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15.04.06 / Ein Stiller im Lande / Zum 100. Geburtstag

© Preußische Allgemeine Zeitung / 15. April 2006

Ein Stiller im Lande
Zum 100. Geburtstag von Otto Drengwitz

Ich komme von der Bildhauerei einfach nicht los", hat Otto Drengwitz noch im hohen Alter von 85 Jahren bekannt. Und bis zuletzt hat der Ostpreuße sich seiner Kunst gewidmet, ist von seiner Wohnung in Berlin-Neukölln nach Kreuzberg gefahren, wo er im zweiten Hinterhof eines Mietshauses ein einfaches Atelier hatte. Es gab dort keinen Strom, kein Licht; aber der Ostpreuße arbeitete ohnehin am liebsten bei Tageslicht. Dort in seinem Atelier entstanden seine Plastiken und Zeichnungen. Darstellungen von Frauen, Porträts, Reliefs, im Alter auch abstrakte Motive hatten es Otto Drengwitz angetan. Der Künstler, der sich immer der klaren Form verpflichtet fühlte, war ein Stiller im Lande, seine Arbeiten waren nicht in den schicken Galerien Berlins zu finden; er verkaufte sie an Bekannte, und mancher Kunstfreund wurde erst durch Mundpropaganda auf den Ostpreußen aufmerksam.

Geboren wurde Otto Drengwitz am 19. April 1906 in Georgenburg, Kreis Insterburg. Dort ließ er sich von 1923 bis 1926 bei Alfred Jorende zum Holzbildhauer ausbilden. Dann aber ging er nach Königsberg an die Kunstakademie, wo er als Meisterschüler bei Professor Stanislaus Cauer seine Ausbildung vertiefte. Von 1930 bis 1938 arbeitete er als freischaffender Bildhauer in Insterburg - ebenso wie sein zwei Jahre älterer Bruder Erich, der nach dem Krieg als Maler und Graphiker in Düsseldorf wirkte. In Ostpreußen entstanden viele Bildwerke, die allerdings im Zweiten Weltkrieg vermutlich ein Opfer der Zerstörung wurden: ein "Christopheros" für Goldap, ein Sämann für Insterburg, Bildnisköpfe, die 1928 in der Kunstakademie Königsberg ausgestellt wurden, eine "Stillende Mutter", die 1935 in der Kunsthalle am Wrangelturm zu sehen war.

1938 wurde Otto Drengwitz zum Militär eingezogen. Erst zehn Jahre später kehrte er aus der Kriegsgefangenschaft zurück - nicht in die Heimat Ostpreußen, sondern nach Berlin. Dort mußte er wie so viele seiner vertriebenen Landsleute eine neue Existenz aufbauen. Auftragsarbeiten des Kunstamtes Neukölln im Rahmen der "Künstler-Nothilfe" halfen aus den ersten Schwierigkeiten. Es entstanden Bronze-Porträts lokaler Persönlichkeiten, die heute im Heimatmuseum Neukölln noch zu sehen sind. Auch arbeitete Drengwitz sechs Monate mit an einem der Kenotaphreliefs des Sowjetischen Ehrenmals in Treptow; das Motiv war vorgegeben, so daß Drengwitz diesen Entwurf lediglich in Stein umzusetzen hatte. Für die Deutsche Oper schuf er die Möbeldekoration für eine Aufführung des "Rosenkavalier". Auch beteiligte er sich regelmäßig an der "Freien Berliner Kunstausstellung" unterm Funkturm. Am 18. Januar 1997 ist der Ostpreuße von dieser Welt abberufen worden - in aller Stille, so wie er gelebt und gearbeitet hat. Sein Nachlaß wird heute von seiner Nichte Hella Leuchert-Altena verwaltet. Os

Otto Drengwitz Foto: privat


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