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15.07.06 / Der erste Mann / Durchwachsene Biographie über George Washington

© Preußische Allgemeine Zeitung / 15. Juli 2006

Der erste Mann
Durchwachsene Biographie über George Washington

George Washington gehört mit zu den wichtigsten Gestalten der Weltgeschichte. Der erste US-amerikanische Präsident war Vorkämpfer im Unabhängigkeitskampf gegen Großbritannien und Former der jungen Demokratie.

Joseph J. Ellis, Pulitzer-Preisträger und einer der bekanntesten US-Historiker, hat sich nun in seiner neuesten Veröffentlichung der Ikone angenommen.

Der Autor wuchs in Alexandria in Virginia auf, von wo aus er mit der Schule leicht das nahegelegene Gut des großen Mannes besuchen konnte. Die Nonnen, die ihn unterrichteten, fuhren regelmäßig mit ihren Zöglingen an eine der Stätten, die mit George Washington in Verbindung gebracht werden können. So war Joseph J. Ellis letztendlich mit Informationen über den für ihn trotz allem "unnahbaren" General der Revolutionsarmee so "überfüttert", daß er jahrzehntelang keinen sachlichen Blick auf das Objekt der US-amerikanischen Bewunderung lenken konnte.

In "Seine Exzellenz George Washington" schildert Ellis die schwere Jugend, des jungen Washington, dessen Familie nicht genügend Geld hatte, um dem kleinen George eine gewisse Bildung zukommen zu lassen. Durch Zufall landete er beim Militär, wo er im Kampf gegen Franzosen und Indianer eher weniger glorreiche kleine Territorialschlachten focht. So verdunkelt bis heute ein Massaker Washingtons Bilanz dieser Tage. Der frühe Tod seines älteren Bruders brachte ihn in Besitz der elterlichen Plantage und durch die Eheschließung mit einer reichen Witwe hatte er finanziell ausgesorgt. Zwar mußte er den Reichtum erst mit seinen beiden Stiefkindern teilen, doch da beide jung verstarben, konnte Washington früh über die Gelder frei verfügen, und so durch geschickte Investitionen sein Vermögen vermehren.

Obwohl Washington schon früh militärische Führung übernahm, kultivierte er gegenüber seinen Soldaten "das Image eines sorgenden, aber strengen Vaters im Verhältnis zu seinen Kinder". Als man ihm den Oberbefehl über die Revolutionsarmee zutrug, wußte der inzwischen schlachtenerprobte Militär, daß entweder bei einem Sieg ewiger Ruhm oder bei Versagen der Henker ihn erwartete. Washington ging das Risiko ein und siegte, wobei er keine Gnade für jene kannte, die sich seinem Befehl verweigerten: Deserteure wurden ohne Rücksicht auf vorherige Leistungen hingerichtet.

Nach der militärischen Karriere folgte die politische. Hier erwies sich Washington als wirklicher Stratege und schaffte es, die in sich zerstrittenen Amerikaner in seine Richtung zu bewegen. Die vielgerühmte US-Verfassung ließ hierbei allerdings auf sich warten, statt dessen stritten sich die Herren Abgeordneten, wie man den Präsidenten am besten anzusprechen habe. Während die damals noch nur aus 13 Staaten bestehenden Vereinigten Staaten von Amerika schon 1776 ihre Unabhängigkeit erklärten, wurde erst 1787 die Verfassung verabschiedet. In dieses verworrene Hin und Her jedoch eine klare Ordnung zu bringen, gelingt dem Autor nicht.

Am Ende der Lektüre ist George Washington dem Leser nicht wirklich sympathisch geworden, auch sucht man vergebens nach dem erwarteten Genie. Statt dessen hat man einen Egoisten mehr in der Weltgeschichte entdeckt, dem in den Gründungsjahren der jungen Demokratie wichtiger war, seine Korrespondenz von Angestellten für die Nachwelt dokumentieren zu lassen, als der Bevölkerung zu helfen. Allerdings drängt sich auch ein wenig der Eindruck auf, daß der Autor Washington seine "Überfütterung" aus Schulzeiten übel nimmt, und daher nicht in der Lage war, den ersten US-Präsidenten in einem weicheren Licht zu zeichnen. Bel

Joseph J. Ellis: "Seine Exzellenz George Washington", C. H. Beck, München 2005, geb., 250 Seiten, 24,90 Euro, Best.-Nr. 5620


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