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06.05.06 / Nur ein Signal / Elterngeld wird wegen Ungleichbehandlung weiter für Mißstimmung sorgen

© Preußische Allgemeine Zeitung / 06. Mai 2006

Nur ein Signal
Elterngeld wird wegen Ungleichbehandlung weiter für Mißstimmung sorgen
von Jürgen Liminski

Für die große Koalition läuft alles nach Plan. Die Reichensteuer tut den kleinen Leuten nicht weh, wird nur ein paar Reiche vertreiben (die allerdings auch Arbeitsplätze mitnehmen), die Gesundheitsreform steht auf einer Zeitschiene und das Elterngeld wird als große Errungenschaft, als Fortschritt in der Familienpolitik verkauft. Viele Journalisten werden das auch so sehen, schließlich haben die meisten von ihnen keine Kinder und somit auch nicht dieses Problem. Aber die Eltern haben ein Problem. Denn die Kosten des Elterngeldes, rund vier Milliarden Euro werden geschätzt, machen die Mehrbelastung für Familien bei weitem nicht wett. Die Mehrbelastung hat konkrete Namen: Abschaffung der Eigenheimförderung, Wegfall der Pendlerpauschale, Verkürzung der Bezugsdauer des Kindergeldes, demnächst die Erhöhung der Mehrwertsteuer - all das summiert sich zu deutlich mehr als zehn Milliarden Euro. Diese Koalition macht ihr Geschäft mit den Familien - und die Familien ärmer.

Das sind die Fakten, sozusagen das wirkliche Leben. Das wissen die Familien, und ihre Wut wächst. Denn ihre für die Zukunft dieser Gesellschaft überlebensnotwendige Arbeit wird nach wie vor diskriminiert. Der offene Brief einer Mutter und Hausfrau, hinter der die schweigende Mehrheit von Müttern und Familienmenschen steht, ist nur die Spitze des Eisbergs. Darauf haben auch andere am Tag der Arbeit hingewiesen, etwa der Familienbund der Katholiken in Bayern, der vor einer weiteren Vergötzung der Erwerbsarbeit und der Geringschätzung der Familienarbeit eindringlich warnt.

Familienarbeit, das ist die Bildung von Humanvermögen, also der Aufbau von Alltagskompetenzen, von den grundlegenden Fähigkeiten des Menschen. Das ist zum Beispiel das lernen können, das miteinander umgehen können, Ausdauer haben sowie Gefühle einordnen können. Das sind auch Fähigkeiten, die die Wirtschaft dringend braucht. Und es sind Fähigkeiten, die nicht durch Betreuung vermittelt werden, sondern durch eine liebevolle Erziehung. Keine Erzieherin kann eine liebende Mutter ersetzen. Die Bindungsforschung und die Hirnforschung sagen uns seit Jahren, wie wichtig, ja wie vital die emotionale Stabilität für das Kleinkind ist, damit es im Vertrauen darauf Erfahrungen machen und so Humanvermögen bilden kann.

Das Problem der aktuellen deutschen Familienpolitik ist die ihr zugrundeliegende Erwerbsideologie. Nicht das Wohl des Kindes steht im Mittelpunkt, sondern die Frage: Wie können wir den Eltern, in der Regel also den Frauen, die Doppelbelastung von Familie und Erwerbsberuf organisieren? Die Frage ist wichtig und sollte ihren Platz im öffentlichen Diskurs haben. Aber man sollte sie nicht mit Familienpolitik verwechseln. Das Elterngeld soll nun alles besser machen. Es verfolgt einen richtigen Ansatz, weil es als Lohnersatz erstmals die Arbeit zu Hause indirekt anerkennt. Aber um Wirkung entfalten zu können, sind die Beträge zu klein, ist die Dauer zu kurz, der Empfängerkreis zu eng. Auch die zwei zusätzlichen Vätermonate machen den Braten nicht fett und müssen erst mal vor dem Bundesverfassungsgericht bestehen, weil Alleinerziehende jetzt gegen eine Ungleichbehandlung klagen könnten. Ganz zu schweigen von den Frauen, die "nur" als Mütter tätig sind, auch sie könnten klagen. Nein, mit dieser Maßnahme wird es nicht mehr Kinder geben, schon gar nicht nach den Kürzungen im Konjunkturjahr 2006. Es ist eben nur, wie die Familienministerin richtig sagt, ein Signal. Ein dürftiges Signal ist es, mehr nicht.


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