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03.06.06 / "Gustloff"-Glocke in Restaurant / Die Alarmglocke des 1945 gesunkenen Flüchtlingsschiffes steht jetzt im "Barracuda"

© Preußische Allgemeine Zeitung / 03. Juni 2006

"Gustloff"-Glocke in Restaurant
Die Alarmglocke des 1945 gesunkenen Flüchtlingsschiffes steht jetzt im "Barracuda"
von Gerhard Olter

In Gdingen wurde vor kurzem am Hafenboulevard ein Restaurant mit dem Namen "Barracuda" eröffnet, das eine Besonderheit besitzt. Als Hauptattraktion weist es die Alarmglocke aus dem Wrack der "Wilhelm Gustloff" auf. Vor dem Betreten des Hauptsaals des Restaurants stößt man auf sie. Der Restaurantbetreiber, Piotr Tomaszewski, sieht darin nichts Verwerfliches.

Nach Informationen des Historischen Archivs Krupp Essen ist sie am 3. November 1937 auf Bestellung der "C. Theod. Wagner AG" Wiesbaden gegossen worden. Die Glocke wiegt 280 Kilogramm und hat einen Durchmesser von etwa neun Dezimeter. Die Firma Wagner stellte Kommunikationssysteme her, und diese Glocke war höchstwahrscheinlich ein Geschenk der Firma für das im Jahre 1937 gebaute Schiff, das man erst auf den Namen "Adolf Hitler" taufen wollte, dem man jedoch letztendlich auf Hitlers Wunsch hin den Namen "Wilhelm Gustloff" verlieh.

Die Glocke ist am 8. August 1979 vom Polnischen Schiffsrettungswesen (Polskie Ratownictwo Okretowe - PRO) in Gdingen geborgen worden. Der damalige PRO-Direktor Tomasz Gajek stellte der Zeitung "Gazeta Wyborcza" Dokumente zur Verfügung, aus denen hervorgeht, daß sich die Glocke am Heck des Schiffes befunden hatte, wo sie mittels einer speziellen Vorrichtung befestigt gewesen war, die den in Kirchen gebräuchlichen Aufhängungen ähnelte. Das legte spontan die Vermutung nahe, es könne sich um eine Kirchenglocke handeln. Der Taucher, der die Glocke aus dem Wasser geborgen hat, mußte dies mit Dekompressionsproblemen bezahlen. Laut Aussagen von Tomasz Gajek gibt es Hunderte von Fotos, die an Bord der "Wilhelm Gustloff" entstanden sind und als Hintergrund eben jene Glocke haben.

Als Ende Februar dieses Jahres nun die "Gazeta Wyborcza" die sensationelle Information über den Fund der Glocke veröffentlichte, zeigten das Zentrale Meeresmuseum Danzig sowie das Stadtmuseum Gdingen Interesse, diese für ihre Bestände zu gewinnen. Inzwischen hat die Entwicklung eine bedeutende Wendung genommen. Die ultra rechts ausgerichtete politische Situation in Polen hat dazu geführt, daß das Gdingener Museum von diesem Vorhaben Abstand genommen hat, da "hinsichtlich der komplizierten Kriegsgeschichte der Stadt Gdingen eine Ausstellung der Glocke in diesem Museum von der Museumsleitung als nicht gerade glückliche Wahl angesehen wird". Das Zentrale Meeresmuseum Danzig ist zwar auch weiterhin an der Glocke interessiert, hat aber keinesfalls die Absicht, sie auszustellen: "... es ist kaum zu erwarten, daß sie ausgestellt wird. Sie paßt nicht zum Profil der Ausstellungen dieses Museums." Hingegen in gebührender Weise geehrt wurde die Glocke, als sie im Jahre 1995 anläßlich des 50. Jahrestages der Versenkung der "Wilhelm Gustloff" in der Bundesrepublik Deutschland gezeigt wurde. Danach mußte sie jedoch der Republik Polen zurückgegeben werden. Diese Ausstellung der Glocke soll in Kiel stattgefunden haben.

In der Republik Polen ist der Glocke lediglich das Schicksal beschert, in irgendeiner Ecke eines Museumslagerraumes ihr Dasein zu fristen. Auf eine Anfrage beim Deutschen Schiffahrtsmuseum in Bremerhaven hin, das ebenfalls eine kleine Ausstellung über die "Wilhelm Gustloff" beherbergt, ob es die Glocke aufnehmen würde, erging die Antwort, daß sie dort einen würdigen Platz bekommen würde.

Der Bund der Deutschen Minderheit in Danzig wird alles dafür tun, daß dieser stumme Zeuge jener Tragödie, die der "Wilhelm Gustloff" und den 9000 Opfern zuteil geworden ist, nicht als Super-Attraktion in einer Gdingener Gaststätte gezeigt wird. Er wird weiter für sie einen ihr gebührenden Platz suchen.

Wer Näheres zur Rekonstruktion des Schicksals der Glocke beitragen kann, wende sich an Gerhard Olter, Bund der Deutschen Minderheit in Danzig, ul. Warynskiego 36, PL 80-433 Gdansk.

Anfänglich gab es Zweifel an der Herkunft der Glocke

Ein Schiff und seine Alarmglocke: Die "Wilhelm Gustloff" und die Glocke im Restaurant "Barracuda" Fotos (2): Archiv


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