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22.07.06 / Kampf den Parallelgesellschaften / Sprache als wichtigstes Werkzeug – Wer kein Deutsch lernt, grenzt sich selber aus

© Preußische Allgemeine Zeitung / 22. Juli 2006

Kampf den Parallelgesellschaften
Sprache als wichtigstes Werkzeug – Wer kein Deutsch lernt, grenzt sich selber aus
von Jürgen Liminski

Nach der Weltmeisterschaft folgte der Gipfel der Integration. Die SPD hoffte, daß die Stimmung der Gastfreundschaft anhalten und in diesem Sinn das Multikulti-Denken noch einmal poliert werden könnte. Bei der Union wußte man nicht so recht, wie man dieses Thema angehen sollte. Gastfreundschaft ist die eine Seite, Selbstbehauptung die andere, und es gibt auch noch eine dritte: Was wird aus Europa, hat der alte Kontinent überhaupt noch eine Identität?

Nach den blutigen Stürmen auf die spanischen Enklaven Ceuta und Melilla in Marokko, nach den mörderischen Überfahrten durch das Mittelmeer nach Sizilien und Süditalien sind im Mai, Juni und Juli die Kanarischen Inseln zum Einfallstor der weitgehend afrikanischen Migranten nach Europa geworden. Aus dem Osten Europas hat man weniger zu befürchten. Dort fallen die Geburtenzahlen auf ein Niveau, das noch unter dem EU-Durchschnitt liegt; der Druck aus diesen Ländern wird trotz schwieriger wirtschaftlicher Situationen stark nachlassen. Aber im Süden, in Afrika nimmt er stark zu. Hier müssen sich die Staats- und Regierungschefs in Europa etwas einfallen lassen; der bloße Festungsgedanke genügt nicht mehr. Nach den Kanaren wird es ein anderes Leck geben, durch das Flüchtlingswellen nach Europa hineinschwappen. Alle Aktionen haben nur Sinn, wenn sie von einer gemeinsamen Einwanderungspolitik begleitet werden. Bliebe es bei der Schotten-dicht-Politik wäre es ein Armutszeugnis selbst für ein rest-christliches, sich aber humanitär dünkendes Europa.

Soweit der politische Aspekt. Die Hoffnung, daß die Staats- und Regierungschefs demnächst eine christliche Lösung suchen, ist gering. Das Migrationsthema hat eine Tradition des Wegschauens, gefolgt von der üblichen medialen Hysterie, wenn der Zustrom beängstigend wird. Von Multikulti-Lüge bis hin zu plattem Populismus und gar politischem Rassismus reicht dann die Palette der gegenseitigen Vorwürfe. Wenn man sich nach dem Migrationsgipfel in Berlin über den Sommer hinweg beruhigt haben wird, wird die Wende in der Ausländerpolitik verpaßt sein. Denn da mittlerweile bekannt ist, daß Ausländer eher in die Sozialsysteme einwandern als diese entlasten – 2000 Euro netto kostet derzeit jeder Einwanderer pro Jahr – und daß sie auch demographisch „nichts bringen“, wird man sich auf ein System, ähnlich wie bei den Angelsachsen einigen. Zu Gast bei Freunden – das galt nur vier Wochen lang. Die Einwanderung wird kontrollierter vonstatten gehen, mit Kontingenten je nach Berufsgruppen und Herkunftsländern. Aber soweit ist man noch lange nicht. Erst mal wird, wie immer in Deutschland, grundsätzlich diskutiert. Denn der Streit um die Integration ist ein Streit um die Leitkultur in diesem Land. Und dieser Streit um die Identität ist notwendig.

Diese Debatte hätte längst, auch schon vor dem Fall der Mauer, geführt werden müssen. Es reicht nicht, ab und dann zu sagen: Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein. Das führt nicht weit, kommt auch ein wenig trotzig und pubertär daher, Weltmeisterschaft hin oder her. Wichtig ist, Kriterien für die Kultur in diesem Land zu benennen. Insofern war auch die Idee mit dem Fragebogen prinzipiell richtig. Was zum Integrationskanon des Deutschen gehört, ist dann eine Detailfrage und übrigens auch eine Frage des Bildungssystems. Man kann von ausländischen – auch von deutschen – Schülern nicht abfragen, was sie in der Schule nicht (mehr) lernen. Wer mehr über das Sortieren von Müll als über den Freiheitsbegriff in Amerika oder mehr über die zwölf dunklen Jahre der deutschen Geschichte als über die knapp tausend Jahre davor und erst recht über die 50 insgesamt doch hoffnungsvollen Jahre danach lernt, von dem ist nicht zu erwarten, daß er Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft kulturell einordnen kann. Diese Einordnungsfähigkeit aber skizziert die Identität, den Halte- und Standpunkt in der Welt.

Die Forderung der CSU nach einer Integrationspflicht ist zunächst die Forderung an sich selbst, den Integrations-Rahmen, die eigene Kultur zu definieren. Man kann schlechterdings nicht von einem Muslim fordern, daß er sich völlig in ein christliches Land integriert. Das wäre die Pflicht zur Konversion (entweder zum christlichen Glauben oder zum Atheismus, der ja hierzulande auch weit verbreitet ist) und würde unserem Freiheitsverständnis widersprechen. Man kann aber von ihm und allen anderen erwarten, daß er das Grundgesetz respektiert, also etwa die Gleichheit von Mann und Frau – zumindest vor dem deutschen Gesetz. Hier dürfte die Debatte nach dem Integrationsgipfel interessant werden, denn die Unterwerfung der Frau gehört zum Grundgesetz der Muslime. Für sie und für die deutschen Politiker stellt sich die Frage: Können sich Muslime überhaupt in eine Demokratie integrieren ohne ihrer Religion untreu zu werden? Was in den eigenen oder fremden vier Wänden geschieht, entzieht sich den Augen des Staates, und dieser hat jahrzehntelang auch weggeschaut. Heute verlangen die Muslime schon kulturelles Mitspracherecht, was auf eine Auflösung der Kultur und Identität der Deutschen hinausläuft. Wie soll man das überprüfen?

Eines aber kann man verlangen: Daß der Integrationswillige die Sprache erlernt. Ohne das bilden sich automatisch Parallelgesellschaften. Die Sprache ist nach einem Wort von Humboldt „der Geistleib des Menschen“, ohne sie gibt es keine Kommunikation, mithin keine soziale Dimension. Wer kein Deutsch lernt, grenzt sich selber aus. Hier hat die Union durchaus recht. Das also ist des Pudels Kern: Eigene Identität bestimmen und Sprachkenntnis einfordern. Hier gibt es eine Bringschuld der Deutschen gegenüber den Ausländern und eine Pflicht der Ausländer gegenüber Deutschland. Beides ist nachprüfbar. Integration ist keine Einbahnstraße.

Natürlich stellt sich mit der Zeit auch die Frage der Identität für die Migranten selbst, auch wenn sie die Sprache des Gastlandes erlernt haben. Man kann es drehen und wenden, das Ergebnis ist immer gleich: Kulturelle Identität hat ihre Grenzen, mithin auch die Integration.

Im Klartext: Entweder die Muslime verlieren ihre muslimische Identität und integrieren sich in die westliche Kultur oder es bleibt bei der Koexistenz, sprich den Parallelgesellschaften. Zu dieser Ehrlichkeit sollte man nach dem Integrationsgipfel und dem großen Fußballfest bei aller Begeisterung doch kommen.


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