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18.02.06 / "Synthese aus Poesie und Intellekt" / Vor 150 Jahren starb Heinrich Heine - Sein Vaterland tut sich schwer mit dem Erbe des Dichters

© Preußische Allgemeine Zeitung / 18. Februar 2006

"Synthese aus Poesie und Intellekt"
Vor 150 Jahren starb Heinrich Heine - Sein Vaterland tut sich schwer mit dem Erbe des Dichters
von Ingolf Herrmann

Ich weiß wirklich nicht, ob ich es verdiene, daß man mir einst mit einem Lorbeerkranz den Sarg verziere", schrieb einer der bekanntesten deutschen Dichter, der auch schon zu Lebzeiten die Menschen polarisierte: Heinrich Heine (1797-1856). "Die Poesie, wie sehr ich sie auch liebte, war mir immer nur ein heiliges Spielzeug, oder geweihtes Mittel für himmlische Zwecke. Ich habe nie großen Wert gelegt auf Dichter-Ruhm, und ob man meine Lieder preiset oder tadelt, es kümmert mich wenig. Aber ein Schwert sollt ihr mir auf den Sarg legen; denn ich war ein braver Soldat im Befreiungskriege der Menschheit."

Formal und inhaltlich zeichnet sich Heines Werk durch eine ungeahnte Breite aus und läßt sich deshalb keiner eindeutigen literarischen Strömung zuordnen. Literaturwissenschaftler finden Elemente der Romantik, der Aufklärung, der Weimarer Klassik, des Realismus und des Symbolismus. Der Kritiker Marcel Reich-Ranicki lobte im eigens zum 150. Todesjahr des Dichters wieder angesetzten "Literarischen Quartett" (ZDF) die "Synthese aus Poesie und Intellekt", die Heine so neu, so genial, so modern macht. Er sei der erste freie Schriftsteller gewesen, allerdings der Not gehorchend, denn eine Anstellung habe er weder als Kaufmann noch als Jurist gefunden. Helmut Karasek sprach in der selben Sendung von einer "volkstümlichen Leichtigkeit" der Lyrik Heines, die auch durch die unzähligen Vertonungen unterstrichen würde. Heinrich Heine war vor allem ein politisch kritischer Autor des Vormärz. Er kannte Karl Marx, ohne jedoch seine politischen Vorstellungen bis ins Letzte zu teilen. So zitiert Otto A. Böhmer in seiner Heine-Biographie (Diogenes, 176 Seiten, brosch., 8,90 Euro) Heine: "Der unzeitige Triumph der Proletarier wäre ein Unglück für die Menschheit ..., indem sie, in ihrem blödsinnigen Gleichheitstaumel, alles was schön und erhaben ist auf dieser Erde, zerstören."

Heines spitze Feder war gefürchtet. Tatsächliche oder vermeintliche Gegner griff er hart an und schreckte vor keiner Polemik zurück. "Mit seinem Witz, seinem Sarkasmus, mit der Lust, sich auch an Gegnern zu reiben, von denen er wußte, daß sie ihm nicht gewachsen waren, machte er sich nicht nur Freunde", so Böhmer. "Der Dichter Heine war ein Künstler der Kritik, die er in Poesie umsetzte." Heute sind vor allem seine Gedichte wie das von der Loreley oder "Deutschland. Ein Wintermärchen" und seine Feuilletons wie "Die Harzreise" bekannt und beliebt.

Symptomatisch für den Streit um Heinrich Heine war der Streit um ein würdiges Denkmal für den Dichter in Deutschland. So wurden in der Zeit des Nationalsozialismus nicht nur die Bücher des getauften Juden Heine verbrannt, sondern auch das 1926 im Hamburger Stadtpark aufgestellte Heine-Denkmal, von Hugo Lederer 1914 geschaffen, 1933 vom Sockel geholt und 1943 zu Rüstungszwecken eingeschmolzen. Erst 1982 bekam die Hansestadt ein neues Heine-Denkmal, geschaffen von Waldemar Otto nach Ledererschem Vorbild. Es steht heute auf dem Hamburger Rathausmarkt.

Selbst in Heines Geburtstadt Düsseldorf gab es Streit um ein geplantes Denkmal. Und der begann schon Ende des 19. Jahrhunderts. 1887 regte der Dichter Paul Heyse die Errichtung eines Denkmals für Heine an, unterstützt von Kaiserin Elisabeth von Österreich. "Sisi" war eine glühende Verehrerin Heines und förderte das Vorhaben nach Kräften. Der von Ernst Herter geschaffene Loreley-Brunnen fand jedoch nicht in Düsseldorf Aufstellung, sondern wurde nach New York verkauft, wo er 1899 in der Bronx errichtet wurde.

Sisi aber ließ sich nicht entmutigen und beauftragte den dänischen Bildhauer Hasselrjis, der übrigens später auch das Grabmal Heines auf dem Pariser Friedhof Montmartre schuf, ein Denkmal für den Dichter zu entwerfen. Als die Kaiserin 1891 der Stadt Hamburg den marmornen Heine zum Geschenk anbot, erhielt sie einen Korb. Der ungeliebte Dichter fand schließlich auf der Insel Korfu eine Heimstatt. Dort auf dem Sommersitz "Achilleion" stellte Sisi ihren Heinrich auf und ließ ihn aufs Meer blicken - bis 1907, dann übernahm der deutsche Kaiser Wilhelm das Anwesen und entfernte das Denkmal des Mannes, den er als "Schmutzfink im deutschen Dichterwald" bezeichnete. Der Sohn des Heine-Verlegers Campe kaufte die Plastik und ließ sie nach Hamburg verfrachten. Dort fand sie nur unter schwierigsten Bedingungen Aufstellung, zuletzt im damals noch nicht zu Hamburg, sondern zu Preußen gehörenden Altona. 1939 nahmen die Erben ihren Heine kurzerhand mit nach Frankreich, wo er heute noch in Toulon zu sehen ist. Der Hamburger Schauspieler Christian Quadflieg bemüht sich jedoch schon seit längerem, diesen Heine nach Hamburg zurückzuholen. Daß ihm dies bis zum 150. Todestag am 17. Februar gelingen wird, scheint ihm ob der immer wieder auftretenden Widerstände allerdings ungewiß.

Auch Düsseldorf hat mit seinem Gedenken an den toten Dichter zu kämpfen. So konnte die geplante Benennung der Düsseldorfer Universität nach dem bedeutendsten Dichter erst nach einem 20 Jahre währenden Streit zu Beginn der 1980er Jahre vorgenommen werden. Neben der Heinrich-Heine-Universität gibt es nun seit 1994 vor der Universitätsbibliothek eine Heine-Statuette, die nach Lederers Modell entworfen wurde, und seit 1993 einen Heine-Stein auf dem Campus.

Aufsehen erregte auch die Diskussion um das Heine-Denkmal, das zum 125. Geburtstag des Dichters in Düsseldorf aufgestellt werden sollte. Eine Privatinitiative, der Klub der "Düsseldorfer Jonges", hatte eine Arbeit des Bildhauers Arno Breker vorgeschlagen, der bereits 1931 bei einem Wettbewerb den zweiten Platz für seinen Entwurf errungen hatte und darüber hinaus selbst seit langen Jahren in Düsseldorf lebte. Der Vorschlag wurde abgeschmettert, da Breker als "Nazibildhauer" vorbelastet sei. Das Rennen machte schließlich eine Arbeit von Bert Gerresheim, der mittels der Totenmaske des Dichters eine bizarre Gesichtslandschaft gestaltete.

Heine selbst hätte ob der Narreteien um seinen Nachruhm und über den Wirbel, der um seine Person 150 Jahre nach seinem Tod gemacht wird, sicher gelächelt.

Heine schreckte vor keiner Polemik zurück

Arno Breker: Skizze für die Skulptur "Der junge Dichter Heinrich Heine", Paris 1930 Foto: Osman


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