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22.07.06 / In der dritten Lebensphase / Die "neuen Alten" wirken der Lethargie ihrer Altersgenossen entgegen

© Preußische Allgemeine Zeitung / 22. Juli 2006

In der dritten Lebensphase
Die "neuen Alten" wirken der Lethargie ihrer Altersgenossen entgegen

Ein scharfzüngiger Zeitgenosse hat einmal erkannt: „Jeder will alt werden, aber keiner will alt sein.“ Die „neuen Alten“ haben sich dieser Weisheit angenommen und zeigen so manchem Jüngeren, wo Barthel den Most holt, wie es in Norddeutschland heißt. Aktiv und engagiert wie kaum zuvor setzen sie sich für ihre eigenen Belange und die ihrer Altersgenossen ein, wollen aber auch Verantwortung für das Gemeinwesen übernehmen. Da kam das Modellprojekt des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gerade recht, das derzeit in zehn Bundesländern durchgeführt wird. Noch bis Ende dieses Jahres werden in 35 Kommunen mit Unterstützung der Seniorenbüros, Freiwilligenagenturen und Selbsthilfekontaktstellen neue Verantwortungsrollen für Ältere unter der Bezeichnung „seniorTrainerin“ erprobt. Unter dem Motto „Erfahrungswissen für Initiativen“ (EFI) sind Senioren aufgefordert, dieses Wissen an andere weiterzugeben.

Die Initiative ist auf ein großes Echo gestoßen: Rund 1000 Senioren sind mittlerweile dem Aufruf gefolgt und lassen ihre Ideen Gemeinden, Städten, Vereinen und Einrichtungen zugute kommen. Damit wirken sie nicht zuletzt auch als Botschafter eines neuen Altersbildes. Vorbei ist es mit der Vorstellung, eine Oma müsse einen „Dutt“ tragen und ein Opa gehe ohnehin nur am Stock. Die „neuen Alten“ sind flexibel und engagiert. Mit Phantasie, Tatkraft und pragmatischen Vor-Ort-Lösungen haben sie schon eine Menge zuwege gebracht. Nicht zuletzt auch konnten sie andere Menschen für ihre Ideen begeistern und sie motivieren, sich ebenfalls freiwillig zu engagieren. Wie etwa Wolfgang Stodieck aus Nürnberg, der einen ehemaligen Kollegen dafür interessieren konnte, Hauptschüler bei Bewerbungsseminaren zu unterstützen, ihnen zu helfen, einen Ausbildungsplatz zu finden. „Es macht Spaß, den Schülern zu zeigen, daß sie etwas können, daß sie für den ausbildenden Betrieb nützlich sind, um so ihr Selbstbewußtsein zu stärken.“

Ute Geldsetzer aus Düsseldorf hat sich ebenfalls der jungen Generation zugewandt. Mit ihren Lernhilfen für ehrenamtliche Betreuer an Schulen unterstützt sie den Förderunterricht, auch bringt sie den Schülern den Umgang mit dem Computer bei. Marlis Rink aus Schwerin schließlich engagiert sich im Seniorenbereich und hat in sechs Schweriner Alten- und Pflegeheimen ein Heimhörfunkprogramm ins Leben gerufen. Darüber hinaus konnte sie neue Angebote in den Heimen aufbauen und im Zusammenwirken mit Jugendlichen Kreativspiele und Vorlesestunden durchführen.

Im Raum Saalfeld / Rudolstadt kümmert sich die Gruppe „Herbstzeitlose“ um die Begleitung alleinstehender, älterer und hilfsbedürftiger Menschen, um deren Vereinsamung entgegenzuwirken.

Immer wieder wichtig ist der Umgang von Senioren mit dem Internet. So haben sich viele „SeniorTrainer“ in dieser Richtung eingesetzt, um ältere Menschen mit dem Computer vertraut zu machen.

Aktiv kämpfen all diese engagierten Senioren gegen eine weit verbreitete Lethargie und gegen die Einstellung „wir können ja doch nichts ändern“. Auf die Frage, warum er sich bei den „SeniorTrainern“ engagiere, antwortete Wolfgang Dix aus Nauen: „Ich will mich halt nicht langweilen. Es macht mir einfach Spaß. Das ist fast so wie in die Disco gehen. Man fühlt sich dabei so lebendig.“

Viele empfinden Lebenssinn und Lebensfreude, wenn sie sich freiwillig für andere einsetzten. Eine intensive ehrenamtliche Tätigkeit steigere das eigene Wertgefühl, sagen sie, außerdem sei es sinnvoll, nach dem Verlust der beruflichen Kontakte ein neues soziales Netz zu schaffen, um damit der Vereinsamung entgegenzuwirken.

Unbezahlbar und unermeßlich reich ist der Schatz der Erfahrungen, den Senioren weitergeben können. Dazu gehört aber, daß dieser Schatz von der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Einem negativen Altersbild entgegenzuwirken ist nicht zuletzt auch das Ziel des Projektes.

Nach fünf Jahren zieht Stefan Bischoff vom Kölner „Institut für sozialwissenschaftliche Analysen und Beratung“ (ISAB) Bilanz: „Unsere Erwartungen wurden weit übertroffen.“ So ist zu hoffen, daß Länder und Kommunen das Projekt weiterführen. Weitere Informationen im Internet unter www.efi-programm.de  oder unter seniortrainer.de. Silke Osman

 Senioren heute: Der aktiven Auseinandersetzung mit den Problemen des Alltags und des Austauschs zwischen den Generationen haben sich viele ältere Menschen angenommen. Foto: SRG


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