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04.02.06 / Nicht schöne Worte, sondern Taten / Angela Merkels auf wirtschaftliche Freiheit abzielende Rede in Davos entspricht nicht ihrer Politik

© Preußische Allgemeine Zeitung / 04. Februar 2006

Nicht schöne Worte, sondern Taten
Angela Merkels auf wirtschaftliche Freiheit abzielende Rede in Davos entspricht nicht ihrer Politik
von Ansgar Lange

Die Rede der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zur Eröffnung des Weltwirtschaftsforums in Davos wurde mit großer Spannung erwartet. Von einem solchen Empfang habe Altkanzler Gerhard Schröder nur träumen können, schreibt die Tageszeitung „Die Welt“. Schließlich sei Merkel für viele Politiker, Wissenschaftler und Manager noch eine Unbekannte. Die „Neue Zürcher Zeitung“ („NZZ“), eine der renommiertesten Zeitungen der Welt, spricht von einer gehaltvollen Rede Merkels. „Merkel nutzte die Bühne für einen gehaltvollen Auftritt“, so die „NZZ“ wörtlich. Die Kanzlerin habe das Übermaß an Bürokratie und die Einengung der Handlungsspielräume der Bürger als Ursachen für die weitverbreitete Angst vor der Globalisierung und dem erhöhten Wettbewerbsdruck verortet. Das liberale Weltblatt lobt insbesondere Merkels Credo, daß der Staat eine gestaltende Rolle nur bei der Festlegung der Rahmenbedingungen wirtschaftlichen Handelns haben sollte.

Ähnlich positiv urteilte die „Welt“: „Wer die ordnungspolitische Orientierung der Bundeskanzlerin erfahren wollte, wurde nicht enttäuscht.“ Die CDU-Politikerin habe in ihrer Rede vor allem die Freiheit beschworen. In Deutschland gebe es eine selbstverschuldete Lähmung. Arbeit brauche Wachstum und Wachstum brauche Freiheit, so Merkel. Ganz oben auf der Agenda stehe der Bürokratieabbau. Vier bis sechs Prozent des Umsatzes müßten mittelständische Unternehmen für die Bürokratie aufbringen. Merkel plant nach Angaben der Welt nun einen „Normenkontrollrat, der den ganzen Prozeß begleiten soll.“ Mit Einzelmaßnahmen sei es nicht mehr getan. Nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) könnte ein durchgreifender Bürokratieabbau in dieser Legislaturperiode die Wirtschaftsleistung in Deutschland um mehr als 30 Milliarden Euro oder 1,5 Prozent steigern. Das IW plädiert für einen „Bürokratie-Schnelltest“, welcher grob die Kosten abschätzen soll, die mit einem neuen Gesetz oder einer Verordnung auf die Wirtschaft zukommen. Während dieser Zeit müsse der Gesetzentwurf notfalls auf Eis liegen.

Kritischer äußert sich Karsten Stumm im „Manager-Magazin“. Die Reaktionen auf Merkels Rede seien eher verhalten ausgefallen. Stumm schreibt, die Kanzlerin habe nicht erklären können, was sie denn genau unter der „neuen sozialen Marktwirtschaft“ verstehe. Auf den Fluren, so fabuliert und spekuliert Stumm weiter, werde immer wieder an den ehemaligen Kanzler Schröder erinnert. Dieser habe bei seinem letzten Auftritt in Davos mit seiner „Agenda 2010“ wirklich Neues zu verkünden gehabt. Schröder habe es im Gegensatz zu Merkel verstanden, Deutschland als ein Land des Wandels und des Aufbruchs zu präsentieren und das Interesse der Investoren für Deutschland zu wecken.

Michael Müller, Wirtschaftssenator im Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW), mahnt zur Gelassenheit. „Schon in ihrer Regierungserklärung hatte Angela Merkel gesagt, sie wolle mehr Freiheit wagen. Dazu läßt sich noch kein abschließendes Urteil fällen, da die große Koalition das Feld der Arbeitsmarktpolitik, der Gesundheitspolitik und auch der Rentenpolitik bisher noch nicht betreten hat. So ist es sicher ein hehres Ziel, Deutschland in den kommenden zehn Jahren bei den Faktoren Wachstum, Beschäftigung und Innovationen unter die ersten drei Nationen in Europa zu führen. Andere Politiker haben ja auch schon die Halbierung der Arbeitslosigkeit versprochen. Die Bürger haben genug von solchen Versprechen und wollen mehr Taten sehen. Als Unternehmer schaut man eher auf Ergebnisse als auf Ziele. Bei den betrieblichen Bündnissen, beim Kündigungsschutz, bei den Dienstleistungen oder auch bei der Unternehmensbesteuerung ist der frische Wind der Freiheit noch nicht zu verspüren. Da weht bislang eher ein laues Lüftchen“, sagt Müller.

„Gehaltvoller Auftritt“ der Kanzlerin: Doch die Wirtschaft will Ergebnisse sehen. Foto: Reuters


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