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11.02.06 / Papierener Grabstein / Dokumentation erinnert an DDR-Opfer der Sowjetszeit

© Preußische Allgemeine Zeitung / 11. Februar 2006

Papierener Grabstein
Dokumentation erinnert an DDR-Opfer der Sowjetszeit

Erschossen in Mos-kau" ist ein Gedenkbuch, das in Zusammenarbeit mit "Memorial International" (Moskau), der "Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur" und dem "Historischen Forschungsinstitut Facts & Files" (beide Berlin) entstand. Es führt erstmals die Namen und Schicksale von 927 Deutschen auf, welche während der Jahre 1949 bis 1953 von sowjetischen Militärtribunalen in der DDR zum Tode verurteilt, dann in geheimen Transporten nach Moskau verschleppt und im dortigen Butyrka-Gefängnis hingerichtet worden ind; die Asche verscharrte man in Massengräbern auf dem nahen Friedhof Donskoje. Lediglich in einem von zehn Fällen wurde einem Gnadengesuche stattgegeben und die Strafe in 25 Jahre Arbeitslager umgewandelt ...

Betroffen waren Deutsche aller Berufs- und Altersklassen. Rund Unter den Gefangenen waren 100 Frauen. Fast ein Drittel sind als Jugendliche anzusehen, die sich durchweg aktiv gegen das SED-Regime gestellt hatten - wohl allzu oft in Unkenntnis der tödlichen Konsequenzen. Verurteilt wurden sie zumeist für das Verteilen von Flugblättern oder die bloße Kontaktaufnahme zu freiheitlichen Organisationen in West-Berlin.

Blättert man die vielen Seiten des Buches mit den Namen der Opfer durch, so fällt die überaus häufige Verurteilung wegen "Teilnahme an konterrevolutionärer Organisation" oder die Anmerkung "Spione" auf, ohne daß Einzelheiten genannt werden.

Der Verdacht von bloßer Denunziation oder reiner Willkür drängt sich geradezu auf; dies gilt um so mehr, als bei anderen Schicksalen durchaus Details genannt werden wie etwa Mitarbeit bei der russisch-antisowjetischen Organisation "NTS" oder bei einer Gruppe, die mit einem Störsender die Feier zu Stalins Geburtstag behinderte.

Entgegen einer weitverbreiteten Ansicht ergingen die Todesurteile nur sehr selten wegen angeblicher oder tatsächlicher Kriegsverbrechen vor 1945.

Über 50 Jahre lang blieben die Schicksale dieser Menschen unbekannt. Die Angehörigen erfuhren nichts von ihrem Verbleib, selbst von den Hinrichtungen wußten sie nichts!

Sinn des vorliegenden Buches ist es, diese Opfer aus der Namenlosigkeit zurück in das Bewußtsein der Überlebenden zu holen und ihnen "wenigstens einen papierenen Grabstein zu geben". F.-W. Schlomann

Arsenij Roginskij: "Erschossen in Moskau", Metropol-Verlag, Berlin 2005, 400 Seiten, 22 Euro


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