26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
13.05.06 / Nur die Katarer waren da

© Preußische Allgemeine Zeitung / 13. Mai 2006

Nur die Katarer waren da
von Harald Fourier

Früher war es ein Riesenakt, eine Presseakkreditierung für die "German Open" der Damen zu erhalten. Heute nicht mehr. Damals tobte bei Rot-Weiß am Hundekehlensee in Berlin-Grunewald das Leben. Da "steppte der Bär", wie der Berliner zu sagen pflegt.

Früher. Damals, als Tennis als Sportart noch so etwas wie der kleinste gemeinsame Nenner des Bürgertums war.

Als mit Boris Becker und Steffi Graf zwei Deutsche die Weltranglisten anführten (heute ist die beste Deutsche Anna-Lena Grönefeld auf Platz 14).

Eigentlich ist das ja gar nicht so lange her.

Wer erinnert sich nicht daran? Damals wurden Tenniswettkämpfe noch live im Fernsehen und bei den großen Stationen übertragen. Dann ebbte die Begeisterung aber ab. Fußball, Boxen, Formel 1, Basketball - zuviel Konkurrenz um Zuschauer und Sponsoren.

Tennis ist abgesagt. Und das merkt auch der Besucher der "German Open" der Damen (die der Herren wird am Rothenbaum in Hamburg ausgetragen). Nur

wenige Besucher verlieren sich am ersten Turniertag auf dem 1990 großzügig ausgebauten Vereinsgelände.

Dem Deutschen Tennisbund (DTB) wurden die Verluste zu hoch, deswegen hat er die Rechte verkauft. An den Tennisverband von Katar, einen arabischen Wüstenstaat.

Deswegen heißt der Wettbewerb jetzt "Qatar Telecom German Open".

Die Kulisse ist wie ein Schloß aus "1001 Nacht" aufgebaut, wie die Burg eines Kalifen. Doch die Lachsbrötchen und die Austern vertrocknen, den vorrätigen Champagner mag auch niemand trinken (trotz moderater Preise). Das einzige, was sich in Hartz-IV-Deutschland noch verkauft, sind Bratwürste und Berliner Weiße.

Das Schickimicki-Leben kommt in Berlin weniger denn je an. Gerade mußte die Nobeldisko "Goya" wieder schließen. Nach wenigen Monaten stand fest, daß das Konzept eines solchen Premiumtanztempels beim Publikum nicht ankommt.

Am Eisstand steht ein älterer Herr, schüttelt den Kopf. "Früher war hier wat los. Ick bin froh, daß ick das noch erleben durfte", sagt er und geht weg. Die Eisverkäuferin wundert sich: "Ich komm' aus'm Osten, kann mich daran nicht erinnern."

Die Langnese-Frau ist eigentlich Erziehungswissenschaftlerin und promoviert demnächst. In England, wie sie stolz erzählt. "Da habe ich bessere Jobchancen und bekomme mehr Geld."

Die Alten trauern der Vergangenheit nach, die Jungen gehen weg, und niemand kommt mehr zu Besuch. Die "German Open" sind ein Spiegelbild der deutschen Wirklichkeit - noch bis nächsten Sonntag.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren