29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
06.05.06 / Ostereier aus Gelnhausen für die Heimat / Hilfstransport aus Hessen zur "Bärentatze", der Johanniter-Sozialstation und dem Behindertenheim in Sensburg

© Preußische Allgemeine Zeitung / 06. Mai 2006

Ostereier aus Gelnhausen für die Heimat
Hilfstransport aus Hessen zur "Bärentatze", der Johanniter-Sozialstation und dem Behindertenheim in Sensburg
von Eberhard Traum

Die Vorsitzende der Ost- und Westpreußen sowie Pommern in Gelnhausen, Hessens LO-Landesgruppenvorsitzende Margot Noll, hatte wieder viele Spenden gesammelt, um im Raum Sensburg zu helfen. Diesmal wurde die Fahrt vor dem Osterfest gestartet. Vom Gründonnerstag bis Ostermontag war man unterwegs in der masurischen Kreisstadt und deren Umgebung.

Zwei Fahrer waren nötig, um die lange Fahrt zu bewältigen. Margot Noll kennt nicht nur die Strecke nach Sensburg, sondern auch eine Menge Leute, die schon sehnsüchtig auf den Transport warteten.

Für die Johanniter-Station in Sensburg, die deutsche Volksgruppe in der Region und für alle Hilfsbedürftigen, die teilweise noch in großer Armut leben müssen, werden die Spenden gebraucht und persönlich vor Ort gebracht. Die dortige Sensburger Deutsche Gesellschaft "Bärentatze", mit der Johanniter-Station im selben Gebäude untergebracht, versorgt die Menschen.

"Die schönsten Erlebnisse hat man natürlich mit Kindern, die ihre Augen gar nicht weit genug aufreißen können. In den Kinderheimen wird still gestaunt und auch vor Glück geweint", so Margot Noll, die inzwischen Erfahrung mit solchen Lieferungen hat. "Die Herzlichkeit und Dankbarkeit, der Menschen dort, ist wunderbarer Lohn. Mit den Hilfen wird auch eine Basis für die europäische Familie gelegt", sagte sie ergänzend, bevor die Fahrt losging.

Im Transport befanden sich neben Medikamenten, Kleidern und Bettwäsche, Küchengeräten und Lebensmitteln diesmal auch fast 400 Paar Schuhe, die von einem Gelnhäuser Kaufhaus aussortiert worden und als Spende an Margot Noll gegangen waren. "In den vergangenen Jahren war es oft ein großes Problem, einen geeigneten Transporter zu bekommen, denn in einen normalen Kombi gehen die vielen Spenden meist nicht rein", sagte Margot Noll. Dieses Problem hatte sich in diesem Jahr fast von allein gelöst, worüber sie sehr glücklich ist.

Als der Landrat des Main-Kinzig-Kreises, Erich Pipa, von der Hilfsfahrt erfuhr, verständigte er sofort Gerhard Freund, den Geschäftsführer der kreiseigenen Gesellschaft AQA, und es wurde ein Fahrzeug zur Verfügung gestellt. Die Bereitschaft des Main-Kinzig-Kreises, mit einem Fahrzeug der AQA auszuhelfen, war nicht nur überraschend, sondern machte mit einem Schlag die Sorgen ganz klein. Daß sich auch ein Sponsor für die Benzinkosten finden ließ, machte die Landesvorsitzende beinahe sprachlos.

Die Wächtersbacher Brauerei übernahm spontan diese Kosten. Geschäftsführer Heinrich-Wilhelm Peltz war sogar in Sorge, ob man vor Ort das richtige Getränk zur Verfügung hat, um den gelungenen Transport zu begießen, und ließ gleich noch die richtigen Kisten dafür einpacken.

"Auf so viel Hilfe und Entgegenkommen kann man zwar hoffen, aber wenn es dann eintritt, gibt es auch ein bißchen den fast verlorenen Glauben an Menschlichkeit zurück", sagte die Landesvorsitzende glücklich. Überwältigt von so viel unbürokratischer Hilfe, bedankte Margot Noll sich bei allen, welche die Fahrt möglich gemacht hatten. "Ein Abenteuer ist so eine Fahrt zwar nicht mehr, aber sehr zeitintensiv. Und da muß ich besonders den Fahrern danken, die ihre Freizeit gespendet haben", verriet Margot Noll bei der Abfahrt.

Und die Übernachtung bei den Freunden vor Ort war auch kein Problem. "Jeder dort hätte uns gern beherbergt, weil es der einzige realisierbare Dank ist, aber eine langjährige Freundin hat diese Aufgabe vor Ort geplant und sicher alles zufriedenstellend geregelt", so Margot Noll.

Der Transport kam, dank guter Verkehrsverhältnisse, mehr als pünktlich in Sensburg an, und die Spenden konnten zum Teil schon am gleichen Tag verteilt werden. Obwohl Karfreitag, nahmen sich die Vorsitzende der "Bärentatze", Berta Cwiek, und die Leiterin der Sozialstation, Ingrid Sacharewicz, die Zeit, um alles im Gebäude unterzubringen. Eine Knochenarbeit. Und in den nächsten Tagen war noch einmal waschen, sortieren, bügeln und ordnen angesagt.

Der gemeinnützige Verein "Bärentatze", der das Stadtwappen von Sensburg zur Namensgebung wählte, besteht seit 1991, und genauso lange gibt es die Verbindung zu Margot Noll. Bei einem Besuch ihrer Heimat traf sie mit der Organisation zusammen. Im Moment besteht die deutsche Volksgruppe in der Stadt und im Kreis Sensburg aus etwa 600 Mitgliedern, die einen jährlichen Betrag von 15 Zloty zahlen, was etwa 3,50 Euro entspricht. Der Verein lebt nicht zuletzt auch von Besucherspenden. Ebenso gibt es jährlich Zuwendungen von verschiedenen Landsmannschaften. Im Vorstand der "Bärentatze" sitzen nur Angehörige der deutschen Volksgruppe, doch werden auch bedürftige Polen unterstützt, wenn Not am Mann ist.

"Viermal im Jahr dürfen sich unsere Mitglieder sowie Bedürftige bei den Kleiderspenden bedienen und sich einkleiden. Aber nur mit Dingen, die unbedingt gebraucht werden. Sonst würden wir nicht alle versorgen können, denn auch unsere Kapazitäten gelangen an ihre Grenzen. Obwohl wir gut bestückt sind", so Berta Cwiek. "Für die Mithilfe und die Spenden, die uns immer erreichen, sind wir sehr glücklich und danken auf diesem Wege gern allen, die dadurch helfen, Not zu lindern", ergänzte sie.

Gleiches gilt für die Sozialstation der Johanniter, die von Ingrid Sacharewicz geleitet wird. Die steht allen Rentnern zur Verfügung sowie Hilfsbedürftigen, natürlich auch Polen, die da nicht ausgeklammert werden. Der polnische Arzt, Dr. Josef Zambek, untersucht und berät die Leute, die in die Station kommen, zweimal in der Woche. Die Leistungen der Station werden immer mehr in Anspruch genommen. Man vertraut den Organisatoren, besonders Dr. Zambek, der auch Deutsch spricht und die Medikamente ausgibt, die nur auf Rezept zu bekommen sind. Natürlich lieben die Menschen auch Ingrid Sacharewicz, die nicht nur Leiterin der Station, sondern auch ausgebildete Krankenschwester ist.

Von den Arzneimittelspenden profitiert eine große Anzahl Bedürftiger.

Der dritte Besuch im Rahmen des Hilfstransportes galt dem Behindertenheim, dessen Leiterin sich besonders über die vielen Schuhe für die Bewohner freute. Jolanta Iwanicka war so sprachlos und überwältigt, daß sie erst einmal gar nichts sagen konnte. Man konnte ihr ihren "Schock" ansehen und begreifen, daß sie ihre Freude etwas später ganz allein bewältigen mußte. Die Behinderten im Alter zwischen drei und 27 Jahren erhielten die größte Schuhlieferung, die sie bisher gesehen hatten. Fast 350 Paar, von denen ein großer Teil für die Kleinsten gedacht war. Es sind Gummistiefel, die ein Spielen ohne Reue auch bei schlechten Wetterverhältnissen ermöglichen. Stolz hielten einige ihre Stiefel in den Händen und trauten sich nicht, etwas zu sagen. Auf ein Foto wollten sie schon gar nicht. Ein Mädchen legte einfach die Gummistiefel an die Seite und umarmte herzlich und mit viel Druck die Leiterin der "Bärentatze", die bei der Auslieferung dabei war. Viele Kleiderspenden konnten ebenfalls übergeben werden.

Für die augenblicklich 95 körperlich und geistig behinderten Heimbewohner stehen nicht weniger als 70 Betreuer bereit, davon neun männliche.

Die deutsche Volksgruppe in Sensburg leistet auf dem Sektor Soziales einen großen Beitrag, ist mit der eigenen Integration vorangegangen und wartete nicht auf Hilfe von den polnischen Behörden oder gar der übrigen Bevölkerung. Inzwischen sprechen alle in der "Minderheit", wie sie sich selbst bezeichnet, beide Sprachen, und bei der Kommunikation gibt es keine Hindernisse. Viele Deutsche sind gesellschaftlich anerkannt und bekleiden öffentliche Ämter. Man hört auf ihren Rat bei der Integration, der Eigenleistung und dem Bau von Brücken, worin sie Meister geworden sind.

Daß dabei auf die Mithilfe der Landsmannschaften gebaut werden kann, und das langfristig, wird für Europa und die deutsch-polnische Verständigung eine kräftige Basis sein. Von polnischer Seite hat die "Minderheit" in Sensburg bei vielen Dingen die Mehrheit hinter sich.

Margot Noll reiste mit vielen schönen Eindrücken und weiteren Freundschaften wieder aus ihrer Heimat ab.

Besuch des Behindertenheims in Sensburg: Margot Noll und Jolanta Iwanicka (1. und 2. von links) sowie Berta Cwiek (3. von rechts) mit Bewohnern und Betreuern Foto: Traum

Margot Noll wird von Ingrid Sacharewicz (links) und Berta Cwiek (Mitte) in Anerkennung ihrer Verdienste der Wimpel der "Bärentatze" überreicht. Foto: Traum


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren

Warning: file_get_contents(https://paz.de/lib/extern/sidebar.php): failed to open stream: Connection refused in /homepages/10/d855424685/htdocs/wrapper.php on line 48

Warning: file_get_contents(https://paz.de/lib/extern/footer.php): failed to open stream: Connection refused in /homepages/10/d855424685/htdocs/wrapper.php on line 53