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25.02.06 / Die ätherischen Öle waren sein Metier / Vor 75 Jahren starb der aus Königsberg stammende Nobelpreisträger für Chemie Otto Wallach

© Preußische Allgemeine Zeitung / 25. Februar 2006

Die ätherischen Öle waren sein Metier
Vor 75 Jahren starb der aus Königsberg stammende Nobelpreisträger für Chemie Otto Wallach
von Hans-Ulrich Stamm

Ätherische Öle sind flüchtige, stark riechende Öle, wie sie sich hauptsächlich in Pflanzenteilen, beispielsweise in Blättern, Blüten oder Samen vorfinden. Verwendet werden sie bei der Herstellung von Getränken, Duftstoffen und Mitteln zur Schönheitspflege", sagt das Lexikon. Daß diese Stoffe erforscht und insbesondere der Damenwelt nutzbar gemacht wurden, verdankt die Welt einem Ostpreußen: Otto Wallach. In Königsberg kam er am 27. März 1847 zur Welt. 1910 wurde er für seine Forschungsarbeiten mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet.

Wallach entstammte einer Beamtenfamilie. Der Vater war bei Ottos Geburt Oberregierungsrat in Königsberg, die Mutter, eine geborene Thoma, die Tochter des Gumbinner Regierungspräsidenten. Der Vater wurde später als Regierungsvizepräsident nach Stettin und von dort an die Oberrechnungskammer nach Potsdam versetzt, wo Otto Wallach die Schule besuchte. In den oberen Klassen des Gymnasiums begann er, sich mit Literatur und Kunstgeschichte zu beschäftigen, zwei Gebieten, die er auch später stets als "befreiende Sphäre" gegenüber den Anforderungen des Berufs empfand. Gleichzeitig wurde er durch einen älteren Schulkameraden an chemische Experimente herangeführt, die bestimmend für seine Berufswahl und damit für sein ganzes Leben werden sollten. Nach dem Abitur im Frühjahr 1867 setzte er dem Vater gegenüber das Chemiestudium durch und begann es in Göttingen, wo der berühmte Friedrich Wöhler zu seinen Lehrern gehörte. Bereits nach fünf Semestern erfolgte Otto Wallachs Promotion, als er gerade zweiundzwanzigeinhalb Jahre alt war.

Nach kurzer Tätigkeit als Privatassistent ging Wallach im Mai 1870 als Assistent nach Bonn. Bei Ausbruch des Deutsch-Französischen Krieges meldete er sich freiwillig, wurde aber nicht angenommen und schloß sich deshalb einer Hilfsexpedition ins besetzte Frankreich an.

Das Jahr 1871 sah ihn als Chemiker bei der gerade gegründeten Anilinfarbenfabrik (Agfa) in Berlin. Aus gesundheitlichen Gründen löste er seinen Vertrag bald wieder und ging nach Bonn zurück, wo er die 17 schönsten Jahre seines Lebens verbringen sollte. 1876 erfolgte die Ernennung zum außerordentlichen Professor, 1879 fiel ihm die Aufgabe zu, pharmazeutische Vorlesungen zu halten. Dabei lernte er das Gebiet der ätherischen Pflanzen näher kennen, das fortan zu seiner Lebensaufgabe werden sollte.

Das noch in Bonn für die Erforschung dieses Gebietes aufgestellte Programm wurde weitgehend in Göttingen verwirklicht, wohin man Wallach 1889 auf den Lehrstuhl seines großen Lehrers Wöhler berufen hatte. In Göttingen nahm er auch Stellung zu praktischen Fragen des Universitätsunterrichts. So setzte er sich dafür ein, ein eigenständiges Institut für Physikalische Chemie zu schaffen und den Unterricht in anorganischer Chemie weiter auszubauen. 1901 wurde dafür ein neuer Lehrstuhl in Göttingen geschaffen. Im Auftrag der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften gab Wallach ferner den Briefwechsel zwischen Berzelius und Wöhler heraus, um junge Chemiker anzuregen, wichtige Forschungsarbeiten bis in ihre Anfänge zurück zu verfolgen. Auch sonst entfaltete er eine reiche fachliterarische Tätigkeit.

Die Verleihung des Nobelpreises für Chemie im Jahre 1910 war die Krönung der Arbeit Otto Wallachs. Schon vorher aber hatte - anläßlich der Vollendung des 60. Lebensjahres 1907 - eine Flut von Ehrungen in Form von Ehrenmitgliedschaften und Orden eingesetzt, zu denen sich auch vier Ehrendoktorhüte der Hochschulen von Frankfurt, Leipzig, Braunschweig und Manchester gesellten - einige Arbeiten hatte Wallach gemeinsam mit englischen Chemikern veröffentlicht.

Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges traf Otto Wallach hart: Im Ersten Krieg fielen alle seine sechs Assistenten. Er selbst wurde von der Liste der Ehrenmitglieder der britischen Chemical Society gestrichen. Auch nach Kriegsende nahmen seine englischen Kollegen die Beziehungen zu ihm nicht wieder auf.

Im Herbst 1915 ließ Wallach sich, 68jährig, emeritieren, übernahm aber das Dekanat und auch die Redaktion der "Annalen Chemie". Die wenige Jahre später einsetzende Inflation raubte ihm sein Vermögen und nahm ihm damit auch weitgehend die Möglichkeit zu großen Reisen, die er so geliebt hatte. Im Herbst 1930 erkrankte er schwer und erlag am 26. Februar 1931 einem Schlaganfall. Otto Wallach fand seine letzte Ruhestätte in Göttingen, wo er seit 1889 gewirkt hatte.

Er war in vielerlei Hinsicht ein vom Krieg Gebeutelter

Otto Wallach: Im Jahre 1910 erhielt er den Nobelpreis. Foto: Archiv


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