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15.07.06 / Ein letztes Mal durch Rammen zum Erfolg / Vor 140 Jahren fand in der Adria mit der österreichisch-italienischen Schlacht von Lissa das erste Seegefecht mit Panzerschiffen statt

© Preußische Allgemeine Zeitung / 15. Juli 2006

Ein letztes Mal durch Rammen zum Erfolg
Vor 140 Jahren fand in der Adria mit der österreichisch-italienischen Schlacht von Lissa das erste Seegefecht mit Panzerschiffen statt

Im deutsch-deutschen Duell von 1866, das den deutschen Dualismus beendete, hat Österreich zwar mit der Schlacht von Königgrätz gegen die Preußen den Krieg verloren, aber nichtsdestoweniger die Seeschlacht von Lissa gegen Preußens Verbündeten Italien gewonnen.

Nach der preußisch-österreichischen Entscheidungsschlacht in Böhmen sah Italien die Gefahr, daß die beiden deutschen Hauptkontrahenten sich einigten und der Krieg zu Ende ging, bevor es selber genügend Faustpfänder erobert hatte, um seine Gebietsforderungen bei Friedensverhandlungen durchsetzen zu können. Preußens südeuropäischer Verbündeter hatte bis dahin keine Erfolge aufzuweisen. Der Kommandant der italienischen Flotte, Admiral Carlo Persano, wurde deshalb vom Oberbefehlshaber der Marine angewiesen, irgendeine erfolgversprechende Aktion durchzuführen. Die Wahl fiel auf die Eroberung der zur Donaumonarchie gehörenden kroatischen Insel Lissa, deren strategische Bedeutung die Bezeichnung "Gibraltar der Adria" anklingen läßt. Von dort sollte dann eine Invasion der adriatischen Küste vorbereitet werden.

Flottenchef Carlo Persano verfügte für dieses Unternehmen über zwölf moderne Panzerschiffe und elf hölzerne Linienschiffe mit zusammen 382 Kanonen. Zu seiner Flotte gehörte mit dem Flaggschiff "Affondatore" auch das weltweit erste Panzerschiff mit drehbaren Panzertürmen. Persano war mit seiner Flotte in der Adria auf und ab gefahren, um die zahlenmäßig und technisch unterlegene Flotte des Kaiserstaates zum Kampf herauszufordern, aber sie ließ sich nicht provozieren. Als er sich nun jedoch gegen Lissa wandte, stellte sich Konteradmiral Wilhelm Freiherr von Tegetthoff nolens volens mit seiner Flotte zur Schlacht.

Seit dem 17. Juli 1866 lagen die österreichischen Verteidiger der befestigten Insel unter italienischem Artilleriefeuer. Für den 21. Juli hatten die Italiener die Landung vorgesehen. Um 9 Uhr sichtete Tegetthoff den Gegner. Als er sich diesem nahe genug wähnte, befahl er: "Distanzschießen - den Feind rammen". Da die Italiener an Zahl überlegen waren und auch die modernere Flotte hatten, wollte er den Gegner einfach rammen, so wie vor 1000 Jahren auch schon Seeschlachten entschieden worden waren. Der von den Dampfschiffen produzierte Kohlenebel sorgte auf dem Schlachtfeld für Verwirrung und half dabei dem Österreicher, seinen Plan zu realisieren und nicht statt dessen vor dem Rammangriff von den Italienern zusammengeschossen zu werden.

Der italienische Flottenchef hatte seine Flotte verzettelt, anstatt sie zusammenzuhalten. So gelang es Tegetthoff um 10.50 Uhr, die italienische Gefechtsformation zu zersprengen, und damit begannen die Nahkämpfe. Die technische Überlegenheit der italienischen Schiffe kam damit kaum noch zum Tragen. Tegetthoffs Flaggschiff "Ferdinand Max" rammte am Heck das Panzerschiff "Palestro"; und der kroatische Fähnrich Nikola Karkovic sprang auf das feindliche Schiff und holte dort die italienische Flagge nieder und brachte sie als Kriegsbeute auf die "Ferdinand Max". Zeitgleich duellierten sich das Linienschiff "Kaiser" und das neueste und modernste Schiff der Italiener, die "Affondatore".

Die Schlachtentscheidung fiel durch einen weiteren erfolgreichen Rammstoß. "Ferdinand Max" fuhr mit voller Geschwindigkeit, 11,5 Knoten, auf das am Ruder beschädigte Panzerschiff "Re d'Italia" zu und traf es mittschiffs. Binnen drei Minuten war es versunken und hatte dabei - je nach Quelle - zwischen 381 und 560 Mann der Besatzung einschließlich des Kommandanten mit in die Tiefe genommen. Das Panzerschiff "Palestro" lag währenddessen schwer beschädigt zwischen den Linien.

Zur Mittagszeit näherte sich die Schlacht allmählich ihrem Ende. Tegetthoffs Schiffe liefen in den Hafen von Lissa ein, während die Italiener westliche Kurse steuerten. Als Spätschaden der Schlacht explodierte um 14.30 Uhr auf der von den Österreichern in Brand geschossenen "Palestro" die Munition. Das Schiff sank. Nur 19 der 250 Mann Besatzung überlebten das Unglück.

Damit hatten die Italiener ihr zweites Schiff verloren. Drei Tage später ging schließlich in Ancona auch noch die "Affondatore" unter, auch dieses eine Folge der vor Lissa erfolgten Feindeinwirkung. Währenddessen blieb den Österreichern ein Schiffsverlust erspart. Auch hinsichtlich der Menschenverluste ist der Ausgang der Schlacht eindeutig. 643 Gefallenen auf italienischer Seite standen 38 auf österreichischer gegenüber. Auch die Behandlung der Befehlshaber spricht eine eindeutige Sprache. Admiral Persano wurde seines Amtes enthoben und aus dem Marinedienst entlassen. Konteradmiral Tegetthoff hingegen wurde für Mut und Tapferkeit zum Vizeadmiral befördert.

Unabhängig von Siegern und Verlierern förderte dieses erste Seegefecht der Geschichte, in dem Panzerschiffe eingesetzt wurden, in technischer Hinsicht zutage, daß die Artillerie zu jener Zeit noch so wirkungsschwach war, daß sie die Standfestigkeit der Schiffe nur schwer gefährden konnte. Die Konsequenz hätte eine Weiterentwicklung der Artillerie sein müssen. Das geschah zwar auch, doch wurde nichtsdestoweniger aus dem Gefechtsverlauf die Lehre gezogen, daß das Rammen eines feindlichen Kriegsschiffes noch immer eine Alternative zum Artilleriebeschuß sein könne. Bis zur Jahrhundertwende, ja sogar noch nach der Aufnahme des Großkampfschiffbaus erhielten alle größeren Kriegsschiffe deshalb einen Rammbug, um im Nahgefecht den Gegner durch Rammen zu versenken. Durch die parallele Entwicklung durchschlagskräftigerer Kanonen kam es jedoch kaum noch zu Nahgefechten. So ist nach der Schlacht von Lissa kein größeres Kriegsschiff mehr durch Rammen versenkt worden.

Klaus Gröbig / I. H.


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