18.04.2024

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24.06.06 / Leserforum

© Preußische Allgemeine Zeitung / 24. Juni 2006

Leserforum

Stasi-Garde ohne Schamgefühl
Betr.: „Als Täter entlarvt“ (Nr. 20)

Herr Rentmeister nennt die ab 1945 im Speziallager Sachsenhausen Inhaftierten „die einstigen Peiniger und Mörder unserer Kameraden“, aus dem Buch „Stalins Lager in Deutschland“ (Klonovsky / v. Flocken) entnehme ich, daß dort Kinder von neun bis 15 Jahren zu dem Häftlingskreis gehörten. Von einer Klasse zehn- und elfjähriger kamen drei zurück. Herr R. war selbst niemals Häftling in Sachsenhausen, er war ein Kind, das durch die Haft des Vaters eine schwere Kindheit hatte, doch das berechtigt nicht, andere so beschämend abzuqualifizieren, die selbst noch Kinder waren und nicht Hitlers Taten zu verantworten hatten.

„Frontal 21“ zeigte neulich das selbstsichere Auftreten ehemaliger Stasi-Offiziere in Hohenschönhausen, beklemmend, wie diese Gruppe die einstige Arbeit als „ehrenhaft“ unterstrich. Auch meine Generation hat sich in jungen Jahren für eine Idee engagiert, deren unmenschliche Auswüchse von uns nach 1945 begriffen wurden. Wir haben uns noch für Verbrechen geschämt, für die wir einzelnen nicht verantwortlich waren. Dieses Schamgefühl existiert bei der alten Stasi-Garde nicht, sonst hätte man sich Herrn Minister Schönbohm gegenüber nicht so ungehörig aufgeführt.

Marg.-Elfriede Krause, Pattensen

 

Unrecht wird totgeschwiegen
Betr.: „Einheitsfront gegen die Opfer“ (Nr. 22)

In PAZ Nr. 20 hatte ich Gelegenheit, mich zum Thema der Enteignungsopfer in den „Gedanken zur Zeit“ zu äußern. Der nun veröffentlichte Vortrag von Karl Feldmeyer spricht mir mit jedem Wort aus der Seele. Ich kann heute hinzufügen, daß ich auf meinen Text „Aufbau Ost bleibt ohne Mittelstand ein Torso“ von keinem der Führungspersönlichkeiten aus Politik und Medien, die ich mit meiner Denkschrift konfrontiert hatte, eine positive Reaktion erhielt, die die konkrete Inangriffnahme einer Korrektur der 1990 auf Basis von Unwahrheiten begangenen Fehler vermuten ließe. Die Nichtreaktion auf das, was Feldmeyer mit Recht ein deutsches Watergate nennt, muß jedem Menschen, der noch ein Gewissen hat, eine Warnung sein. Gerade die politische Klasse und die Meinungsmacher in den Massenmedien predigen seit Jahrzehnten aus überzeugendem Grund, nicht wieder wegzusehen, wenn Unrecht geschieht. Die Ausgrenzung einer Gruppe aus der Rechtsgemeinschaft, wie 1990 durch die Grundgesetzänderung geschehen, ist himmelschreiendes Unrecht. Doch jene, die die Macht haben, schweigen. Welche Überzeugungskraft kann von den Appellen solcher „Eliten“ überhaupt noch ausgehen?

Lienhard Schmidt, Hamburg

 

Danke Benedikt
Betr.: „Die richtigen Worte“ (Nr. 22)

Ich bin eine protestantische Ostpreußin, in Ostpreußen geboren und möchte dem katholischen, in Bayern geborenen, Papst Benedikt XVI. aus ganzen Herzen danken für die mutigen Wahrheitsworte, die er über das ganze deutsche Volk in Auschwitz (nicht über Auschwitz) gesprochen hat.

Worte, die nach so langer Zeit der Unversöhnlichkeit einmal gesprochen werden mußten, die aber keiner der deutschen Politiker, weder Männer noch Frauen, gewagt haben: Daß es nämlich kein Volk gibt, das nur aus Verbrechern besteht, daß es falsch ist, eine ganze Generation zu verdamme, weil eine Schar von Verbrechern sich durch falsche Versprechungen die Macht erschlichen und mißbraucht hat, zum unsagbarem Leid für andere, aber vor allem für die Deutschen selbst.

Danke, Danke Papst Benedikt XVI.

Annemarie Kordack, Herford

Gefeiert wie ein Popstar: Papst Benedikt XVI. in Polen Foto: EPA / Corbis

 

Spendenaufruf für Dönitz?
Betr.: Pflege von Karl Dönitz’ Grab

Sie berichteten über den Zustand vom Grab von Großadmiral Karl Dönitz. Daß die beiden Marineverbände dem Zeitgeist folgen, überrascht mich nicht! Leider kann man aus dem Artikel nicht erkennen, ob das vorhandene Geld für die Pflege und den Erhalt des Grabes reicht. Sollte das Geld nicht reichen, wäre ein Spendenaufruf zum 115. Geburtstag am 16. September 2006 doch empfehlenswert!

Reiner Baur, Ludwigsburg

 

Linke haben ihren Haß gepflegt
Betr.: „Da wird mir übel“ (Nr. 23)

Ich glaube nicht, daß sich Deutschlands Linke von ihrem Haß gegen ihr eigenes Land trennen werden. Diesen Haß haben sie doch seit Jahrzehnten gepflegt, selbst in Gesetze gegossen und haben unter dem Joch einer „politischen Korrektheit“ die freie Meinung zu ersticken gesucht.

Der Papst sagte in Warschau, daß wir uns vor dem arroganten Anspruch hüten müßten, uns zu Richtern früherer Generationen zu erheben, die in anderen Zeiten und unter anderen Umständen gelebt haben. Diesen arroganten Anspruch pflegt die ganze Linke, deren Denken weit in das bürgerliche Lager hineinreicht und es uns schwer macht, Linke und Nicht-Linke zu trennen, was uns dazu führen sollte, unter Auslassung einer verschwommenen Mitte Rechts und Links sauber abzuklären. Was ist denn eigentlich rechts, was links? Antifa, Runde Tische gegen Rechts und ähnliche Gruppierungen sind nach ihren Zwecken, ihren Zielen, Absichten und Meinungen genauso zu untersuchen, wie das für sogenannte rechte Gruppierungen gelten muß. Wir müssen endlich wissen, was gemeint ist und was sich hinter Namen und Schlagworten versteckt, bevor wir zutreffend zu urteilen vermögen.

Monika Engelsmann, Nordhorn

 

Reif zur Versöhnung
Betr.: „Die richtigen Worte“ (Nr. 22)

Warum ist Herr Mahlitz in seinem Artikel eigentlich so zufrieden, daß sich Papst Benedikt XVI. bei seiner Reise in Polen nicht entschuldigt hat? Ganz offensichtlich verkennt er, daß sich unser Papst vor Gott und den Menschen sehr wohl dafür entschuldigt hat, daß eine verbrecherische deutsche Clique mit Terror, Einschüchterung und Mord unser eigenes Land beherrschte und sogar die Willkür des Mordens nach Polen, insbesondere aber nach Auschwitz getragen hat. Das ist wahrlich ein großes, mutiges Bekenntnis von ihm. Und wenn das so von der überwiegenden Mehrheit der Polen erkannt und anerkannt wird, sollten wir doch alle nachdenklich und zuversichtlich werden. Damit sind wir jetzt doch viel näher an und offener mit unserer eigenen Geschichte, als die, die die wahrhaften Äußerungen des Papstes ins Abseits stellen wollen, indem sie mit der „Gesamtdeutschen Täterschuld“ weiter schwadronieren.

Eigentlich sollten diese Meinungsträger heutzutage längst bemerkt haben, daß sie damit den Ausgleich zwischen Deutschen und Polen massiv behindern, wenn sie und ein Großteil von Politikern meinen, in alten Schablonen „Neues“ schreiben und sagen zu müssen.

Lassen wir doch die Menschen beider Länder entscheiden, lassen wir sie doch als friedliche Nachbarn zusammenkommen! Der Besuch des Papstes hat deutlich gezeigt, daß diese Menschen reif zur Versöhnung sind. Setzen wir also auf die sich positiv entwickelnden Kräfte der Gegenwart, der Zukunft und vor allem auf die Jugend.

Und wenn uns Benedikt XVI. dabei so massiv unterstützt, sollten wir in Gottes Namen auch dafür dankbar sein.

Bernhard Kienast, Gunzenhausen

 

Kultur und gewachsene Strukturen erhalten
Betr.: „Schwarz-Rot-Gold oder Schwarz-Weiß-Rot?“ (Nr. 17)

Ich bin noch schwindelig von der Lektüre Ihres von großer Sachkenntnis zeugenden Artikels über die deutschen Farben, zeigt Ihr Aufsatz aber auch, gewollt oder ungewollt, welch’ unmöglich gebrochenes Verhältnis die Deutschen zu ihrer Nation haben.

Ihre beiden Artikel steigerten deutsches Gefühlsleben ins geradezu Groteske. Ich hätte es begrüßt, wenn Sie ganz eindeutig festgestellt und bekannt hätten, daß „Schwarz-Rot-Gold“ im Laufe der Jahrhunderte die größten deutschen Traditionen „abdeckte“, ebenfalls der Hinweis auf die eindeutige Herkunft unserer Reichsfarben. Sie schnitten dieses Thema nur an. Unbestritten sind die Farben ein Rückgriff auf das alte Kaiserwappen des Mittelalters: das goldene Schild, der schwarze Adler und die roten Fänge.

In der Zeit der großdeutschen Revolution, 1848, war der Wappenadler noch doppelköpfig. Sie wissen es. Mit Gründung des zweiten deutschen Reiches ohne Einbeziehung Österreichs, 1871, wurde wohlbedacht Schwarz-Weiß-Rot eingeführt. Schwarz-Weiß als Reverenz vor dem den Kaiser stellenden Preußen und Rot-Weiß für den Norddeutschen Bund, mit welchem Preußen 1870 gegen Frankreich in den Krieg zog. Tatsächlich, und das ist ja nicht zu verkennen, wurde S/W/R mit kleiner bekannter Unterbrechung bis zum 8. Mai 1945 geführt (!), ab 1932/33 jedoch mit einer bis dahin neuartigen Zusammenstellung. „Schwarz-Rot-Gold“ sollte man inzwischen nicht mehr zur Disposition stellen. „Wegen dem Seelenschatz, der so vielen abgezwungen!“

... vielleicht noch nebenbei und abweichend vom eigentlichen Thema: Fiel Ihnen schon auf, daß unsere jetzige Republik als erste deutsche Staatseinheit sich eindeutig zum Namen „Deutschland“ bekennt und darunter firmiert.

Ihnen frohes Schaffen und bitte, wenn es denn geht, nicht allzu lange Artikel.

Unterscheidungen preiszugeben heißt, Kultur und danach gewachsene Strukturen fallenzulassen.

Friedrich-Karl Hehnen, München

 

Unangepaßte Richterin
Betr.: „Gegen den Strom“ (Nr. 22)

Der Autor irrt, wenn er meint, daß das von ihm genannte Sondervotum das erste der Richterin Evelyn Haas sei. Die Richterin hat bisher zehn Sondervoten erstellt. Sie sind in der Liste der „Abweichenden Meinungen“ der Registerbände enthalten. Sie stehen in jeder Bücherei eines Amtsgerichtes. Von den „Abweichenden Meinungen“ soll hier nur das vom 93. Bande erwähnt werden. Es ist auch heute noch lesenswert. Es behandelt den Ehrenschutz des Soldaten bei schweren Beleidigungen.

Heinzgeorg Neumann, Vizepräsident des Verwaltungsgerichtes a. D., Lüneburg

 

Die CDU wird unter Merkels Führung zu einem Paket ohne Inhalt
Betr.: „Fehlpässe der Regierung“ (Nr. 23)

Mit Angela Merkel erleben wir eine Pleite. Mit ihr steigen die Steuern und Lasten, die Bürokratie wie die Bevormundung der Bürger wachsen, wirkliche Arbeitsplätze lassen sich für Deutsche wohl nur auf dem Mond finden. Vertretung deutscher Interessen? Was ist das? Eine EU-Verfassung will sie in Gang bringen, die keiner will. Unsere Soldaten entsendet sie in ferne Länder, wo sie nichts zu suchen haben. Die CDU wird unter ihrer Führung zu einem Paket ohne Inhalt, kopf-, führungs- und wertelos. Allerdings ginge es uns unter einem SPD-Kanzler sicher nicht besser.

Im Ausland soll sie gut angekommen sein. Uns hat das Geld gekostet. Was hat es uns gebracht?

Da lebe doch der Fußball hoch. Hatten nicht schon die alten Römer Spiele für das Volk? Ballacks Wade bewegt Millionen. Vor dem Reichstag eine Attrappe des Olympiastadions, in dem am vergangenen Donnerstag die Moderatoren Kerner und Gottschalk genauso hilflos agierten wie die gegenwärtige Bundesregierung.

Freimut Fendler, Landshut/Isar

 

Gefiltertes Bild
Betr.: „Streit um bulgarische Bettlerbande“ (Nr. 21)

Was uns heute vor allem fehlt, sind wache, objektive Medien, die ohne politische Schlagseiten ihre Leser und Hörer korrekt informieren. Heute erhalten viele Leser / Hörer oftmals ein gefiltertes Bild der Wirklichkeit, die Vorurteile und politische Justierungen von Journalisten werden als Wahrheiten verkauft, während die Pflicht zum Hinterfragen und zum Zweifel vergessen wird.

Auch an Vertreter der Kirchen, die ja auch nicht die Wahrheit gepachtet haben, ist die Forderung zu stellen, erst sorgsam zu prüfen, bevor Gläubige möglicherweise mit falschen Informationen gefüttert und Emotionen geweckt werden, für die es keinen Anlaß gibt.

Nora Fraude, Lörrach

 

Die letzten Kriegstage waren für uns ein angstvolles Durcheinander
Betr.: „8. Mai – Tag der Besinnung“ (Nr. 19)

Nach 61 Jahren nennt man diesen Tag wohl so. Wir aus Ostpreußen lernten ihn dann hier später als „Tag der Befreiung“ kennen. Dieser 8. Mai 1945 war ein ungewöhnlich schöner, sonniger Tag, ruhig und still. Nach diesem strengen Winter, wo man am 21. Januar fast ganz Ostpreußen auf die Straßen schickte.

Im Februar 1945: Der Geschützdonner kam näher. Ringsherum loderten helle Feuer. So beschloß unsere Familie noch am Abend „wir gehen weiter zum Dorf in einen festen Keller“, was unserer Familie dann auch das Leben rettete. Es war der 5. Februar. Auch dieses Haus brannte, als man uns aus dem Keller holte und über eine Wiese trieb. Zum Wald, zur Ziegelei und danach noch ein paar Orte weiter. Am 4. März erst gelang es uns zurückzukehren. Gleich beim Ortseingang fanden wir dann Aufnahme im Oberstübchen. Großeltern, Mutter und wir drei Kinder.

Eine Kommandantur gab’s nicht im Ort. Wurden wir mal überfallen, waren wir schutzlos. Es hielt aber immer jemand Wache.

Nun dieser sonnige 8. Mai 1945. Es kam ein russischer Offizier, der uns mitteilte, das „Chittler tott und Wojna kaputt“, er wolle aufschreiben, wie viele Familien, wie viele Personen; hatte Papier und Bleistift dabei. Ging von Haus zu Haus, das heißt von Stube zu Stube, es sollte jede Familie eine Kuh erhalten. Meine Oma hat geweint, war es doch die Milch, die Kindern und alten Leuten zum Überleben fehlte. Wußte sie noch, wie ihre Großmutter ihr einst erzählt hatte, daß im unglücklichen Krieg 1806/07 der ganze Ort nur eine Kuh hatte.

Nur wehe den Menschen, wo die russischen Soldaten alkoholische Getränke bekamen und im Rausch und Siegestaumel nicht mehr wußten, was sie tun. Da ist noch viel Blut geflossen. Beim Fließen von Alkohol gab’s auch noch Tote – die Mütter erhielten die Nachricht „fürs Vaterland gefallen“. Das war: „Der 8. Mai 1945“

Ursula Lübge, Fischbeck

 

Kriegsverbrechen
Betr.: „Das Spiel mit den Opferzahlen“ (Nr. 19)

Nach dem militärisch vollkommen sinnlosen Luftangriff der Amerikaner und Engländer im Februar 1945 auf Dresden sind 25000 gezählte Brandopfer politisch korrekt. Das Massaker von Dresden, das die Alliierten gezielt herbeigeführt haben, ist und bleibt ein Kriegsverbrechen, auch wenn die Politiker im Bundestag sich winden, dies zuzugeben.

Die aus Schlesien vertriebenen und in der Stadt sich aufhaltenden Flüchtlinge dürften die offiziell verordnete Zahl von 25000 erheblich übertreffen. Doch Vorsicht ist geboten: In vielleicht wenigen Jahren könnte die angezweifelte Zahl der 25000 grausam Getöteten den Staatsanwalt auf den Plan rufen. Warum? Die Behauptung, daß Alliierte sich eines Kriegsverbrechens einer solchen Größenordnung schuldig gemacht haben, vor allem bei weitem größer als bislang von offizieller Seite eingestanden wurde, widerspricht der veröffentlichten Meinung von den moralisch guten Alliierten und den bösen deutschen Kriegsverbrechern.

Jochen Lückoff, Bad Liebenwerda

 

Von Herder
Betr.: „Was äußerlich nicht da ist“ (Nr. 21)

Darf ich darauf hinweisen, daß es sich bei den Worten „Licht, Leben, Liebe“ auf dem Bild der „Madonna von Stalingrad“ ursprünglich um die Inschrift auf Johann Gottfried Herders Grabplatte in Weimar gehandelt hat? Jedem halbwegs gebildeten protestantischen Geistlichen ist das 1942 vermutlich noch bewußt gewesen.

Dr. Dr. h.c. Norbert Hinske, Trier

 

Das ist Tilsit
Betr.: „Königsberg – Verzeih!“ (Nr. 20)

Das auf Seite 14 zu obigem Artikel abgebildete Foto ist eindeutig die Hohe Straße in Tilsit und nicht in Königsberg. In dem linken Haus mit den Säulen befand sich früher der Kreditverein, rechts daneben steht das Haus mit dem Ritter oberhalb des Balkons, auf dem Balkon darunter befindet sich ein großer Fisch. Auf dem abgebildeten Foto deutlich sichtbar.

Siegrid Ernst, Kiel

 

Königsberg im Herzen – "Wir hoffen lediglich, noch ein kleines Stückchen Heimat zu finden"
Betr.: „Königsberg – Verzeih“ (Nr. 20)

Der Artikel „Königsberg – Verzeih“ von Harald Breede hat mich mehr als ein wenig befremdet.

Gleich am Anfang ist er enttäuscht, daß die Ostsee-Kreuzfahrten nicht in dem früheren Königsberg anlegen. Die Kaimauern des Hafens sind zerbröckelt, die Zäune sind verrostet und teilweise heruntergefallen. Einen Schiffsverkehr gab es kaum in dem Hafen, auf der gegenüberliegenden Seite sind Unmengen von Kränen zusammengetragen und anscheinend nicht benutzt, denn wir sahen keine Aufbau-Arbeit irgendwo, der Hafen war leer. Die Hafengebäude waren teilweise zerfallen, Fenster ausgeschlagen, die Außenmauern schmutzig und bröckelnd. Sicherlich ist eine Kreuzfahrt-Gesellschaft nicht bereit, ihre zahlenden Kunden da hereinzufahren.

Herr Breede bedauert, daß meistens nur von den Plattenbauten gesprochen wird. Das ist verständlich, denn wenn man in das frühere Königsberg hereinfährt, fährt man Straßen und immer wieder Straßen entlang und ist überwältigt von diesen vernachlässigten Plattenbauten, einer neben dem anderen. Die ganze Innenstadt scheint davon übersät zu sein, wo man auch hinsieht. Und sie sind grau und schmutzig, die Geländer der Balkons meist verrostet und hier und da mit Wellblech verstärkt. Dieses aber mit Mietskasernen in Trabantenvorstädten in westlichen Ländern zu vergleichen, ist wirklich ein wenig zu weit gegriffen. Ja, es gibt solche Viertel in den meisten Städten, aber sie bedecken nirgends sonst ein ganze Stadt.

Wir „Heimweh-Touristen“ haben nicht vergessen, was man unserer Heimat angetan hat. Wir suchen Königsberg und finden es überwältigt und erstickt von Kaliningrad. Wir hoffen lediglich bei einem Besuch noch irgendein kleines Stückchen Heimat zu finden, ein kleines winziges Bleibsel aus unserer Vergangenheit, als Ostpreußen und Königsberg noch schön waren. Deshalb ist ein alter Kanaldeckel aus der Zeit, als die Stadt noch Königsberg war, sehr wichtig. Herr Breede scheint zu vergessen, daß wir alten Ostpreußen, wir „Heimweh-Touristen“, nach dem früheren Königsberg fahren, nicht nach dem heutigen Kaliningrad. Ich, und ich kann ja nur von mir selbst sprechen, bin nicht daran interessiert, Kaliningrad zu erforschen. Ich möchte irgendwie finden, daß Ostpreußen noch nicht ganz tot ist, daß Königsberg noch atmet. Ja, der Dom ist wieder gebaut – mit deutschen Geldern, Herr Breede, sonst läge er auch heute noch in Trümmern, oder hätte einen Plattenbau anstelle. Wenn jemand den Ankunftsbahnhof Nordbahnhof anstatt von dem Hauptbahnhof genannt hat, so ist es vielleicht, daß der Nordbahnhof so sehr viel bekannter war in Königsberg. Uns wurde von der russischen Stadtführung das Innere des Hauptbahnhofs vorgezeigt. Wir haben ihn gesehen samt goldenem Kronleuchter. Gewöhnlich ist ein Bahnhof kein Vorzeigestück in Stadtrundfahrten, aber ja, der Bahnhof ist wieder aufgebaut. Der Nordbahnhof steht auch noch mit den Säulen von „damals“. Mein Blick wurde aber immer wieder zu dem großen Parkplatz davor gezogen, denn darunter liegt mein Vater immer noch in einem Massengrab. Und ich konnte nicht einmal eine Blume in Gedenken dort hinlegen. Auch nicht natürlich, wo die vielen, vielen anderen Mitglieder meiner Familie irgendwo verscharrt oder vielleicht nur liegengelassen wurden. Für Deutsche gibt es in dem heutigen Kaliningrad keine Friedhöfe mehr. Sollte ich das vergessen, um eine wieder renovierte Villa zu bewundern? Ich wundere mich übrigens, warum unsere russische Stadtführung uns diese wunderschöne Villenvorstadt, von der Herr Breede erzählt, nicht gezeigt hat. Das Villenviertel, das uns gezeigt wurde, war überwachsen mit Unkraut und anscheinend unbewohnt. Darunter waren zwei oder drei sehr schön renovierte Villen, mit schönen Gärten, zwischen all dem Schmutz und Zerstörung. Die russische Führung erklärte, daß diese Villen den Mafia-Bossen gehören. Herr Breede schreibt von dem schönen blauen Schloßteich, den wir anscheinend nie sehen. Oh doch, wir sind um den Teich herumgegangen. Der Teich war jedenfalls vor drei Jahren völlig braun und verschmutzt, mit Unkraut bewachsenen Ufern, in dem auch mehr als genug Unrat lag. All das wird nicht schöner, weil neue Autos – die habe ich nicht übersehen – auf den Straßen fahren.

Bitte, Herr Breede, bitten Sie nicht um Verzeihung in unserem Namen. Wer um Verzeihung bitten sollte, sind die Amerikaner, die unsere schöne Stadt mit Bomben zerstörten, und die Russen, die unsere ganze Heimat niederwalzten und versuchten, ihr die Seele zu nehmen. Wir brauchen Königsberg nicht um Verzeihung zu bitten, denn wir tragen Königsberg und unsere geliebte Heimat in unserem Herzen. Das heutige Kaliningrad bedeutet uns nichts und hat eigentlich nichts mit unserem Königsberg gemein, außer der geographischen Lage und dem wiedererbauten Dom und anderen wenigen renovierten Plätzen, und nicht einmal das ist, außer der Erlaubnis, den Russen zu verdanken. Herrn Breede sprach in seinem Artikel nicht Königsberg an, denn anscheinend hat er keine Tränen für Königsberg. Es klang mehr wie eine Bitte um Verzeihung an Kaliningrad, das wir „Heimweh-Touristen“ nicht sehen können oder wollen. Ich fand, was da heute steht, ist nicht Königsberg und verdient bei Gott nicht den Namen.

Irme d’Erceville, West Vancouver, Kanada

Ehrenmal in Königsberg für die 1945 im Kampf um die Stadt gefallenen sowjetischen Marinesoldaten: Was für viele Russen eine Touristenattraktion ist, läßt viele deutsche „Heimwehtouristen“ erschauern. Foto: Caro

 

Wir wollen Kanaldeckel und alte Ruinen
Betr.: „Königsberg verzeih“ (Nr. 20)

Der Auszug hat mich sehr verärgert. Regelrecht wütend gemacht, was bei mir selten vorkommt. Dieser Herr Breede hat wahrscheinlich keinerlei persönliche Beziehung zu unserer Stadt. Breede steht nicht im Königsberger Einwohnermeldebuch. Mir hat jeder andere Bericht mit Foto von einem „Kanaldeckel“ mehr Freude bereitet. Er fuhr sehr bequem und mit viel Geld in der Tasche. Wodka für jeden, der mit mir spricht sozusagen.

Die meisten von uns verließen die Heimat damals plötzlich. Luftschutzgepäck, extra Kleidung angezogen und ab. Mit einem Frachter, zu Fuß bis Pillau, mit dem letzten Zug am 22. Januar 1945 oder ähnlich. Viele blieben zurück. Auch für diese Menschen blieb keine Zeit zum Abschied nehmen. Nur der Augenblick zählte zum Überleben. Durchhalten, durchhalten, es kann doch nur noch besser werden.

Herrn Breedes Bericht über die schönen breiten Straßen und Plätze, wir wissen daß unter dem Asphalt viele Deutsche ihr Grab gefunden haben, und wir treten da leise auf. Die breiten Straßen und Plätze gibt es, weil viele Straßen ausradiert sind. Deshalb die Spurensuche.

Die Kreuzapotheke – mein Vater hat dort gearbeitet von 1934 bis 1945. Im Amtsgericht war er vom 1. Februar bis 9. April 1945, einer der letzten Kampfstützpunkte. Die Sternwarte, ach der herrliche alte Park rundum, von Ecke Volksgarten bis runter zur Kinderklinik voller Anemonen und im Herbst Kastanien. Hannelore Randzuss, die auf dem Gelände der Sternwarte in einem Einfamilienhaus wohnte, war mit mir befreundet, unsere Väter ebenfalls.

Gegenüber der Botanische Garten. Hier wohnte Professor Mothes mit Familie, und mein Bruder und die Mothes-Zwillinge Heinrich und Winrich waren Schulkameraden und Freunde. Die Medizinische Klinik in der Drumstraße, nebenan war „meine Herbartschule“, steht auch noch. Und ist, Gott sei’s gedankt, noch gut zu erkennen. Wie schön, daß sie nicht renoviert ist und neu angepinselt.

Herr Breede, das sind Erinnerungen, Erinnerungen an unsere Heimat, die uns genommen wurde. Meinen Sie, ich bin aus lauter Unternehmungslust nach Kanada gezogen?

Wir wurden in dem Rest von Deutschland mit Geringschätzung aufgenommen. Beschimpft, geprügelt und verhöhnt. „Marjellchen, hast dir bekleckert mit das Gelbe von die Ei“ war noch das mildeste.

So, die Leute, die da „Nach Hause“ fahren, sind keine Touristen. Es sind Heimatlose, die Spuren suchen. Spuren, welche beweisen, wenn auch nur sich selbst gegenüber, daß auch sie hier einmal beheimatet waren. Die Spurensucher suchen nicht nur nach der alten Schule, sondern auch den Platz, wo viele ihrer Angehörigen den letzten Atemzug getan haben.

Lesen Sie „Überleben war schwerer als sterben“, E. Morgenstern. Auch sie war in die Herbartschule gegangen. Die Bücher von Lehndorff, Lothar Fink, Hans Deichelmann, Anneliese Kreutz – „Das große Sterben in Königsberg“. Dann erst, Herr Breede, werden Sie die „Spurensucher“ verstehen.

Uns, meinen Eltern und vielen anderen war das Ostpreußenblatt seit seinem Anfang ein Stückchen Heimat. Berichte von Ostpreußen, Suchanzeigen, Geschichten von zu Hause. Eine Zeitung, die uns verstand.

Wir wollen Kanaldeckel und alte Ruinen und Berichte, nicht Reiseberichte von Touristen – für Reklame kann ich ein Reisebüro besuchen. Und vor allem, Herr Breede, verunglimpfen Sie in der Zukunft nicht die Berichte anderer in der Annahme, daß alle vor Freude darüber vor Ihnen Purzelbäume schlagen.

Wer im Herbst nach Königsberg fährt, bitte schickt mir eine Kastanie aus Königsberg für meinen „Kastanienbaum aus Königsberg“ (wird gepflanzt).

Brigitte von Kalben, West Hill, Kanada

 

Letzter Zeitzeuge
Betr.: „Was äußerlich nicht da ist“ (Nr. 21)

Mir ist bekannt, da ich selbst am 31. Januar 1943 in sowjetische Gefangenschaft in Stalingrad geriet, daß die Zeichnung „Madonna“ von Herrn Reuber an seinen Freund, den Baron aus dem Ort Grießem bei Hameln, der als Kranker oder Verwundeter noch fast als letzter aus dem Kessel ausgeflogen wurde, mitgegeben wurde. Dieser Baron, dessen Namen mir entfallen ist, baute zum Dank seiner Heimkehr in Grießem auf seinem Grundstück eine kleine Kapelle für die Gemeinde, da es in diesem Ort keine Kirche gab. In dieser Kapelle befindet sich auch das Relief der Madonna. 1982 war ich dort, der Baron war verstorben, die Tochter traf ich nicht an. Die Kapelle war total verwahrlost.

Ich bin einer der letzten Zeitzeugen, daher auch meine Stellungnahme.

Rudolf Nagaitschik, Wolfenbüttel


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