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08.07.06 / Halm in den Winden des Zeitgeistes / Deutschlands fataler Gesellschaftswandel durch das Wirken der "Frankfurter Schule"

© Preußische Allgemeine Zeitung / 08. Juli 2006

Halm in den Winden des Zeitgeistes
Deutschlands fataler Gesellschaftswandel durch das Wirken der "Frankfurter Schule"
von Günter Rohrmoser

Was sind die Folgen der "Frankfurter Schule" gewesen? Die Folgen waren und verbinden sich mit der berühmten studentischen Revolte und das nicht zufällig, weil natürlich die erste Phase dieses Umformungsprozesses an den Universitäten ansetzen mußte. Sie erkannten, und das gehört zu den ältesten Einsichten von Horkheimer, daß die Wissenschaft in dieser modernen Industriegesellschaft die erste und die wichtigste Produktivkraft ist. Wer die Kontrolle und die Steuerung dieser Produktivkraft Wissenschaft in die Hand bekommt, der hat damit die Gesellschaft im ganzen in der Hand. Nun sind nicht alle deutschen Universitäten erobert worden, aber entscheidende Universitäten und Universitätsbereiche. Damals erklärte ein Wissenschaftler, es sei erfolgreich gelungen, die Bremer Universität in eine Art stalinistische Kaderschmiede zu verwandeln. Das ist heute völlig anders, aber das konnte damals mit Stolz als ein wichtiger und wesentlicher Schritt verkündet werden.

Wir wissen, was daraus geworden ist. Die Revolte hat bewirkt, daß die alte deutsche Universität zerschlagen wurde. Sie hat die Voraussetzungen dafür geschaffen, daß zuerst die Ministerialbürokraten die seit Generationen versuchte Machtübernahme über die Universitäten erreichten. Dann wurde die Universität vergesellschaftet, das heißt gesellschaftliche Gruppen versammeln ihre Vertreter in einem Gremienrat, der über Hochschullehrer, Mittelverwendung, Lehrpläne und so weiter entscheidet. Die Vergesellschaftung der Universität ist zwar erreicht worden, aber nicht so wie unsere Revolutionskämpfer es sich gedacht haben, sondern eher das Gegenteil wurde erreicht und bewirkt.

Und dann natürlich die Schule. Man staunt immer wieder, daß es Leute gibt, die darüber erschrecken, was über die innere Verfassung und den Zustand unseres Schulwesens an ihre Ohren dringt. Die Schule war und ist nach der Universität von gleicher Bedeutung, denn die Schule ist die Stätte des Prozesses, durch den eine heranwachsende biologische Generation in die vorgegebenen Kulturverhältnisse, -formen und -verständnisse eingeübt und eingelebt werden muß. Das heißt wenn dieser Vorgang der Einübung in die vorgegebene Kultur nicht stattfindet, dann bricht diese Kultur, ihre Kontinuität und Tradition ab. Das Ziel der sogenannten emanzipatorischen Schule war genau entgegengesetzt, nämlich die Kinder aus der bestehenden Kultur zu emanzipieren, das heißt konkret, sie herauszubrechen, und das dazu geeignete Mittel war die anti-autoritäre Erziehung. Das Ergebnis ist die Rütli-Schule.

Auch wissen wir, daß über 20 Prozent der Schulabgänger nicht im Besitz der geforderten Kulturtechniken sind und zehn bis 15 Prozent weder lesen noch schreiben können, und zwar nicht nur ausländische Kinder, sondern auch deutsche. Das heißt, was hier entstanden ist als Folge eines übersehenen, unterdrückten und zum Teil verdrängten kulturrevolutionären Angriffs und Prozesses, stellt uns vor Probleme, auf die gegenwärtig niemand eine Antwort hat. An einer anderen Schule haben Eltern, Schüler und Lehrer beschlossen, an der Schule muß deutsch geredet werden. Welche Sprache sollte denn sonst an einer deutschen Schule gebraucht werden? Wie soll man Unterricht erteilen in Klassen, in denen 20 Nationen vertreten sind und ebenso viele unterschiedliche Sprachen?

Und drittens, das ist vielleicht das allerwichtigste, die Familie. Es gehörte von Anfang an zu dieser kulturrevolutionären Bewegung der Wille, die traditionelle bürgerliche Familie aufzulösen und abzuschaffen. Das war Programm.

Im zweiten Familienbericht der damaligen Bundesregierung unter Helmut Schmidt war zu lesen, daß die Familie eine Zwangsinstitution sei. Die verbürgerlichte Familie ist also ein Herrschaftsgebilde, und zwar ein Herrschaftsgebilde zur Aufrechterhaltung kapitalistischer Zustände und Verhältnisse. Der Vater ist die Vermittlungsfigur, der die dem Kapitalismus förderlichen Normen und Werte in der Familie tyrannisch durchsetzt, dabei die Frau unterdrückt, die Kommunikationsverhältnisse auflöst und Familie damit zu einer Zwangsinstitution macht. Da muß man sich doch fragen, was haben sich die Bürger eigentlich gedacht, wenn sie das überhaupt zur Kenntnis genommen haben.

In einer Stadt wie Stuttgart leben in bald 50 Prozent der Wohnungen Alleinstehende, und sehr viel anders werden die Verhältnisse in anderen Großstädten auch nicht sein. Jede zweite Ehe scheitert tendenziell und zum krönenden Abschluß erhebt die CDU-Familienministerin, angepaßt und gemildert durch grüne Schattierung, zum Regierungsprogramm, daß Eltern, die beide arbeiten, Elterngeld bekommen und Frauen, die zu Hause bleiben, nicht. Das war der ursprüngliche Vorschlag, aber heute bekommen nur die doppelarbeitenden Eltern Elterngeld, wenn der Mann auch bereit ist zwei Monate den Wickeldienst für das Baby zu übernehmen. Ob das gut oder schlecht ist, ist unerheblich, aber es ist die Erfüllung des kulturrevolutionären Programms.

Daß das deutsche Volk mit einiger Energie und Besessenheit dabei ist, sich biologisch selber zu dezimieren, ist ja nicht vom Himmel gefallen. Natürlich sind andere Faktoren und Bedingungen hinzugekommen, aber das gehört auch mit zum Resultat. Die CDU sagt heute, Familie ist da, wo Kinder sind. Jedes Individuum in der liberalen Gesellschaft kann entscheiden, ob es heiraten will oder nicht, wen es heiraten will und wen es nicht heiraten will. Nur mit den Kindern ist es anders. Ich kann nicht sagen, Familie ist da, wo Kinder sind, ohne die Frage zu stellen, wo kommen denn die Kinder her? Sie kommen doch nicht aus den Schwulenverbindungen, sie kommen doch aus der Familie. Die privatindividualistische Gestaltung der Eheverhältnisse ist eine Sache, aber mit der damit verbundenen Verweigerung und Auflösung der Familie ist der biologische Untergang dieses Landes vorprogrammiert, das müssen wir endlich zur Kenntnis nehmen.

Denn was folgt aus der Überalterung? Nicht nur, daß die Leute erfreulich alt werden, sondern daß die Gesellschaft ihre vitalen Impulse verliert, mit der sie sich der Zukunft mit Optimismus und Zuversicht zuwenden kann. Die überwiegenden Alten verteidigen ihre Besitzstände gegen die Zukunft und es wird ein katastrophaler Bruch in dem sowieso bedenklichen bis morbiden Verhältnis zur Zukunft eintreten. Nun beginnt man, das zu diskutieren, aber zu einem Zeitpunkt, wo das Kind schon längst in den Brunnen gefallen ist. Und was hat sich aus alledem für das Leitbild unserer gesellschaftlichen Ordnung ergeben? Wie haben wir die Gesellschaft verstanden, die sich aus allen

diesen Bedingungen heraus entwickeln sollte und auch entwickelt hat? Nachdem man mit der Geschichte alle geschichtsbildenden Kräfte wie Nation, Religion, Überlieferung, Tradition und Autorität abgeschafft hat, blieb für diese Gesellschaft, und das ist der gegenwärtige Stand, nur noch eins über, nämlich wirtschaftliches Wachstum, Das müssen wir uns doch einmal klar machen, daß wir einen Staat haben, der praktisch seine ganze Existenz auf die These gestellt hat, daß die Wirtschaft im Jahr durchschnittlich drei bis sechs Prozent Wachstum produzieren muß. Ein Staat, der auf Wachstum gegründet ist, ist kein Staat mehr, denn er ist restlos seiner staatlichen Handlungsmöglichkeiten beraubt, aber dazu verurteilt, das zu erzeugen, was ein Staat nicht kann. Der Staat kann kein Wachstum erzeugen und nicht einen einzigen Arbeitsplatz schaffen.

Das zweite ist der progressive Ausbau des Sozialstaates, nicht nach den Prinzipien, die sich die Väter der Sozialen Marktwirtschaft vorgestellt haben, sondern da ist etwas ganz anderes daraus geworden. Nach den Vorstellungen von Müller-Annack sollte der Sozialstaat die Punkte in der Wirtschaft kompensieren, in der einer aus Unglück, Unvermögen oder Krankheit nicht im Stande ist, seinen gesellschaftlichen Status zu erhalten. Dann sollte der Sozialstaat tätig werden und komplementär Hilfe leisten. Das ist die ursprüngliche Idee des Sozialstaates. Und was ist unter dieser Kulturrevolution daraus geworden? Das Ziel ist, eine Sicherung vor allen denkbaren Risiken des Lebens zu erreichen. Und da haben wir Erstaunliches erreicht. Es gibt keinen sozialistischen Staat, der sich mit dem, was wir erreicht haben, nämlich diesem Grad von sozialer Sicherung, auch nur im Entferntesten messen kann. Die Idealziele des Sozialismus haben wir weltweit am besten erfüllt, nicht die Sowjetunion, nicht Polen, auch nicht die DDR, obwohl die am tüchtigsten waren. Unsere freie, liberale Wirtschaftsgesellschaft hat das erreicht.

Der nächste Schritt war die Überzeugung, daß man auf diesen beiden Säulen, Wirtschaftswachstum und Ausbau sozialer Sicherung, stehen könnte, um sich dem großen Ziel der Emanzipation zuzuwenden. Jeder sollte sich selbst und jeder sollte den anderen emanzipieren. Das Kennwort dieser Epoche lautet: Selbstverwirklichung! Freigesetzt von den Zwängen der Ökonomie, freigesetzt von sozialer Abhängigkeit, sollte das Ziel der Selbstverwirklichung das alles übergreifende Leitende und die eigentliche Legitimation für diesen Staat sein. Wir wissen, wo dieses große emanzipatorische Ziel geendet hat - in der Spaßgesellschaft. Und wenn die Kassen heute noch voll wären, würden wir nichts anderes sein als eine Spaßgesellschaft.

Der gegenwärtige Stand ist, daß dieses Modell geschichtlich definitiv erledigt ist. Diese Ziele, kontinuierliches dynamisches wirtschaftliches Wachstum, Beseitigung der Arbeitslosigkeit, weiterer Ausbau sozialer Sicherheit und Selbstverwirklichung als einziges Ziel, die sind aus und vorbei. Wir erleben das Ende einer durch diese kulturrevolutionären Ziele und Antriebe gestalteten Epoche. Das ist ein historischer Augenblick. Jeder sollte sich eigentlich der ganzen Tragweite und Tiefe dieses Augenblicks bewußt sein.

Die Bundesrepublik ist spät, vielleicht zu spät, in der Wirklichkeit angekommen. Wäre es zu spät, dann bliebe nur die Hoffnung, die auch Lenin leitete, daß die Geschichte immer klüger ist als die Vorstellungen, die wir von ihr haben.

Und das bedeutet auch, die Wirklichkeit so wie sie ist und nicht wie wir sie haben möchten so vollständig wie möglich zu erkennen. Die Annahme dieser sogenannten Wahrheit über die Wirklichkeit wie sie ist, würde schon einen erheblichen Schritt zu unserer Rettung bedeuten.

Aber genauso wichtig ist, die Fähigkeit und den Willen zum geschichtlichen Denken zurückzugewinnen. Die Geschichtslosigkeit ist eine der gefährlichsten Pathologien unserer Gesellschaft. Aber das wird uns ja jetzt durch die Existenz der drei Millionen Muslime in unserem Lande geradezu aufgezwungen. Wenn als Antwort auf die Affäre um die dänische Karikatur Pressefreiheit angegeben wird, ist das natürlich eine wunderbare und richtige Antwort. Nur die Frage ist, reicht das aus. Kann das die ganze Antwort des Westens auf diese Herausforderung sein? Außerdem sagen wir, wir brauchen den Dialog. Kardinal Lehman sagt, wir brauchen den Dialog und sagt aber sofort, er hat noch gar nicht begonnen. Wenn wir den Dialog, brauchen, dann müssen wir uns auch dialogfähig machen. Was soll denn ein junger Deutscher einem Türken entgegensetzen, der von Nationalstolz erfüllt ist, den sein Gottesglaube trägt und der überzeugt ist, die Zukunft einer großen Nation Türkei vor sich zu haben. Wir müssen uns dieser Frage stellen und kommen nicht daran vorbei. Das wird auch die Zukunft Europas bestimmen, und wir sind Teil Europas, und hier muß man ganz klar sehen, es gibt ohne Deutschland auch kein Europa.

Letztendlich entscheidet sich auch die Zukunft Europas in Deutschland. Wenn Deutschland ausfällt, gibt es kein Europa, und das heißt, daß wir gezwungen sind, uns auf unser großes antik-christliches, früher sagte man abendländisches Erbe zu besinnen, weil hier allein noch ein Fundament zu finden ist, auf dem man stehen kann, ohne wie ein Halm in den Winden des Zeitgeistes zu schwanken.

Der Autor war Ordinarius für Sozialphilosophie und politische Philosophie sowie Berater von Franz-Josef Strauß und Hans Filbinger. Er verknüpft Konservatismus mit dem christlichen Glauben, ist Gegner der "Frankfurter Schule" und Referent des "Studienzentrum Weikersheim". Bei dem Artikel handelt es sich um einen Auszug einer größeren Arbeit, die für 3 Euro beim Direktversand der Gesellschaft für Kulturwissenschaft, Ahornweg 5 a, 76467 Bietigheim / Baden, zu beziehen ist.

Entwurzelt und zur Spaßgesellschaft mutiert: Skurile Discothek in einer ehemaligen Werkshalle von Krupp in Essen Foto: Visum

 

Die "Frankfurter Schule"

Als "Frankfurter Schule" wird die neomarxistische, dialektische "Kritische Theorie" bezeichnet, die von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno im "Institut für Sozialforschung" begründet worden ist.

Die "Kritischen Theorie" der "Frankfurter Schule" basiert auf der ideologiekritischen Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen und historischen Bedingungen der Theoriebildung. Mit Kritik und Erkenntnis ist der Anspruch verbunden, die gesellschaftlichen Verhältnisse zu verändern.

Die 1947 von Theodor W. Adorno und Horkheimer gemeinsam verfaßte Essay-Sammlung "Dialektik der Aufklärung" gilt als Hauptwerk der Schule.

Die "Frankfurter Schule" ging aus dem "Institut für Sozialforschung" (IfS) der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt am Main hervor, das auf Betreiben des Mäzens Felix Weil 1923 begründet wurde. Unter der Leitung von Max Horkheimer entstand 1932 die "Zeitschrift für Sozialforschung" als theoretisches Organ des Instituts. Darin formulierte und diskutierte Horkheimer Grundzüge einer "Kritischen Theorie" der Gesellschaft, die gerne als unorthodoxe Spielart des Marxismus interpretiert wird.

Zu Horkheimers Mitarbeitern gehörten Theodor W. Adorno, Herbert Marcuse, Erich Fromm, Leo Löwenthal und Friedrich Pollock. Auch Walter Benjamin, der während seiner Emigration vom Institut finanziell unterstützt wurde, lieferte bedeutende Beiträge.

Das Institut mußte nach 1933 Deutschland verlassen, zog zunächst nach Paris, dann in die Vereinigten Staaten. Nach der Rückkehr Adornos und Horkheimers aus der Emigration an die Goethe-Universität (1950) gewann die "Frankfurter Schule" für die 68er-Bewegung große Bedeutung und prägte Teile der deutschen akademischen Soziologie stark in Richtung der "Kritischen Theorie".

Das "Frankfurter Institut für Sozialforschung" sollte unter Horkheimers Leitung zu einer interdisziplinär arbeitenden Institution werden, in der theoretische Grundlagenkritik mit empirischen Studien verknüpft werden. So arbeiteten Adorno und Horkheimer im Exil an einer Studie zum Autoritären Charakter mit dem totalitäre Regime zu erklären versucht werden. Die Erfahrung des Nationalsozialismus und der Judenvernichtung waren für die theoretischen und empirischen Arbeiten der "Kritischen Theorie" prägend. Die Vertreter der "Kritischen Theorie", allen voran Adorno, gingen den Fragen nach, wie sich die Wiederholung eines solchen Ereignisses verhindern ließe und welche Rolle die Vernunft in diesem Zusammenhang noch spielen könne. Nach Horkheimers und Adornos Tod wurden vor allem Jürgen Habermas, den zu habilitieren sie abgelehnt hatten, und Oskar Negt für die "Frankfurter Schule" repräsentativ. Ihre "Kritische Theorie" wird in Abgrenzung zur Älteren "Kritischen Theorie" Adornos und Horkheimers auch als Jüngere Kritische Theorie bezeichnet.


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