© Preußische Allgemeine Zeitung / 13. Mai 2006

Schelm verschluckt
Wolf Serno schreibt märchenhaften Mittelalterkrimi

Pausback ist ein gutmütiger Tollpatsch, riesengroß und mit seinem Kasten voller Arzneien auf dem Rücken wandert er als Buckelapotheker durch ganz Thüringen. Doch hat er es nicht leicht, da seine gewitzten Kunden den geistig etwas minderbemittelten Hünen gnadenlos übers Ohr hauen.

Ganz anders der blitzgescheite Listig, der als Trickdieb und Betrüger sein täglich Brot ergaunert

Eine seiner erfolgreichsten Methoden ist der sogenannte "Rempeltrick", den er immer wieder erfolgreich anwendet, bis eines Tages ...

",Hoppla, nanu? Zwei Ku... Ku... Ku... Kutschen?' ... und ganz tief in seinem Hirn regte sich etwas, das die Gefahr erkannte. Er wollte vom Weg springen, doch es war zu spät. Das schwere Gefährt überrollte ihn. Listig spürte Schläge wie von einem Schmiedehammer und eine urgewaltige Kraft, die ihm die Beine fortriß ... Listig hob mühsam den Kopf und sah auf seine Beine. Gottlob! Da waren sie ja, heil und unversehrt! Nur seine Füße, die fehlten ...?"

Und wie das Schicksal es nun mal will, treffen sich Pausback und Listig eines Tages in einem Wirtshaus, und aufgrund ihrer unterschiedlichen, aber perfekt harmonierenden Talente und Fähigkeiten wachsen sie zu einem mehr oder minder guten Team zusammen.

"Der Balsamträger" von Wolf Serno handelt jedoch nicht nur von dem schlauen Listig und dem trägen Pausback, sondern es spielen auch Räuber, Giftmischer, Ehebrecher und verführerische Mägde eine entscheidende Rolle in diesem mit einem Schmunzeln geschriebenen, überaus unterhaltenden Roman.

Die Rolle des Ehebrechers fällt in diesem Fall dem Amtmann von Katzberg, Max Röther, zu, welcher der optisch zwar engelsgleichen, aber skrupellosen Magd Eva verfallen ist, die danach trachtet, die Stelle der Ehefrau Gudrun einzunehmen.

Diese leidet derweil in einer finsteren Abstellkammer vor sich hin, gerührt von der scheinbaren Fürsorge der hübschen Magd, die nach außen hin rührend dafür sorgt, daß ihre Herrin die speziell für sie geschmierten Brote auch tatsächlich zu sich nimmt.

"Kurz darauf erschien die blonde Magd an ihrem Bett, einen Teller mit einer großen Scheibe Brot in der Hand haltend. Das Brot war dick mit Mäusebutter bestrichen, und die Arsendosis darin absolut tödlich. ,Wird Zeit, daß du endlich verreckst', murmelte Eva zwischen den Zähnen und erschrak im selben Augenblick über ihre eigenen Worte."

Wolf Serno, der aufgrund seines Erfolgsromans "Der Wanderchirurg" sogar als deutsche Antwort auf Noah Gordon gefeiert wird, präsentiert dem Leser diesen Roman als ein Gemisch aus Krimi und Märchen, welches gewürzt mit einer Prise Humor als leichte Kost bezeichnet werden kann. Genau das richtige nach einem anstrengendem Arbeitstag. A. Ney

Wolf Serno: "Der Balsamträger", Droemer, München 2005, geb. 462 Seiten, 19,90 Euro, Best.-Nr. 5500