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05.08.06 / "Werteverfall" / Rechtschreibreformen und ihre Opfer

© Preußische Allgemeine Zeitung / 05. August 2006

"Werteverfall"
Rechtschreibreformen und ihre Opfer

Sprache ist lebendig und somit auch die Rechtschreibung. Doch das, was seit 1996 als "Neue Rechtschreibreform" den ersten Schülern beigebracht, inzwischen mehrfach geändert wurde und angeblich am 1. August endlich als abgeschlossen gilt, hat nichts mit lebendiger Sprache zu tun.

Von oben hatte man den Deutschen eine vereinfachte Rechtschreibung vorlegen wollen und dabei schon - wie so häufig in den letzten Jahrzehnten - bei der Umsetzung der Reform gepfuscht. Nach unzähligen Debatten, zahlreichen Änderungen und noch mehr verwirrt zurückgebliebenen Schülern, Lehrern und anderen des Schreibens eigentlich Kundigen, weiß jetzt keiner mehr so richtig, was jetzt gültig ist, zuviel wurde geändert, wieder verworfen und zurückgeändert. Der Einfachheit halber darf man manche Dinge jetzt sogar schreiben, wie es einem beliebt. Selbst auf Computerrechtschreibkorrekturprogramme und den Duden ist derzeit kein Verlaß, da man nie weiß, ob man mit der jeweils aktuellen Ausgabe arbeitet.

Wer glaubt, daß nun nach dem Inkrafttreten der "modifizierten Reform", bei der die Getrennt- und Zusammenschreibung sowie die Groß- und Kleinschreibung wieder zurückgeändert wurden, endlich wieder Ordnung herrscht, der sieht sich leider enttäuscht. Denn nicht nur viele Bürger schreiben nach dem Hin und Her jetzt einfach irgendwie, sprich beispielsweise "daß" mit "ss", aber "müßten" weiter mit "ß", "Eis laufen" auseinander, statt wie zurückgeändert "eislaufen". Auch die Zeitungen sind sich uneins. "Spiegel" und alle Publikationen des Axel-Springer-Verlages, die jeweils 2004 aus Widerstand gegen das ganze Reformdurcheinander zur alten Rechtschreibung zurückgekehrt waren, schreiben jetzt ohne Überzeugung, aber der Vereinheitlichung geschuldet nach der "modifizierten Reform". Bei Wörtern, wo mehrere Optionen vorhanden sind wie beispielsweise Portmonee und Portemonnaie, gilt die vom Duden empfohlene, hergebrachte Schreibweise.

Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung", die schon 2000 zu den alten Regeln zurückgekehrt war, bleibt vorerst dabei. Man wolle in Ruhe prüfen, ob "wir resignierend den Verfall kultureller Werte hinnehmen oder einen letzten heroischen Widerstandsakt leisten", so der "FAZ"-Herausgeber.

So kann jede Zeitung, jede Firma, jeder Privatmensch seine eigene Fassung wählen, nur die sowieso schon beim internationalen Bildungsvergleich Pisa gescheiterten deutschen Schüler sind gezwungen, die "modifizierte Reform" zu befolgen, während außerhalb der Schulmauern zahlreiche Varianten ihr Urteilsvermögen trüben.

Zurück bleibt Verwirrung und das Gefühl, daß die Rechtschreibreformen ein Ausblick auf die Fähigkeiten der selbsternannten deutschen Reformer im Ganzen ist. Bel


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