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06.05.06 / Jenseits von Sanssouci / Potsdam hat mehr zu bieten als nur Schlösser - das Militär hinterließ zahlreiche, auch kulturell interessante Spuren

© Preußische Allgemeine Zeitung / 06. Mai 2006

Jenseits von Sanssouci
Potsdam hat mehr zu bieten als nur Schlösser - das Militär hinterließ zahlreiche, auch kulturell interessante Spuren
von Rebecca Bellano

Sommerzeit ist Reisezeit und so werden zahlreiche Berlinurlauber auch mindestens einen Tag für Potsdam und seine Schlösser einplanen. Doch Potsdam besteht nicht nur aus Schlössern, die brandenburgische Hauptstadt war nicht nur Residenzstadt Preußens, sondern auch Sitz des preußischen Militärs.

Nun mag so mancher fragen, warum ein an Kultur interessierter Tourist sich mit Potsdams Militärgeschichte auseinandersetzen sollte, doch wer sich wirklich mit preußischer Vergangenheit beschäftigt, der darf keinen Bogen um diesen wichtigen Aspekt des preußischen Staates machen. Dabei sind in Potsdam viele militärische Spuren auszumachen, die keineswegs mit der Preußen stets nachgesagten Kriegslüsternheit zu tun haben, nein, in Potsdam ist vieles Militärisches häufig auch eng mit Kulturellem verknüpft.

Seit 1713 beherbergt Potsdam Soldaten in seinen Mauern, wobei keineswegs nur die preußische Armee, sondern auch die Wehrmacht, die Rote Armee, die Nationale Volksarmee und die Bundeswehr die Stadt vor den Toren Berlins als Standort wählten. Zahlreiche heute sehr unterschiedlich genutzte Kasernen zeugen von diesen Zeiten.

Im 18. Jahrhundert jedoch, als in Potsdam Friedrich Wilhelm I. entschied, die Stadt in ihrer Bedeutung mehr als Garnisonstadt, denn als Residenzstadt zu nutzen, wurden die Soldaten noch unentgeltlich in Bürgerquartieren untergebracht. Für sie setzte Friedrich Wilhelm I. von 1722 bis 1725 eine Stadterweiterung durch. Der Soldatenkönig bestimmte, daß die Soldatenstube in den Privathäusern ebenerdig liegen und über den Hausflur erreichbar sein sollte, damit bei Alarm ein schnelles Verlassen des Hauses möglich war. Dabei teilten sich meistens zwischen vier und sechs gewöhnliche Soldaten eine etwa 20 Quadratmeter große Stube. Derlei Vorgaben prägten natürlich die Bauweise der Häuser maßgeblich.

Während Potsdam 1713 nur knapp 1500 Einwohner zählte, von denen 150 dem Soldatenstand angehörten, waren es 1738 schon 8000 Militärs und deren Familien, die zwischen nun mittlerweile gut 12000 Zivilisten lebten, von denen wiederum ein nicht unerheblicher Teil indirekt ebenfalls sein Auskommen über das Militär bezog.

Da bei der starken Zunahme an Soldaten eine Unterbringung bei Privatpersonen nicht mehr machbar war, verstärkte Friedrich II. den schon unter seinem Vater eingesetzten Bau von Kasernen in der Innenstadt. Hierbei bevorzugte Friedrich der Große einen nüchternen Baustil, der aber zugleich auch repräsentativ war und nicht nur den Soldaten, sondern auch ihren Familien, wenn auch beengten Wohnraum bot. 1772 ersetzte der Preußenkönig das hölzerne Lazarettgebäude durch einen massiven Steinbau, dessen große Steinfiguren über dem Portal noch heute auf die Funktion des Gebäudes hinweisen.

Wie ein Palast wirkt das "Große Militärwaisenhaus zu Potsdam", in dem es sich allerdings keineswegs so fürstlich lebte, wie der äußere Eindruck vermitteln mag. Wie das Militärwaisenhaus, die "Alte Wache", das Jägertor und der "Lange Stall" ist sogar das berühmte holländische Viertel ein Resultat der militärischen Seite Potsdams. Das im Herzen Potsdams liegende, von einem Holländer erbaute Viertel sollte eigentlich erst holländische Handwerker in die Stadt locken, doch die Bürgerhäuser wurden schon zur Zeit des Soldatenkönigs häufig zur Unterbringung von Soldaten genutzt.

Weniger spektakulär, dafür aber sehr bedeutungsschwanger ist eine mitten zwischen Kopfsteinpflaster verlegte Gedenkplatte. "Hier stand die Turmkapelle der Garnisonkirche", ist dort zu lesen. Ansonsten hält nur noch das Glockenspiel der "Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel" den Geist der Garnisonkirche am Leben, um deren Wiederaufbau es bis jetzt zahlreiche Streitigkeiten gegeben hat, ohne daß der Besucher Potsdams irgendwelche Ergebnisse wahrnehmen kann.

Auch die etwas außerhalb von Potsdam liegende, im russischen Stil errichtete Kolonie Alexandrowka verdankt ihre Entstehung einer militärischen Vorgeschichte. Schon bei Besuchen seiner mit dem Bruder des Zaren verheirateten Tochter Charlotte 1818 war König Friedrich Wilhelm III. ein russisches Musterdorf positiv aufgefallen. Als der mit ihm im Kampf gegen Napoleon vereinte Zar Alexander 1825 verstarb, entschied sich der Preußenkönig zu Ehren seines einstigen Verbündeten nach dem Vorbild eben jenes Musterdorfes die Kolonie Alexandrowka zu bauen.

Als die 13 Häuser fertig waren, brachte man die noch lebenden, ehemaligen russischen Gefangenen aus der Vorzeit der preußisch-russischen Allianz, die auch nach der späteren Verbrüderung der beiden Monarchien gegen Napoleon in Preußen geblieben waren, dort unter.

Wer sich also auch für die militärische Vergangenheit Potsdams interessiert oder einfach nur etwas anderes als immer nur Schlösser und Kirchen sehen will, dem ist der Reiseführer "Potsdamer Ge(h)schichte - Eine Stadt und ihr Militär" (be.bra verlag, Berlin 2005, 169 Abb., 120 Seiten, 9,90 Euro) ans Herz zu legen.


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