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05.08.06 / Kampf um Anerkennung als Deutsche / Stakerin auf der Kruttinna ist nur eine von vielen, denen Gerd Bandilla helfen konnte

© Preußische Allgemeine Zeitung / 05. August 2006

Kampf um Anerkennung als Deutsche
Stakerin auf der Kruttinna ist nur eine von vielen, denen Gerd Bandilla helfen konnte

Krystel Koziol aus Kruttinnen, Kreis Sensburg, vielen Masurenreisenden und manchem Fernsehzuschauer als sympathische, leutselige und singende Stakerin auf der Kruttinna bekannt, ist vom Lyker Kreisvertreter Gerd Banilla im Beisein seiner gesamten Ostpreußenreisegruppe ein deutscher Staatsangehörigkeitsausweis überreicht worden. Bandilla tat dieses mit den Worten: "Der Staatsangehörigkeitsausweis ist keine Einbürgerungsurkunde. Krystel, Du bist im Jahre 1939 in dem damals deutschen Kruttinnen, Kreis Sensburg als Deutsche geboren worden. Du warst Deutsche und Du bist immer noch Deutsche. Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden. Der Staatsangehörigkeitsausweis dokumentiert dieses nur, nicht mehr und nicht weniger." Gerührt nahm die Deutsche den Ausweis entgegen.

Vor Krystel Koziol hatte Gerd Bandilla bereits rund 30 anderen Landsleuten bei der Erlangung des begehrten Schriftstückes geholfen. Diese Hilfe wurde gerne angenommen, denn die Rechtsmaterie ist gar nicht so einfach. Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden - so haben es unsere Grundgesetzväter nach leidvollen Erfahrungen im Dritten Reich im Grundgesetz formuliert. Aber wer ist deutscher Staatsangehöriger? Sind insbesondere die in Ostdeutschland verbliebenen Deutschen noch deutsche Staatsangehörige?

Im Gegensatz zur Volkszuge-hörigkeit, die objektiv nicht nachgewiesen werden kann, läßt sich die Frage der Staatsangehörigkeit anhand von Paragraphen klären. Man geht zurück auf den 1. Januar 1914. An diesem Tag trat das für das ganze Deutsche Reich geltende "Reichs- und Staatsangehörigkeitgesetz" vom 22. Juli 1913 in Kraft. An diesem Gesetz hielt die deutsche Bundesregierung immer fest, auch zu Zeiten, in denen die DDR eine eigene Staatsangehörigkeit einführte. Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes von 1913 wurde man Reichsbürger, vorher war man Staatsangehöriger Preußens, Bayerns oder eines anderen Bundesstaates. Es wurde unterstellt, daß derjenige, der am 1. Januar 1914 auf dem Gebiete des damaligen Deutschen Reiches lebte, auch deutscher Staatsangehöriger war. Wer damals Deutscher war, ist es heute noch und auch seine Nachkommen. Natürlich gibt es davon Ausnahmen. Die deutsche Staatsangehörigkeit wird unter anderem durch Geburt erworben. Sie wurde bei ehelichen Geburten vom Vater abgeleitet, bei außerehelichen Geburten von der Mutter. Bei den nach dem 31. Dezember 1974 Geborenen kann die Staatsangehörigkeit sowohl vom Vater als auch von der Mutter abgeleitet werden.

Folgende Ausnahme trifft insbesondere die deutschen Frauen hart. In Deutschland trat die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau erst am 1. April 1953 in Kraft. Bis dahin verlor eine deutsche Frau, wenn sie einen Ausländer heiratete, die deutsche Staatsangehörigkeit. Der Verlust trat nicht ein, wenn die deutsche Frau dadurch staatenlos wurde. Nach dem polnischen Staatsangehörigkeitsgesetz erwarb eine Ausländerin (also auch eine deutsche Frau) bis zum 18. Januar 1951 durch Heirat die polnische Staatsangehörigkeit. Wenn eine deutsche Frau also vom Ende des Zweiten Weltkrieges bis zum 18. Januar 1951 einen Polen heiratete, verlor sie automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit. Viele der heimatverbliebenen Frauen, heute oft schon verwitwet, können diese Vorschrift nicht verstehen, sind es doch Frauen, die echte Deutsche sind und insbesondere die deutsche Sprache noch vollkommen beherrschen. Für sie bricht eine Welt zusammen. Oft sind deswegen schon Tränen geflossen. Diese Frauen könnten allerdings erleichtert wieder eingebürgert werden, aber nur bei ständigem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland.

Folgender Härtefall ist auch bekannt geworden. Zwei Brüder, beide Söhne vom selben (polnischen) Vater und von der selben (deutschen) Mutter. Der erste, vor der Ehe geboren, ist nach der Mutter Deutscher, der zweite, während der Ehe geboren, nach dem Vater Pole.

Eine Sonderregelung betrifft die Deutschen, die zwischen den beiden Weltkriegen auf dem damaligen polnischen Staatsgebiet gelebt haben. Sie erhielten nach dem Ersten Weltkrieg die polnische Staatsangehörigkeit. Während des Zweiten Weltkrieges wurden die sogenannten Volkslisten eingeführt. Wer in die Abteilungen 1 und 2 eingetragen wurde, erhielt automatisch die deutsche Staatangehörigkeit. Wer sich in die Abteilung 3 der Volksliste eintragen ließ, erwarb die deutsche Staatsbürgerschaft auf Widerruf. In den Fällen der Volkslisten ist die Beweislage sehr schwierig. Es ist nicht bekannt, ob die Volkslisten irgendwo archiviert sind. Folgender Fall ist bekannt geworden: Eine Antragstellerin bekam nur deshalb den deutschen Staatsangehörigkeitsausweis, weil sie nachweisen konnte, daß ihr Großvater von den Deutschen in dem besetzten Gebiet als Bürgermeister eingesetzt wurde. Nach dem Krieg erhielt der Großvater von einem polnischen Gericht eine Gefängnisstrafe von sechs Monaten "wegen Zusammenarbeit mit dem Feind".

Die deutsche Staatsangehörigkeit geht unter anderem verloren, wenn jemand eine andere Staatsangehörigkeit erwirbt. Die Deutschen im südlichen Ostpreußen besitzen in der Regel auch die polnische Staatsangehörigkeit. Das ist aber für die Erlangung eines deutschen Staatsangehörigkeitsausweises nicht schädlich; denn die deutsche Bundesregierung erkennt die Nachkriegseinbürgerungen durch Polen nicht an, weil diese zwangsweise erfolgten und somit völkerrechtswidrig waren. Aufgrund des deutschen Staatsangehörigkeitsausweises kann die Ausstellung eines deutschen Passes beantragt werden. Der deutsche Staatsangehörigkeitsausweis ist von in Ostdeutschland verbliebenen Deutschen beim Deutschen Generalkonsulat in Danzig zu beantragen. Die Anschrift des Generalkonsulates lautet: Konsulat Generalny Republiki Federalnej Niemiec, Aleja Zwyciestwa 23, 80-219 Gdansk. Mit entsprechender Bevollmächtigung kann der Ausweis für einen Landsmann aus Polen auch von einem Bundesbürger unmittelbar beim Bundesverwaltungsamt, Ursulum 20, 35396 Gießen, beantragt werden.

In der Regel sind die zuständigen Kreisvertreter dabei gern behilflich. Neben Gerd Bandilla hat auch ein mit der Landsmannschaft Ostpreußen verbundenes Anwaltsbüro in Detmold Erfolge auf diesem Sektor zu verzeichnen. Den polnischen offiziellen Stellen ist bekannt, daß viele Deutsche in Polen einen deutschen Paß besitzen, also Doppelstaatler sind. Man duldet das offenbar. Jedenfalls sind noch keine damit verbundenen Probleme bekannt geworden. Allerdings sollten Deutsche, die im polnischen öffentlichen Dienst beschäftigt sind, entsprechende Vorsicht walten lassen. G. B.

Übergabe des Staatsangehörigkeitsausweises: Krystel Koziol und Gerd Bandilla Foto: Dziengel


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