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29.07.06 / "Mahnung zum Frieden" / Jubiläumsfeier zum zehnjährigen Bestehen des Soldatenfriedhofs Insterburg

© Preußische Allgemeine Zeitung / 29. Juli 2006

"Mahnung zum Frieden"
Jubiläumsfeier zum zehnjährigen Bestehen des Soldatenfriedhofs Insterburg

Zweimal wurde Ostpreußen im letzten Jahrhundert von der Kriegsfurie heimgesucht, die eine nicht bekannte Zahl von Opfern forderte, zumeist junge und lebensfrohe Soldaten, die ihr Leben noch vor sich hatten und für ihr Vaterland starben. Ihnen eine würdige Ruhestätte zu bereiten, dazu fühlt sich der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. im Namen des deutschen Volkes ethisch und moralisch verpflichtet. Er handelt nach dem Motto von Albert Schweitzer: "Die Soldatengräber sind die großen Prediger des Friedens, und ihre Bedeutung als solche wird immer zunehmen."

Die Landsmannschaft Ostpreußen fühlt sich dem Volksbund zu großem Dank verpflichtet, in dessen Obhut sich über 800 Kriegsgräberstätten in 43 Staaten mit etwa 1,9 Millionen Kriegstoten befinden. Der Volksbund sucht die Gräber, bettet die Toten auf Sammelfriedhöfen um und versucht, Schicksale von Vermißten aufzuklären und den Hinterbliebenen Gewißheit zu geben. Allein im nördlichen Ostpreußen betreut er Anlagen in Balga, Germau, Heiligenbeil, Insterburg, Königsberg, Pillau, Schloßberg sowie in Fischhausen, Palmnicken, Schallen und Tilsit. In einer würdigen Feier in Anwesenheit des Kreisvertreters Horst Mertineit wurde in diesem Sommer der verstorbenen Soldaten in Tilsit gedacht, und tags darauf reichten sich zum zehnjährigen Bestehen des Soldatenfriedhofs in Insterburg Deutsche wie Russen in stillem Gedenken über die Gräber hinweg ihre zur Versöhnung ausgestreckten Hände.

Der Friedhof in Insterburg wurde am 6. Juli 1996 eingeweiht. Er hatte eine Größe von rund 15000 Quadratmetern. Aus dem Ersten Weltkrieg ruhen auf ihm 165 Russen, fünf Rumänen und 556 Deutsche. Von 1942 bis 1948 wurden 1830 Gefallene bestattet und bis zur Jahresmitte 2004 erfolgten durch den Volksbund 7627 Zubettungen. Die Anlage wurde inzwischen auf rund 27000 Quadratmeter erweitert und ist in einem sehr gepflegten Zustand. Die Ostpreußen danken dem Volksbund, der durch Prof. Dr. Dieter Landgraf-Dietz wie Hubertus von Kluge vertreten war, dem Generalkonsul Guido Herz wie Konsul Joachim Trafkowski sowie Propst Heye Osterwald wie Pfarrer Peter Andrus. Sie danken insbesondere den vielen jungen unbekannten Helfern, die in uneigennützigem Einsatz sich die Pflege der Soldatenfriedhöfe zu einem Herzensanliegen gemacht haben.

Auf der Gedenkveranstaltung zum zehnjährigen Bestehen des Soldatenfriedhofs in Insterburg sprach der Stellvertretende Sprecher der Landesmannschaft Ostpreußen Dr. Wolfgang Thüne das folgende Grußwort:

"Wie alles Leben, so endet auch menschliches Leben grundsätzlich mit dem Tod. Die Todesursachen mögen mannigfaltig sein, der Tod selbst ist jedoch unabänderlich, von Natur vorgegeben. Unter allen Arten des Todes ist der junge Soldatentod von ganz besonderer Tragik.

Kein Soldat stirbt freiwillig, sondern immer nur im Dienst, auf militärischen Befehl, in Pflichterfüllung für sein Vaterland, seine Heimat. Er stirbt im Auftrag! Es ist daher für jedes Volk eine besonders hohe moralische Verpflichtung, nicht nur seiner gefallenen Soldaten zu gedenken. Es ist auch Pflicht eines jeden Volkes, für würdige Ruhestätten der Gebeine zu sorgen, als stillen Orten des Trauerns wie der Demut angesichts des Kreuzes.

Die Landsmannschaft Ostpreußen als humanitäre, auf die Achtung und Wahrung der Menschenrechte wie des internationalen Völkerrechts verpflichtete Vereinigung der Ostpreußen als Volksstamm möchte daher in erster Linie dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge für sein unermüdliches Bemühen danken, die Gebeine der auf ostpreußischem Boden gefallenen Soldaten aufzuspüren und ihnen eine würdige Ruhestätte zu bereiten. Dem 1919 nach dem Ersten Weltkrieg gegründeten Volksbund gilt unser tief empfundener Dank.

Jeder Soldatenfriedhof als Kriegsgräberstätte hat drei Aufgaben. Erstens soll er an die Soldaten und ihr grausames Schicksal erinnern, zweitens soll er bei den an den Gräbern Trauernden die schrecklichen Geschehnisse im Bewußtsein wach halten, und drittens soll er insbesondere eine ewige ,Mahnung zum Frieden' sein.

Diese ,Mahnung zum Frieden' wird wohl immer eine Mahnung bleiben, denn der Mensch ist offensichtlich ein von Natur aus streitsüchtiges und nur periodisch friedfertiges und verträgliches Wesen. Der Anfang der biblischen Schöpfungsgeschichte beginnt mit einem Brudermord: Kain erschlug seinen Bruder Abel! Aber auch Heraklit kam zu der Erkenntnis: Der Krieg ist der Vater aller Dinge!

Kriege, Mord und Totschlag begleiten die Menschheit von Entstehung an. Trotz immerwährender Ächtung des Krieges wie des ethischen Gebots, Konflikte auf friedlichem Wege aus der Welt zu schaffen, Kriege sind weiterhin grauer Alltag.

Der 1795 von dem Königsberger Philosophen Immanuel Kant propagierte ,Ewige Friede' wird wohl auf ewig ein utopischer Wunschtraum, ein unerreichbarer Idealzustand bleiben. Dennoch sollen und müssen wir beharrlich nach Ausgleich und Verständigung suchen. Das einzig probate Mittel, um Feindseligkeiten abzubauen, ist der ehrliche, offene Dialog.

Die Landsmannschaft Ostpreußen ist sich mit Baruch de Spinoza einig: ,Friede ist nicht Abwesenheit von Krieg. Friede ist eine Tugend, eine Geisteshaltung, eine Neigung zur Güte, Vertrauen und Gerechtigkeit.' Möge das Verweilen auf diesem Soldatenfriedhof diese Geisteshaltung stärken und befördern. Trotz aller Verständigung, der Frieden braucht auch ein rechtlich starkes Fundament, denn Frieden ist immer auch ein ,Werk der Gerechtigkeit' gemäß dem lateinischen Worte ,iustitia fiat pax'.

Der Friede fängt immer im eignen Herzen an, dem individuellen der Menschen wie dem kollektiven Gemeinschaftsherz der Völker. Doch zur Friedfertigkeit gehört auch die Freiheit von allen Formen permanenter Demütigung und Erniedrigung. Schauen wir uns daher gegenseitig offen in die Augen und reichen uns symbolisch über die Gräber hinweg die Hände zur Versöhnung, zur Verzeihung und damit zum Frieden.

Neigen wir unser Haupt vor den gefallenen Soldaten! Soldaten sind keine Mörder, keine Verbrecher! Sie sind Instrumente eines jeden Staates, sie haben den Frieden zum Beruf. Gedenken wir der Worte von Papst Johannes Paul II.: ,Wenn man sein Wesen betrachtet, ist der Militärdienst in sich eine sehr ehrenvolle, sehr schöne, sehr edle Sache. Der eigentliche Kern der Berufung zum Soldaten ist nichts anderes als die Verteidigung des Guten, der Wahrheit und vor allem jener, die zu Unrecht angegriffen wurden.'

Der Tod dieser Soldaten hat sehr vielen Ostpreußen die Flucht ermöglicht und damit ihr Leben gerettet. Hierfür gilt den tapferen Soldaten höchste Anerkennung. Unser Dank ist die geringste Verpflichtung, die wir den Toten schulden. Mögen sie weiterhin ruhen in Frieden!" W. T.

Der Stellvertretende Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen Dr. Wolfgang Thüne gedenkt auf dem Soldatenfriedhof von Insterburg der Toten. Foto: Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V.


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