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27.05.06 / Danke! / "Goldene Sonnenkringel auf allen Wegen" ist nur einer der vielen guten Wünsche, die Ruth Geede erreichten

© Preußische Allgemeine Zeitung / 27. Mai 2006

Danke!
"Goldene Sonnenkringel auf allen Wegen" ist nur einer der vielen guten Wünsche, die Ruth Geede erreichten

Unsere guten Wünsche, die wir, die Leser, Ihnen alljährlich zum Geburtstag schicken, haben gewirkt: Wir können Ihnen zum 90. gratulieren!" Ja, liebe Johanna Bartel, das konnten Sie und so viele andere Leserinnen und Leser, daß ich erst heute meinen gesammelten Dank sagen kann. Auch noch aus einem anderen Grunde etwas verspätet, weil immer noch Glückwunsche eintreffen aus irgendeinem Winkel der Welt, wohin es unsere Landsleute verschlagen hat. Und damit habe ich den Einstieg gefunden in meine Danksagung, über den ich selbst als alte Skribentin lange gegrübelt habe. Denn wo anfangen - wo enden bei all den lieben, guten, herzlichen, fröhlichen, anerkennenden, nachdenklichen Worten und Wünschen, mit denen man mich bedacht hat? Und die doch alle in der Aufforderung gipfeln: Mach'weiter so, wir brauchen Dich! Ein schöneres Geschenk kann man wohl keinem Menschen machen, der nun in das wohl letzte Jahrzehnt seines Lebens geht.

Ja, die 100, die wurde auch schon in verschiedenen Wünschen anvisiert, und als gute Vorgabe erhielt ich von unserm Leser Knut Walter Perkuhn den Lebenslauf seiner Tante, die bei klarem Verstand 107 Jahre alt wurde. Doch damit nicht genug, denn die Familie Sanden aus Bergheim wünscht mir, daß ich noch wenigstens 50 Jahre leben sollte, dafür würden viele meiner "Fans" einen Tag ihres Lebens spenden und damit noch die Zahl der gewünschten Jahre übertreffen - ach nein, lassen wir lieber die Kirche im Dorf, 90 ist nun wirklich ein stattliches Alter, das zu erreichen niemand geglaubt hätte, als ich - ein zwei Kilogramm leichtes Frühchen - in Königsberg zur Welt kam. "Ein schönes Leben des Frühlings in Königsberg, ein Leben des Sommers in Hamburg bist Du bisher gegangen. Nun hat mit 90 für Dich der Herbst des Lebens angefangen!" beginnt Werner Preß seinen liebevoll gereimten Glückwunsch, in dem er weiter meint, daß mein Lebensbaum noch immer voller Saft und Kraft stehe. Herbst? Na ja, mit den Jahreszeiten war es bei uns in Ostpreußen so eine Sache, wir hatten unseren eigenen Kalender. Im Oktober lag manchmal schon Schnee - als meine Eltern an einem 9. Oktober heirateten, fuhren sie mit Schlitten zur Kirche! Aber solch ein Glückwunsch erfreut schon sehr.

Es finden sich viele Gedichte in meinem Glückwunschkorb, sogar in ostpreußischem Platt. Weil ich das gerne und oft in Anklam vortrage, hat mir Herr Friedhelm Schülke, der die Heimattreffen musikalisch immer so wundervoll bereichert, diesmal ein literarisches Ständchen gebracht, das ich leider nicht in voller Länge bringen kann. Aber Kostproben wie "Joa, nejentig Joahr liggt de Dag nu torick, as Ostpreiße e nieget Woahrteike kreej. Et wär man bloß nich ut Holz on Steene, nee - von Fleesch on Bloot ös dat antosehne. Nu road Ju man, Lied, wer kann dat sönn? Ön dit Gedicht, doa steiht ös bönn: Se oarbeit ön Hamborg biem Ostpreißeblatt on heet Ruth Geed e - nu weet Ju dat!" Ja, on eck weet nu, daß ich ein ostpreußisches Wahrzeichen bin! Höcher ropp geiht nich mehr!

Sehen Sie, liebe Renate Bohn, das ist die Antwort auf Ihre Frage: "Womit können Sie noch geehrt werden? Hier auf Erden haben Sie die höchsten Auszeichnungen ..." Aber Sie meinen auch andere Werte, wenn Sie schreiben: "Mögen Ihre Schutzengel auf Sie aufpassen und Sie nicht müde werden lassen - für Ostpreußen! Und für die Generation danach. Sie sind die Heimat, die im Herzen lebt!" Dafür danke ich Ihnen sehr. Auch für die Worte: "Ich habe keine Verwandtschaft mehr, um nach meinem Zuhause zu fragen. Aber das Ostpreußenblatt!"

Ja, ohne unsere Zeitung hätte ich kein Forum, ohne sie gäbe es keine Ostpreußische Familie, ohne sie könnte ich nicht so die Heimat bewahren und lebendig erhalten - eine Aufgabe, die mir noch im späten Alter gestellt wurde und die mich lebendig erhält. "Eine junge, reife Ausstrahlung" - so formuliert es Frau Bohn. Ich habe eben wirklich meine Kindheit in die Tasche gesteckt und mitgenommen, ich bin und bleibe auch im Alter ein Kind aus Königsberg. Da hat die Kreisgruppe Wetzlar der LO schon genau ins Schwarze getroffen, die mit einem Kant-Wort gratulierte: "Laßt uns alle unser Leben wie ein Kinderspiel ansehen, in welchem nichts ernsthaft ist als Redlichkeit!" Viele jüngere Menschen werden mit diesem Begriff nicht viel anfangen können. Aber er beinhaltet alles, was ein Miteinander überhaupt ermöglicht: Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit, Pflichterfüllung, Hilfsbereitschaft, Treue, Vertrauen, ja, vor allen Dingen Vertrauen. Das sieht "meine Schwester der Feder", Elisabeth Krahn, auch so, wenn sie schreibt: "Sie glauben gar nicht, wieviel Vertrauen Sie verbreiten. So ist das Miteinander unter den Ostpreußen entstanden. Bei Ihnen finden sie wirklich eine Familie."

Ja, unsere Ostpreußische Familie! Viele, viele Glückwünsche enthalten auch gleichzeitig einen Dank für das, was sie bewirkt hat - und somit gelten sie auch allen, die mitgeholfen haben, Wünsche zu erfüllen und Fragen zu klären. Die auch dann mitfühlen, wenn sie selber nicht betroffen sind. " So vielen Flüchtlingsfamilien haben Sie tröstende Gewißheiten und sehr oft auch erhoffte Glücksfreuden bereiten können!" schreibt unser Leser Wolfgang Krause. Das könnte ich nicht, wenn ich allein auf weiter Flur stände. "Wie viele Wunder sind schon bewirkt worden", meint auch Gerda Kemski aus Chemnitz, "mein Patenkind zum Beispiel hat durch Sie das Grab seines Vaters in Ölmütz gefunden." Die Glückwünsche zeigen, daß unsere Ostpreußische Familie längst ihren heimatlichen Rahmen gesprengt hat. Viele Schlesier haben geschrieben, denen wir auch helfen konnten, oder die einfach begeisterte Leser unserer Zeitung sind wie Professor Dr. Karl-Heinz Beyer aus Berlin, aus dessen - ach, mir so wohltuende - Brief ich einige Zeilen einfach bringen muß: "Als Schlesier lese ich seit Jahrzehnten mit Freude und großem Gewinn diese hervorragende Zeitung. Und immer wieder gefallen mir Ihre Beiträge 'Die Ostpreußische Familie'. Sie sind so einfühlsam, wundervoll, so menschlich, so herzlich geschrieben, es ist wirklich 'Familie', vertrauensvoll, Neugier und Freude. Diese Atmosphäre ist im Zeitungswesen zu suchen." Worte, die für mich, nein, für uns alle, ein wundervolles Geschenk sind.

Und noch einen Berliner möchte ich erwähnen, weil mir seine Zeilen ebenfalls eine besondere Freude gemacht haben: Manfred Stahl, der "Spandauer Wurstmaxe". Seine Liebe zu Ostpreußen wird aus vielen Quellen gespeist: Salzburger Vorfahren siedelten im Raum Gumbinnen, er selber fand als in Kinderheimen groß gewordenes Nachkriegskind in Cottbus einen Ruhepol bei einer Vertriebenen aus Königsberg, und dann ist noch der "Ostpreuße aus Danzig" zu erwähnen, der ihm am Wurststand immer unsere PAZ überreichte - heute ist Herr Stahl Abonnent und begeisterter Leser unserer Zeitung und besonders unserer "Ostpreußischen Familie". Sein Glückwunsch ist einfach und herzlich (man kann auch das "und" weglassen!): "Ich danke Ihnen von ganzem Herzen, ich mag Sie ...!"

Es sind eben keine vorgedruckten Glückwünsche, es sind eigene Formulierungen, die von Verbundenheit und Heimatliebe sprechen. So schreibt unser Leser Wilfried Böhm aus Melsungen: "Ihre faszinierende Heimatliebe hat mir Ostpreußen sehr nahe gebracht und damit auch die Geschichte der Familie meiner Frau, deren Großmutter aus Wehlau stammt. Ich danke Ihnen für Ihr Lebenswerk!" Diese Worte haben mich doch sehr nachdenklich gemacht. Manchmal bin ich in all den Jahrzehnten, in denen die Ostpreußische Familie zu meiner Hauptaufgabe heranwuchs, auch ungeduldig gewesen, weil ich nicht zu meiner literarischen Arbeit kam, die ich mir für mein Alter vorgenommen hatte. Erzählungen und Romane blieben ungeschrieben! Aber hätte ich damit so viele Schicksale bewegen, so viele Wünsche erfüllen, so viele Fragen beantworten, so viele Verbindungen von Mensch zu Mensch vermitteln - hätte ich so meine Heimat lebendig halten können? Ich muß an einen sehr jung verstorbenen Dichterfreund aus meinen ersten Schaffensjahren denken, an den Allensteiner Kurt Otto Wittke. Er hatte einmal ein Gedicht geschrieben, dessen letzten Vers ich nie vergessen habe: "Wenn am Ende unsrer Tage ist versiegt des Schaffens Stärke, wird das Leben sein die Waage, die erwäget unsre Werke!" Ich glaube, meine Lebenswaage ist austariert! Ein besonderes Gewicht hat mein Landsmann Wolfgang Krause in die Schale geworfen mit seinen Worten: "Während Ihres segensreichen Hierseins haben Sie mit ihrer hilfreichen Arbeit so vielen Flüchtlingsfamilien tröstende Gewißheit und sehr oft auch nie erhoffte Glücksfreuden bereiten können!"

Auch meine Glücksfreude übersteigt jede Erwartung, nie hatte ich auf so viele gute Wünsche und liebevolle Worte gehofft. Und sie kommen noch immer, denn unsere Zeitung erreicht ja viele Leserinnen und Leser erst nach Wochen - irgendwo in der Welt. So erhielt ich jetzt aus Windhoek die Gratulation der in Namibia lebenden Landsleute, in deren Namen Inge Liebener schreibt: "Wir wünschen Ihnen von Herzen noch viele schöne Jahre bei bester Gesundheit und weiterhin viel Kraft. Immer wieder freuen wir uns über Ihre Rubrik und die vielen Menschen, denen sie geholfen haben und auch immer noch helfen, Angehörige oder Bekannte zu finden. Wir sind halt eine große Familie. Die PAZ wird im ganzen Land von den Ostpreußen und auch Nicht - Ostpreußen gerne gelesen!" Auch aus dem Süden Afrikas, aus Johannesburg, kommt der Glückwunsch der "Freunde des Ostens", wie die "Landsmannschaft Ost - und Westpreußen S.A." jetzt heißt, deren Vorsitz Siegfried Kittel 25 Jahre lang innehatte. Seinen Wunsch "Gesundheit, Glück, Frieden und Gottes Segen" nehme ich dankbar entgegen - besonders freue ich mich aber darüber, daß unsere Zeitung auch in Südafrika gerne gelesen wird, denn Herr Kittel schreibt: "Wir sind so dankbar, denn das erhält und frischt immer wieder die Erinnerung an unsere Heimat im deutschen Osten auf." Aus Kanada erreichten mich die Wünsche von Brigitte von Kalben, aus den USA die von unserm Lm. Günther Rohrmoser, der mich speziell mit dem Hinweis erfreute, daß auch in den dortigen Universitäten und Bibliotheken meine Bücher zu finden sind (welcher Schriftsteller liest das nicht gerne!). Aber ein ganz besonderes Geschenk erhielt ich aus Brasilien, und das kam so: Unsere Leserin Elke Hopff, geborene Eschment, und ihr Mann flogen zu Beginn des Jahres nach Limeira zu ihrer Tochter, die dort mit ihrer Familie lebt. Mitgenommen hatte sie meine CD "Märchen aus dem Bernsteinland", die sie zusammen mit ihren Enkelinnen hörte. Die achtjährigen Zwillinge holten sofort Papier und Buntstifte und begannen Bilder zu diesen alten ostpreußischen Märchen zu malen, Anne illustrierte sogar jedes Märchen. Ihr Großvater stellte dann diese Zeichnungen zusammen, und jetzt wurden sie mir zugesandt. Liebe Anne, liebe Saskia, ich habe mich sehr, sehr darüber gefreut, das könnt Ihr glauben. Mein Dank gilt auch dem Ehepaar Hopff, daß es unser heimatliches Kulturgut auch fern der Heimat weiterträgt.

Ja, Bilder: Viele, viele habe ich bekommen, und eines muß ich besonders erwähnen, weil es für mich auch ein Teil meines langen Lebensweges bedeutet. Peter Drahl, der das reiche kulturelle Erbe seiner Patentante, der Malerin und Graphikerin Gertrud Lerbs, bewahrt und weiterträgt - vor allem als Biograph mit seinem Buch über die große Künstlerin - schenkte mir ihr Bild "Hochzeit im ostpreußischen Oberland", von ihr eigenhändig betitelt und signiert. Mit Gertrud Lerbs-Berneck-er hat mich so viel verbunden, in Königsberg wie später in Lüneburg, auch in gemeinsamer künstlerischer Arbeit - leider ging unser gemeinsames Buch "Die große Wassersnot" in den letzten Kriegstagen verloren, ehe es im Druck erschien.

Es ist schon so, wenn man auf eine so unglaublich lange Meilenspur zurückblicken kann, daß an solch einem Tag, wie es ein 90. Geburtstag ist, viele Erinnerungen wach werden, oft unvermutet. So, als der ungarische Maler und Schriftsteller Laszlo Kova mir ein Bild mit einer von ihm gezeichnete lila Tulpe überreichte - ach, lila Tulpen waren die Lieblingsblumen von Agnes Miegel, und wie oft habe ich ihr einen Strauß gebracht, in Königsberg wie in Bad Nenndorf. Und da ist die Kopie eines Bildes, das der bekannte Tiermaler Hans Kallmeyer für meine alte Königsberger Schulfreundin Else Gaudshzun- Gubba nach dem Krieg malte, fliegende Kraniche - sie sind und bleiben das Symbol für unser Heimweh, das mit ihnen zieht, ungehindert über alle Grenzen hinweg, dahin, wo de Elch on Kroanke tohuus send: "man de Sehnsucht bleew ..." Die Erinnerung ist eben das einzige Paradies, aus dem wir nicht vertrieben werden können! Auch dieses Wort von Jean Paul wurde mir übermittelt, und Eva Skadnick wünschte mir dazu " immer wieder große goldene Sonnenkringel auf allen Wegen".

Ich wünsche, sie fallen auch auf die Wege unserer "Ostpreußischen Familie", die wir gemeinsam begehen. Und so ist auch diese Danksagung gedacht, sie gilt allen Gratulanten, die mich so reich bedacht haben, oft mit Worten, die ich ganz allein für mich behalten will. Ich werde sie immer und immer wieder lesen, wenn ich an stillen Abenden meinen Gratulationskorb hervorhole, denn sie sollen sich nicht verflüchtigen. Weil sie mir die Kraft geben, weiterzumachen. 90 Jahre sind zwar ein Meilenstein, aber keine Zäsur. Eine treue Seele, die Georgenburgerin Inge Wenzek, hatte mir im Herbst ein paar bunte "Blätter" gehäkelt - jetzt bekam ich hellgrüne, lindfarbene, sonnengelbe, sie leuchten wie junges Frühlingsgrün auf meinem hellen Holztisch! Sie sind keine "Blätter im Winde" wie in meinem Roman, sie verwelken nicht und sind für mich ein hoffnungsvolles Symbol für so manches, was ich noch verwirklichen will. So das Seminar "Die Ostpreußische Familie", das für den 15. bis 17. September 2006 im Ostheim in Bad Pyrmont geplant ist. Es soll wieder ein richtiges "Familientreffen" werden, und deshalb hoffe ich, daß sich die vielen Wünsche erfüllen, die mir in meinen Geburtstagskorb gelegt wurden. (Anmeldeformulare können vom Ostheim - Jugendbildungs- und Tagungsstätte, Parkstraße 14, 31812 Bad Pyrmont, Telefon 0 52 81 / 9 36 10, Fax 0 52 81/ 93 61 11, angefordert werden.) Doch davon demnächst in unserer Kolumne mehr, in der ich auch im Laufe der nächsten Zeit auf so manches in den Gratulationen Mitgeteilte eingehen werde, denn dies war nur ein kleiner Teil von meiner riesigen Geburtstagstorte - aber ich hoffe, er hat auch Ihnen geschmeckt!

In Dankbarkeit Eure Ruth Geede

Seltenes Dokument der Literaturgeschichte: Ruth Geede, Agnes Miegel und Hilde Geede im März 1953 Foto: privat


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