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06.05.06 / Zweisamkeit um jeden Preis? / Verlassene Ehefrau sucht nach neuem Sinn des Lebens

© Preußische Allgemeine Zeitung / 06. Mai 2006

Zweisamkeit um jeden Preis?
Verlassene Ehefrau sucht nach neuem Sinn des Lebens

Christine ist eine viel umherreisende Verlagsvertreterin. Sie ist fast 40 Jahre, und ihre Ehe mit dem relativ gleichmütigen Bernd plätschert seit dem Kauf des Eigenheimes an der Nordseeküste relativ ereignislos vor sich hin.

Natürlich ist Christine sich dessen bewußt, entschuldigt die emotionslose Gleichförmigkeit der Tage aber mit der Tatsache, daß die beiden ja schließlich schon seit zehn Jahren verheiratet sind. Sie hat sich innerlich mehr oder weniger damit abgefunden, für die vertraute Gemeinsamkeit ihre emotionalen Bedürfnisse zurückzustellen, um gemeinsam mit Bernd in dem gemeinsamen Häuschen alt werden zu können.

Doch dann ist es ausgerechnet ihr Bernd, der ihr einen gehörigen Strich durch die Rechnung macht.

Als Christine wie immer, wenn sie beruflich in Hamburg zu tun hat, bei ihrer Schwester Ines übernachtet, klingelt plötzlich das Telefon und unterbricht die zwei Frauen beim Schauen eines romantischen Liebesfilmes - kurz vorm bewegenden Happy End.

",Na Bernd, was habe ich vergessen? Oder kann ich dich in zehn Minuten zurückrufen? Dann ist nämlich der Film zu Ende.' ,Ich muß mit dir reden.' Es war etwas in seiner Stimme, was mich dazu brachte, den Platz neben meiner Schwester zu verlassen und mit dem Telefon in ihr Büro zu gehen. ,Worüber?' ... Bernd war kein Mann, der gern über Gefühle sprach, eigentlich lehnte er dieses Thema sogar ab. Also hatte ich mich damit abgefunden, Teil eines guten Teams zu sein, nach zehn Jahren konnte man auch keine großen Gefühle oder leidenschaftlichen Sex mehr erwarten. Das Schweigen wurde von einem weiteren Räuspern unterbrochen. Ich hielt es nicht mehr aus. ,Ist etwas passiert?' ... ,Ich, ähm, also, Christine, ich will mich von dir trennen.'"

Auf diese Äußerung hin bricht für Christine natürlich erstmal eine Welt zusammen.

Auf Drängen ihrer Schwester sucht sie mit Hilfe einiger Freundinnen eine Wohnung in Hamburg. Die Wochen bis zum Umzug verbringt sie wie in Trance, und der locker gemeinte Spruch von Freundin Marleen, "Schätzchen, in einem halben Jahr lachst du drüber", erscheint Christine in ihrer Situation "zunächst" wie blanker Hohn.

Nach unzähligen verheulten Tagen und Nächten gelingt es der verlassenen Ehefrau sich dank der Unterstützung ihrer Familie und Freunde wieder aufzurappeln. Sie lernt neue Freundinnen kennen, legt sich eine neue schicke Frisur und elegante Kleidung zu, trifft ihre Sandkastenliebe Jens wieder und beginnt eine heiße, wenn auch verbotene Affäre mit dem verheirateten Richard.

Natürlich empfindet Christine die Scheidung und die Klärung der finanziellen Belange nicht als Zuckerschlecken, doch meistert sie auch diese Hürden mit Bravur.

Letztendlich findet sie zu sich selbst, ihren höchsteigenen Wünschen und Bedürfnissen zurück, und der Leser stellt sich die Frage, ob die Trennung von ihrem Ehemann nicht das Beste war, was ihr in ihrem festgefahrenen und stagnierenden Leben hätte passieren können.

Dora Heldt stellt in ihrem Buch überzeugend dar, daß auch eine Frau mit 40 noch einen erfolgreichen Neuanfang starten kann und daß weder das eigene Alter noch die Anzahl an zusammen verbrachten Ehejahren einen Hinderungsgrund darstellen dürfen, wenn es zwischen zwei Menschen einfach nicht mehr paßt.

Das einzige, was an der Handlung negativ aufstößt, ist die Tatsache, daß es wohl leider eher der Ausnahmefall ist, daß eine Frau so viele Freunde und Verwandte hat, die ihr in einer solchen Situation beistehen, den Rücken stärken, sie in den emotional furchtbarsten Momenten immer wieder auffangen und neue Perspektiven aufzeigen.

Ein sehr humorvoller, würzig geschriebener Roman, der die Grundsatzfrage aufwirft: Zweisamkeit ja, aber wirklich um jeden Preis?!? A. Ney

Dora Heldt: "Ausgeliebt", dtv, München 2006, 218 Seiten, 12 Euro, Bestell-Nr. 5482


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