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03.06.06 / Sie widerstand den Angriffen der Preußen / Rehden ist das Paradebeispiel für die voll entwickelte Konventsburg des Deutschen Ordens im Kastelltypus

© Preußische Allgemeine Zeitung / 03. Juni 2006

Sie widerstand den Angriffen der Preußen
Rehden ist das Paradebeispiel für die voll entwickelte Konventsburg des Deutschen Ordens im Kastelltypus
von Christofer Herrmann

Die Konventsburg des Deutschen Ordens im Kastelltypus Rehden zeigt Größe, Monumentalität und ausgewogene Massenproportion sowie im Detail viele qualitätsvolle Dekorelemente. Die Anlage erscheint als einheitlich durchdachter und geplanter Bau, dessen perfektes Gesamtbild sich auch angesichts der heutigen Ruine vor dem geistigen Auge rekonstruieren läßt. Die vier Burghäuser bildeten ein im Grundriß quadratisches Geviert mit einer Seitenlänge von jeweils 52 Metern. Die Ecken wurden durch schlanke, leicht vortretende Türmchen betont, die mit ihren zinnenbesetzten Abschlüssen in 28 Meter Höhe deutlich über die Traufe der Flügelbauten hinausragten. In der Nordwestecke der Burg befand sich ein freistehender achteckiger Bergfried mit einem Durchmesser von 12,9 Metern, von dem leider nur noch die Grundmauern erhalten sind. Das Portal in der Mitte der Südseite wird von einer hohen Spitzbogenblende überfangen und war ursprünglich mit einer Vortoranlage versehen, die auf der Innenseite einen dekorativen Fries aus Maßwerkplatten besaß. Bemerkenswert am Außenbau ist weiterhin das die Wandfläche überziehende gleichmäßige Netz aus Rautenmustern. Die mächtige Ruine des Südflügels ist im Inneren des Hauptgeschosses dreigeteilt: Im Osten lag die ursprünglich mit Sterngewölben ausgestattete dreijochige Kirche mit einer enormen Höhenerstreckung. Der östliche Abschluß im Inneren wird durch die Schrägstellung der Wände polygonal gestaltet. Die weit nach oben geführten Chorfenster zeigen eine originelle Besonderheit, denn in ihrem oberen Bereich führt ein Wehrgang über kleine brückenartige Konstruktionen durch die Fenster hindurch. In der nördlichen Mauerstärke der Kirche liegen drei gut erhaltene Büßerzellen mit kleinen Öffnungen, die zur ehemaligen Altarstelle gerichtet sind. Durch diese Öffnungen konnten die wegen Verletzungen der Regel eingesperrten Ordensbrüder akustisch am Gottesdienst in der Kirche teilhaben. An die Kirche schloß ein über der Durchfahrt liegender kleiner Zwischenraum an, der vielleicht als Infirmerie diente. Im Westen des Flügels lag der dreijochige Remter. Vollständig erhalten haben sich die beiden südlichen Ecktürme, die man bis zu den gemauerten Zeltdächlein ersteigen kann. Die Burg in Rehden besaß eine einfache Variante des Danskers. Es handelt sich um einen auf der westlichen Parchammauer (Zwingermauer) aufsitzenden Halbschalenturm, der zur Grabenseite hin vier mächtige Granitkonsolen besitzt, auf denen die hölzerne Toilettenkonstruktion stand. Der Dansker war ursprünglich über einen von einer Arkade getragenen Gang vom Westflügel des Haupthauses aus zugänglich. Außergewöhnlich gut erhalten ist der Vorburgbereich südlich des Haupthauses, umgeben von der langgezogenen mittelalterlichen Befestigungsmauer.

Nach chronikalischer Überlieferung wurde die erste, noch hölzerne Burg in Rehden 1234 errichtet. Sie widerstand als eine der wenigen Befestigungen des Ordens den Angriffen der Prußen während des ersten und wohl auch während des zweiten Aufstands (1242-1249 und nach 1260). Die Errichtung des gewaltigen Haupthauses aus Backstein kann für die Jahre zwischen etwa 1300 und 1330 angenommen werden. Rehden steht dabei entwicklungsgeschichtlich zwischen Mewe und Strasburg. Im großen Krieg 1410 besetzten polnische Truppen die Burg, die anschließend durch den Deutschen Orden belagert wurde. 1454 fiel Rehden in die Hand des preußischen Bundes und konnte vom Orden trotz mehrmaliger Belagerungen nicht zurückerobert werden. Nach Beschädigungen während der nordischen Kriege im 17. Jahrhundert erfolgte unter preußischer Herrschaft (nach 1772) ein Teilabbruch der Burg, dem vor allem der West- und Nordflügel sowie der Bergfried zum Opfer fielen. Der Südflügel und Teile des Ostflügels blieben als Ruine stehen. 1836 führte man erste Restaurierungsarbeiten am Haupttor und am Kirchenportal durch. 1910/11 wurde der gesamte Südflügel gesichert und die Kirche mit einem Satteldach versehen. Zwischen 1961 und 1966 kam es zu einer weiteren Restaurierung der Burg, bei der die Kirche eine Dachkonstruktion aus Beton erhielt. Die geplante Einrichtung eines Museums kam jedoch nicht zustande, so daß die damals begonnenen Arbeiten bis heute unfertig geblieben sind.

Anreiseweg: Rehden liegt etwa 15 Kilometer südöstlich von Graudenz und ist von dort über die Landstraße 534 zu erreichen. Die Burg befindet sich an der Nordseite des Ortes.

Aus: "Burgen im Ordensland - Deutschordens- und Bischofsburgen in Ost- und Westpreußen", Bergstadtverlag, Würzburg 2006, 160 Abb., 288 Seiten, 24,90 Euro, Bestell-Nr.: 5489

Burg Rheden: Die Südseite der Ordensburg Foto: Herrmann


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