18.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
25.02.06 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / 25. Februar 2006

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied und Familienfreunde,

immer wieder betone ich, daß unsere Ostpreußische Familie keine speziell auf Vermißtensuche konzipierte Einrichtung ist, sondern sich erst dann mit diesen Fragen beschäftigt, wenn die darauf spezialisierten Suchstellen nicht weiterhelfen können. Wir haben das Privileg, daß wir durch die Breitenstreuung unserer Zeitung einen großen Leserkreis in aller Welt erfassen und damit die Zeitzeugen direkt ansprechen, die für eine Nachforschung wichtig sind: Verwandte, Nachbarn, Freunde, Kollegen und Kameraden. Bei vielen Suchfragen handelt es sich nicht um ostpreußische Landsleute und deren Nachkommen, sondern um Vermißte oder Verlorene, die damals in unserer Heimat lebten oder die von dort ein letztes Lebenszeichen gaben. Da aber unsere Zeitung auch zunehmend von Lesern bezogen wird, die keinerlei Verbindung zu Ostpreußen haben, erweitert sich der Fragekreis ständig. Das bewirkt die enorme Hilfsbereitschaft innerhalb unserer Ostpreußischen Familie, die sich auch dann um Lösungen bemüht, wenn der einzelne persönlich nichts dazu beitragen kann. Das wird auch von den Institutionen anerkannt, deren Haupttätigkeit in der Vermißtensuche liegt. Eine davon ist der Kirchliche Suchdienst (KSD), der kürzlich auf 60 Jahre erfolgreiche Aufklärungsarbeit zurückblicken konnte und dem sehr an einer weiteren Zusammenarbeit mit uns gelegen ist.

Uns natürlich auch, und so wollen wir heute einmal ausführlich erklären, was der Kirchliche Suchdienst ist, was er leistet und bereits geleistet hat. Vor allem werden sich unsere neuen Leserinnen und Leser für eine eingehende Information interessieren, denn ich merke immer wieder, wieviel Unsicherheit und Unkenntnis gerade unter diesen vorhanden ist, die zumeist der Nachfolgegeneration angehören und denen keinerlei Wissen über die Heimat ihrer Vorfahren vermittelt wurde, aus welchen Gründen auch immer. Manchmal sind sie auch die Letzten ihrer Familie, haben keinerlei Verwandte und Bekannte mehr, wollen aber wissen, was aus ihren vermißten Angehörigen geworden ist. Und es gibt Ältere, die durch die so gravierenden Ereignisse aus ihrer Kindheit bisher blockiert waren und sich erst jetzt um eine Aufklärung bemühen. Noch ist es nicht zu spät, noch leben viele Zeugen, aber die Zeit läuft weiter mit Siebenmeilenstiefeln. Ich selber habe es gerade sichtbar zu spüren bekommen mit der Zahl 90 auf den vielen, vielen Gratulationen zu meinem Geburtstag und da - während ich diese Zeilen schreibe - noch immer Glückwünsche eintreffen, werde ich mit meinem Dankeschön noch etwas warten! Dann aber mit einem ganz großen!

Doch nun zu unserem Hauptthema, dem Kirchlichen Suchdienst, der unmittelbar nach Kriegsende von Caritas und Diakonie gegründet wurde, und dem es in 60jähriger unermüdlicher Arbeit gelang, Millionen vermißte Menschen ausfindig zu machen. Was damals mit handgeschriebenen Karteikarten begann, hat sich im Laufe der Jahrzehnte zu einer Art von modernem Einwohnermeldeamt der Ost- und Vertreibungsgebiete entwickelt. Dank moderner Computertechnologie und der gespeicherten Daten von über 20 Millionen Menschen können jährlich über 20000 Auskünfte von den 60 Mitarbeitern in den Standorten Stuttgart und Passau erteilt werden. Die Unterlagen enthalten neben den Personendaten auch Informationen zum Schicksalsweg, zu Angehörigen und zum Wohnsitz vor und nach dem Zweiten Weltkrieg. In den Archiven dieses Suchdienstes werden mehr als 135000 Feldpostbriefe sowie die Post von Kriegsgefangenen aufbewahrt. Die Daten werden regelmäßig aktualisiert. Neben der unmittelbaren Personensuche stehen heute vor allem Auskünfte in behördlichen Angelegenheiten im Vordergrund der Anfragen. Die Tendenz - die wir ja auch, wie schon erwähnt, zu verzeichnen haben - zeigt, daß sich immer mehr jüngere Leute an den Kirchlichen Suchdienst wenden, und gerade sie bedienen sich der neuen Kommunikationsmöglichkeiten. Wer die Internetseite des Suchdienstes öffnet, ist erstaunt, wie modern und effizient sich diese Institution präsentiert und arbeitet. Darauf und auf der Kompetenz und dem Engagement der Mitarbeiter beruhen die Erfolge, von denen auch viele Ostpreußen berichten können und noch werden. Hier die Angaben für Interessenten aus unserm Leserkreis: Kirchlicher Suchdienst, HOK-Zentrum Stuttgart, Rosenbergstraße 52 B in 70176 Stuttgart, Telefon (07 11) 9 93 64 45, Fax (07 11) 6 36 80 07, E-Mail: georg@kirchlicher-suchdienst.de, Internet: www.kirchlicher-suchdienst.de.

Ja, und nun zu uns, den schwierigen und bisher nicht gelösten Fällen, die sich erst dann aufrollen lassen, wenn man die damaligen Umstände und das Umfeld der betreffenden Personen so breit wie möglich auffächert. So hat auch Dorothea Braunger nur vage Erinnerungen an ihre frühe Kindheit, an Mutter und Großeltern, die sie 1945 in Königsberg verlor - da war die kleine Dorothea Czichoschewski noch nicht einmal sechs Jahre alt. Sie wohnte mit ihrer Mutter Lisbeth Czichoschewski, * 15. April 1917, bei deren Eltern Rosine und Albert Czioschewski in der Sternwartstraße 7. Die Mutter war im Gemüsegeschäft Kammer im Steindamm, später am ebenfalls dort gelegenen Milchladen Lörke tätig. Vielleicht erinnern sich noch ehemalige Mitarbeiter oder Kunden an die junge Frau, auch Nachbarn aus der Sternwartstraße. Von der weiteren Verwandtschaft ist Dorothea noch ihre Tante Charlotte Behrens, geborene Czichoschewski, * 1908, in Erinnerung, die in der Kaporner Straße in Rathshof wohnte und bei der Vereinsbank beschäftigt war. Großmutter Rosine hatte mehrere Schwestern, die älteste, Berta, lebte in Labiau, hatte mit ihrem Ehemann Franz eine Tochter. Dorothea verlebte bei ihnen ihren letzten Heimatsommer. Eine andere Schwester wurde "Schwill" genannt - war es ihr Ehename? -, und eine weitere, Marie Lyhs, lebte in Berlin. Weitere Angaben kann Frau Braunger leider nicht machen. "Ob sich von den Jüngeren noch jemand erinnert?" fragt sie und fügt fast resignierend hinzu "Wahrscheinlich nicht, es ist ja nun alles so lange her." Aber sie bedankt sich schon einmal, ob mit oder ohne Erfolg. Hoffen wir auf "mit" (Dorothea Braunger, Wiggenhauser Weg 21 in 88046 Friedrichshafen, Telefon 0 75 41 / 5 31 96).

Jahrzehntelange Bemühungen, etwas über das Schicksal seines Vaters Kurt Doerfer zu erfahren, führten für Horst Doerfer aus Nordheim zu keinem Erfolg. Jetzt hofft der Sohn wenigstens um eine kleine Aufhellung des Geschehens in den wahrscheinlich letzten Lebenstagen seines Vaters im Februar 1945 durch unsere Ostpreußische Familie. Aber ich will und kann Herrn Doerfer da keine Hoffnungen machen, denn es müßte schon wirklich ein Zufall sein, wenn auf diese Suchfrage eine positive Antwort käme. Der Landwirt Kurt Doerfer aus Storchenfelde (Gandrinnen), Kreis Insterburg ging Anfang Januar 1945 gemeinsam mit seiner Ehefrau, den jüngeren Kindern und einem auf dem Hof beschäftigten Franzosen auf die Flucht. Sie kamen nicht weit, denn die Pferde wurden beschlagnahmt, und der Zustand des leidenden Vaters verschlechterte sich so, daß seine Frau ihn in ein Lazarett einliefern mußte. Somit trennten sich die Wege. Während sich Mutter und Kinder, auch die bereits zur Wehrmacht eingezogenen Söhne, nach dem Krieg in Schleswig-Holstein zusammen fanden, blieb das Schicksal von Kurt Doerfer ungeklärt. Das letzte Lebenszeichen war ein Ende Februar / Anfang März aufgegebenes Telegramm an eine Berliner Bezugsadresse, in dem der Vater mitteilte, daß er sich in einem Krankenhaus befinde und nach seiner Familie suche. Alle begehbaren Wege, etwas über den Verbleib von Kurt Doerfer zu erfahren, führten ins Nirgendwo. Bis heute. Nun bekam Kurt Doerfer von dem Heimatforscher Alfred Warschat einen Hinweis, der vielleicht weiterführen könnte. Nach seinen Unterlagen befand sich am 23. Februar 1945 ein Kurt Doerfer aus Gandrinnen bei Jodlauken im Krankenhaus Schroeder in Heiligenbeil. Das Alter ist mit 50 bis 55 Jahre angegeben, stimmt also mit dem des Gesuchten (* 04. November 1895) überein. Es handelt sich somit zweifellos um den vermißten Vater. Jetzt also die Fragen, die vielleicht Klärung bringen könnten: Wer war ebenfalls in dem Krankenhaus Schroeder in Heiligenbeil? Wer erinnert sich an Kurt Doerfer und kann etwas über seinen weiteren Verbleib aussagen oder wenigstens vermuten? Wohin wurden die Kranken und Verwundeten gebracht, als der Russe die Stadt einnahm? Jeder kleinste Hinweis wäre für seine Hinterbliebenen wichtig (Horst Doerfer, Allensteiner Straße 11 in 74226 Nordheim, Telefon 0 71 33 / 71 67).

Welche Energie und Beharrlichkeit familienbewußte Menschen aufbringen, um möglichst einen lückenlosen Stammbaum ihrer Sippe aufzustellen - das ist schon bewundernswert. Zumal die Suche bei uns Vertriebenen besonders schwierig ist, weil viele Urkunden fehlen und nur schwer und zeitaufwendig zu beschaffen sind. So hat auch unser "Neuleser" Dietmar Jendreyzik aus Köln inzwischen über 1200 Datensätze in elf Generationen zusammen, eine stolze Leistung! Aber da ist noch eine Lücke: bei einem Großonkel bekommt er "kein Bein auf die Erde". Es handelt sich um den Schmiedemeister Hermann Jendreizik, * 7. Januar 1892 in Lindendorf, Kreis Sensburg. Dieser hat in Heydekrug (Memelland) gewohnt und war mit einer Gewerbelehrerin, einer geborenen Buttermilch, verheiratet. Das Paar hatte wahrscheinlich zwei Söhne, die Ehe wurde geschieden. Hermann Jendreizik soll noch vor dem Zweiten Weltkrieg in einen Ort in der Provinz Brandenburg gezogen sein. Da dieser unbekannt ist, sind die Nachforschungen natürlich schwierig. Aber da sind die Namen, die doch recht selten sind. Bei "Jendreizik" gibt es verschiedene Schreibvarianten - wie schon allein aus den Namen des Schreibers und des gesuchten Großonkels ersichtlich -, aber trotz der Unterschiedlichkeit können doch vielfach gemeinsame Vorfahren nachgewiesen werden, wie Dietmer J. festgestellt hat. Er würde sich deshalb über jede Reaktion von anderen Namensträgern freuen. Und dann ist da noch der sehr auffällige Mädchenname der geschiedenen Ehefrau: Buttermilch! Vielleicht gibt es Verwandte der Gewerbelehrerin, vor allem Nachkommen der Söhne des Ehepaares? Lieber Herr Jendreyzik, wenn sich auch diese Lücke schließen ließe, dann könnte man nur gratulieren (Dietmar Jendreyzik, Georg-Kaiser-Straße 3 in 50829 Köln, Telefon 02 21 / 50 14 44, E-Mail: dietmar@jendreyzik. de, Internet: www.jendreyzik.de/ dietmar)!

Ebenso glaubt unsere Leserin Adelheid Eixchhoff, über eventuelle Namensträger in ihrer Familienforschung weiterzukommen, und auch hier handelt sich um seltene Namen: Piaskowski und Kilwinski. Der Großvater ihres Mannes war Adolf Gustav Theodor Kilwinski, * 8. August 1881 in Bromberg. Dessen Eltern waren August Ludwig Kilwinski, * 1852 in Nieder-Zehren, Kreis Marienwerder - laut Ahnenpaß "durch Abstimmung Preuße" - und Emilie geborene Piaskowski, * 1852 in Marienfelde. Deren Vater Gottfried Piaskowski soll laut Familiensaga "in seinen Wäldern verschollen und vermutlich aus politischen Gründen von Polen ermordet worden sein". Seine Frau Elisabeth Charlotte war eine geborene Meifert. Daten sind hier nicht bekannt. Gefragt sind also in erster Linie Träger der erwähnten Namen westpreußischer Herkunft (Adelheid Eixchhoff, Fischbeker Winkel 5 in 21149 Hamburg, Telefon 0 40 / 7 01 34 08, E-Mail: scalarei@aol.com).

Oft wird lange Jahre nach der Veröffentlichung eines Beitrages in unserer Zeitung nach den dort enthaltenen Namen gefragt, und eine Beantwortung ist zumeist sehr schwierig, da diese damals noch nicht elektronisch gespeichert wurden. Wenn dann noch hinzukommt, daß die betreffenden Namen auch nicht in unserer Bezieherkartei vorkommen, hilft nur noch eine Suchfrage in unserer Ostpreußischen Familie. Vor vier Jahren veröffentlichte ich den Beitrag einer damals schon sehr betagten Gelsenkirchnerin, Maria Oberzier. Es handelte sich um Erinnerungen aus ihrer Jugendzeit "Masuren - nie vergessen / Beeindruckende und prägende Kinderjahre in Ostpreußen". In ihnen kam der masurische Familienname "Trynogga" vor. Nun meldete sich Herr David Trynogga, der ebenfalls aus der Umgebung von Gelsenkirchen stammt, in der Hoffnung, hier auf Verwandte zu stoßen. Ich reiche seine Anfrage also an die Familie von Maria Oberzier und an weitere Träger des Namens Trynogga weiter (David Trynogga, Worringer Straße 68 in 40211 Düsseldorf, Telefon 02 11 / 1 65 99 43).

Eure Ruth Geede

KSD-Mitarbeiterin im Archiv der Kriegsgefangenenpost: Die Poststücke sind nach den ehemaligen Heimatwohnorten der Empfänger namentlich sortiert. Foto: KSD


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren