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20.05.06 / Der Ausflug / Jungbrunnen Enkelkinder: Von der erfrischenden Wirkung von Kindern

© Preußische Allgemeine Zeitung / 20. Mai 2006

Der Ausflug
Jungbrunnen Enkelkinder: Von der erfrischenden Wirkung von Kindern
von Christel Bethke

Philipps Mutter sorgt sich, ob ihre Eltern wohl mit dem nervösen Päckchen, das heute den Tag bei ihnen verbringen soll, fertig werden. Oma und Opa freuen sich über den Besuch des Enkels und beruhigen die Tochter. Sie haben sich schon allerhand ausgedacht, womit sie das Kind beschäftigen werden. Doch das braucht keine Anleitung, und kaum ist seine Mutter fort, geht es zielstrebig ins Wohnzimmer und will das Fernsehgerät angeschaltet haben. Kinderfernsehen gibt es schon morgens, erfahren die Großeltern. "Na, so haben wir nicht gewettet", sagt der Großvater, "da bekommt man ja viereckige Augen von." Philipp will das nicht glauben, doch als Opa hinzufügt, "ein bißchen sind sie es ja schon", geht er doch vorsichtshalber vor den Spiegel im Flur. "Das stimmt ja nicht", beruhigt die Großmutter, aber morgens schon den Kasten an, nein, das will sie auch nicht.

Mit dem alten Legokasten, der immer noch seine Pflicht erfüllt, ist heute nichts anzufangen. Malen? Papier und Buntstifte müssen her. Oma macht den Tisch frei und liefert gleich Vorschläge: vielleicht Tiere, vom Bauernhof oder so, Häuser vielleicht oder Vögel? Opa sagt: "Mal doch einen Zug oder eine Straßenbahn." "Straßenbahn? Was ist das denn?" "Nun, das ist ein Zug, der auf Schienen durch die Stadt fährt." Mit solch einer Bahn ist der Großvater mal zur Schule gefahren. Ob er das noch kann, will der Junge wissen. Das ist natürlich schon eine Weile her und außerdem war das in einer anderen Stadt.

Der Junge kennt nur Autofahren. Geflogen allerdings ist er im Gegensatz zu seinem Großvater, schon ein paar Mal. Keine Straßenbahn. Das kann sich ändern, überlegen die Großeltern. Kurze Beratung und dann Aufbruch. Oma packt Verpflegung ein, und auch das neue Handy - für alle Fälle! - muß mit, das Opa zum Geburtstag bekommen hat und mit dem er immer noch nicht recht klar kommt. Dann geht es los. Erst natürlich mit dem Auto bis zur Stadt der Straßenbahn. Nachdem es im Parkhaus abgestellt ist, muß Opa sich erst neu "orientieren", wie er das nennt. Dann aber, nachdem die Karten am Automaten mit Hilfe Philipps gelöst sind, heißt es: Bitte einsteigen. Philipp ist total aufgeregt, als sie gleich hinter dem Straßenbahnführer Platz nehmen. Die Stadt ist groß und von Endstation bis zu Endstation dauert es eine ganze Weile. Dann heißt es umsteigen und in eine andere Richtung fahren. Der Junge kann nicht genug bekommen. Ist das aufregend, den ganzen Tag könnte er fahren. Alles wird genau beobachtet.

Einmal Zwischenstation am Tiergarten. Was, der Junge war noch niemals dort? Das gibt es ja wohl nicht. Zuerst zu den Affen, die Philipp nur aus dem Fernsehen kennt, und die Bananen, die Oma eigentlich für die Männer gedacht hatte, futtern nun die Tiere. Wie pussierlich sie die Früchte schälen, wie geschickt. Philipp schüttelt sich vor Lachen und bedauert, daß Oma nicht mehr davon eingepackt hat.

Als das Handy klingelt, bleiben der Junge und die Affen cool, nur der Alte sucht nervös nach dem Gerät. In welcher Tasche ist es denn. Endlich hält er es in der Hand und der Junge zeigt ihm, auf welchen Knopf man drücken muß, um auf Empfang zu sein. Es ist Philipps Mutter, die inzwischen erfahren hat, daß sie beide unterwegs sind und wissen will, wie es geht. Opa, nun schon ganz sicher, meint, alles sei im grünen Bereicht, nicht wahr, Philipp? Der muß das seiner Mutter bestätigen, und danach wird Oma angerufen, damit die ebenfalls erfährt, was Sache ist. Der Enkel redet und redet, und der Alte denkt, das wird 'ne teure Angelegenheit und fragt sich, ob das Guthaben wohl reichen wird. Der ABC-Schütze klärt ihn auf, zeigt, wo man drücken muß, um das zu erfahren. Der Alte staunt, wie einfach das ist. Bisher ist er immer so nebenbei zur Post gegangen, um das zu erfragen. Das verrät er natürlich nicht, der coole Alte, den er nun zu spielen hat.

Die Affen verstehen die ganze Aufregung nicht und wollen auch telefonieren und greifen nach dem Handy. Das geht natürlich nicht. Nun noch zu den Eisbären und überhaupt, ist es nicht schön im Park? "Affengeil", bestätigt Philipp.

Als sie abends nach Hause kommen, ist der Alte vollkommen fertig, aber auch verjüngt, findet seine Frau. Selbst der Zappelfritze ist müde und kann kaum Omas viele Fragen beantworten. Aber über seine Berufswahl ist er sich heute klar geworden, denn als seine Mutter ihn holen kommt, sagt er, er wird, wenn er groß ist, Straßenbahnfahrer und das nächste Mal wollen beide mit dem ICE fahren, Großvater und er. Opa hat das versprochen. "Man muß doch mit der Zeit gehen", sagt der augenzwinkernd. Oma ist auch schon lange nicht mehr mit dem Zug gefahren und will dann mit. "Wir machen eine Reise zu dritt. So machen wir das", wird beschlossen.


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