt. Ihre Krimis mit Commissario Brunetti machten geradezu süchtig; süchtig nach italienischer Lebensart, süchtig nach der Lagunenstadt.

Die berühmteste Amerikanerin in Venedig versteht es meisterhaft, das Milieu dort zu schildern, die verschrobenen Charaktere lebendig werden zu lassen. Ein Hauch von Ironie durchzieht die Zeilen, die sie offensichtlich mit einem Augenzwinkern zu Papier bringt. Und so ist denn auch ihr neues Buch „Über Venedig, Musik, Menschen und Bücher“, das in Auszügen auch als Hörbuch erschien, wieder ein Lesegenuß für alle Freunde der Schriftstellerin.

Eindringlich und humorvoll erzählt Leon in ihren Geschichten und Berichten zum Beispiel von den Tücken der venezianischen Müllabfuhr, von der Mordlust, die sie überfiel, weil eine alte Nachbarin ihr Fernsehgerät zu nachtschlafender Zeit auf vollen Touren laufen ließ (erinnert das Brunettifans nicht an etwas?). Sie schreibt über die Oper, über ungewöhnliche Schoßtiere und arme Leute, aber auch über ihre Erfahrungen, die sie als Lehrerin in Saudi-Arabien machte, oder über ihre Landsleute in Amerika, die offensichtlich immer dicker werden. Hin und wieder tritt eine nachdenkliche Donna Leon zutage, eine, die auch harte Worte für Mißstände findet, die es anzuprangern gilt. Als Sprecherin für das Hörbuch hat man Hannelore Hoger gewinnen können, die als Kommissarin „Bella Block“ ausreichend Krimierfahrung hat sammeln können. Ein ganz besonderer Hörgenuß und zwei Frauen, die ihr Handwerk verstehen. os

Donna Leon: „Über Venedig, Musik, Menschen und Bücher“, Diogenes Verlag, Zürich, 344 Seiten, geb., 19,90 Euro; „Mein Venedig“, Diogenes Hörbuch, gelesen von Hannelore Hoger, 1 CD, Spieldauer 75