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15.04.06 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / 15. April 2006

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied, liebe Familienfreunde,

Ostern, das liebliche Fest, ist nun endlich gekommen, und der Osterhase kann seine Eier zwischen den Frühlingsblumen verstecken, deren späte Blüte allgemein beklagt wird - na ja, wir alten Ostpreußen waren es ja gewohnt, daß der Frühling bei uns seinen eigenen Kalender hatte. Er kam spät, aber wenn er dann kam, brach die Blütenfülle fast über Nacht herein - man denke nur an die blauen Teppiche von Leberblümchen in den noch lichten Laubwäldern. Und am Karfreitag kam die erste Sauerampfersupp' auf den Tisch - die muß ich noch heute kochen, denn Familie und Freunde jiepern danach.

Ja, und meine Ostpreußische Familie jiepert nach schönen Geschichten mit Erfolgen. Die pflegte ich sonst zu Ostern als gesammelte "Überraschungseier" zu präsentieren, aber ich habe in den letzten Folgen schon so viele gebracht, daß ich von diesem Osterrezept abweichen muß. Daß heißt nicht, daß mein Krepsch leer ist, im Gegenteil, und ein paar positive Ergebnisse will ich doch bringen, aber es müssen auch neue Fragen gestellt werden, damit sie nicht ablagern. Und so wird es wohl ein buntes Osterkörbchen, das ich schnell füllen will.

Da ist ein Dankesbrief von Dirk Oelmann aus Oranienburg, der nach seinen Verwandten, vor allem nach Paul und Werner Kreft aus Danzig suchte. Er kann eine ganze Reihe von Informationen auflisten, die er erhalten hat, zumeist über Paul Kreft, * 1893 in Wertheim / Westpreußen. Der vom damaligen Regime Verfolgte verstarb am 10. Dezember 1944 auf der Burg Vaihingen, genannt Schloß Kaltenstein. Sein Name steht auf dem Ehrenmal, das 1949 für die hier bestatteten 27 Opfer an der Ringmauer errichtet wurde. Herr Oelmann bekam hierzu einen Auszug aus einer Veröffentlichung über die Geschichte von Burg Vaihingen, in der besonders das historische Umfeld beleuchtet wird, und die auch eine Abbildung der Gedenkstätte enthält. Außerdem erhielt er zu Paul Kreft noch viele weitere Informationen wie Zeitungsausschnitte und Belege über den Aufenthalt des im Ersten Weltkrieg Verwundeten in mehreren Lazaretten sowie ein Foto, das Paul Kreft zeigen soll. Zu Werner Kreft kamen nicht so viele Zuschriften, aber immerhin konnte Herr Oelmann das Geburtsdatum seines Verwandten erfahren, der das letzte Mal im Herbst / Winter 1944 am Bahnhof Schulitz bei Bromberg gesehen wurde, wo auch dessen Familie wohnte. Noch spärlicher waren die Spuren, die zu der Familie Krebs aus Süßenberg führen sollten. Dort besaßen die Großeltern von Herrn Oelmann, Robert und Hedwig Krebs, einen Bauernhof, von dem nur noch ein paar Steine und ein Apfelbaum geblieben sind, wie der Enkel bei einem Besuch feststellen mußte. Immerhin bekam er einige Informationen vor allem zu Großmutter Hedwig, eine geborene Kulbarsch aus Bleichenfahrt, auch ein entfernter Verwandter wurde gefunden, aber leider konnte der sich nicht mehr an Einzelheiten erinnern. Joa, joa, de Tied leppt ... die Zeit läuft - leider! Aber immerhin habe ich über die Fülle von Zuschriften gestaunt, die Herr Oelmann erhalten hat. Das ist ja nicht immer so. Und manchmal ist es leider auch zu spät ...

Wie mir Herr Werner Hübschen mitteilen mußte, der nach der ehemaligen Rot-Kreuz-Schwester Hildegard Faesel suchte, mit der er als Sanitäter zuletzt in einem Lazarett in Bederkesa zusammen gearbeitet hatte. Zuletzt: Das war im November 1945! Nach 60 Jahren hatte Herr Hübschen die Kameradin von einst nicht vergessen und immer über ihr Schicksal nachgedacht, denn die aus Tilsit stammende, in Ebenrode geborene Ostpreußin konnte ja nicht in ihre Heimat zurück. Ach, hätte sich Herr Hübschen doch nur eher an uns gewandt, wenigstens nur ein paar Monate früher, denn die Gesuchte ist am 19. September vergangenen Jahres verstorben. Genau ein Vierteljahr später hatte Herr Hübschen seinen Brief geschrieben! Das ist schmerzlich, auch für mich, denn ich hatte in unserer Familienkolumne geschrieben: "Es ist durchaus möglich, daß die Gesuchte noch lebt und diesen Suchwunsch liest, das wäre eine Überraschung für Herrn Hübschen ..." Und zuerst war es auch eine sehr erfreuliche, denn er erhielt aus unserm Familienkreis die Anschrift eines Halbbruders der Gesuchten, der ihm dann leider ihr Ableben mitteilen mußte. "Das schmerzte sehr", schreibt Herr Hübschen. "Sie war verheiratet und lebte mit ihrer Familie in Bremerhaven. So habe ich aber wenigstens die Gewißheit, daß sie bis kurz vor ihrem 83. Geburtstag ihr Leben leben konnte - ein kleiner Trost für mich. Meinen innigsten Dank für Ihre große Mithilfe bei einer schier aussichtslosen Suche nach einem Menschen, von dem ich 60 Jahre lang nichts wußte ..."

Immer wieder tauchen alte Fotos auf, die jahrzehntelang in Alben und Schubladen aufbewahrt wurden und die jetzt einen großen Erinnerungswert haben. Nicht nur für diejenigen, die darauf abgebildet sind, sondern auch für deren Familien. Das gilt besonders für die Vertriebenen, die keine oder nur wenige Bilder aus alten Zeiten besitzen. So übersandte uns Herr Günter Scholz aus Hannover ein Foto, von dem er glaubt, daß es vielleicht die Familien der beiden Soldaten interessieren könnte, die auf ihm abgebildet sind. Das Foto entstand, als der kleine Günter Scholz mit Mutter und Schwestern auf der Flucht aus Schlesien bei Verwandten in Radmeritz unterkam. Die Soldaten waren bei dieser Familie einquartiert. Sie stammten beide aus Ostpreußen und waren damals im April 1945 sehr in Sorge um ihre Angehörigen, weil sie von ihnen keine Nachrichten hatten. Die Namen sind Herrn Scholz noch geläufig: Kontroschowitz und Wicoreck. "Es waren sehr anständige Jungen mit besten Manieren", erinnert sich Günter Scholz (Gartenheimstraße 32 A in 30659 Hannover 51).

Frühlingsfrohe Ostertage und ein fleißiges "Hoaske-Poaske" (so hieß der Osterhase bei uns in sehr, sehr alten Zeiten!) wünscht

Eure Ruth Geede

Günter Scholz (ganz vorne in der Mitte) mit Mutter und Schwestern auf der Flucht aus Schlesien bei Verwandten in Radmeritz, umrahmt von den ostpreußischen Soldaten Kontroschowitz (links) und Wicoreck (rechts)


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