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12.08.06 / Die Partei läßt ihn verhungern / Die Spitzenkandidaten zur Berlin-Wahl am 17. September - Teil II: Friedbert Pflüger (CDU)

© Preußische Allgemeine Zeitung / 12. August 2006

Die Partei läßt ihn verhungern
Die Spitzenkandidaten zur Berlin-Wahl am 17. September - Teil II: Friedbert Pflüger (CDU)
von Patrick O'brian

Vergangene Woche wurde im Rathaus von Berlin-Kreuzberg eine Ausstellung über den Bankenskandal eröffnet. Die Tafeln sind an Deutlichkeit nicht zu überbieten, Kostprobe: "Nach der Wiedervereinigung herrschte die West-Berliner Oligarchie plötzlich über die ganze Stadt. Die politische Klasse West-Berlins hatte jedoch keine Erfahrung vom Haushalten."

Auch wenn diese Radikalkritik aus dem Linkspartei-Vokabular stammt, die in diesem Bezirk die Mehrheit stellt, so hat sie einen wahren Kern. Einen Kern, von dem die übergroße Mehrheit der Berliner überzeugt ist. "Die CDU hat die Stadt finanziell ruiniert", das glauben selbst CDU-Anhänger.

Die Machenschaften des Klaus-Rüdiger Landowsky haben aber nicht nur Berlin heruntergewirtschaftet, sie haben auch die CDU an den Rand gedrückt. 23 Prozent bei der letzten Wahl, 21 Prozent in aktuellen Umfragen - Friedbert Pflüger hat ein schweres Erbe angetreten.

Der Niedersachse wurde Spitzenkandidat der Berliner CDU, weil niemand aus den eigenen Reihen dafür geeignet erschien. Als zu belastet gilt die gesamte Berliner CDU-Spitze - zu provinziell und zu spießig obendrein. So suchten der CDU-Landesvorsitzende Ingo Schmitt und sein Vorstand nach einem geeigneten Kandidaten von außen. Als Ex-Uno-Umweltbeauftragter Klaus Töpfer absagte, fiel die Wahl auf den Staatssekretär im Verteidigungsministerium Pflüger. Er war also von Anfang an nur zweite Wahl.

Friedbert Pflüger bewirbt sich um den Bürgermeisterposten in einer Stadt, die 1990 gegen seinen Willen wiedervereinigt und 1991 gegen seinen Willen zur deutschen Hauptstadt wurde (die PAZ berichtete). 1989 glaubte er, als Linksaußen in der CDU auf der Höhe der Zeit zu liegen.

Damals bereiteten Kohl-Gegner den Sturz des Pfälzers vor, und der damalige Weizsäcker-Adlatus Pflüger rechnete mit einem Linksrutsch der Union, der sich vielleicht auch ereignet hätte, wenn die DDR nicht so jämmerlich zusammengebrochen wäre, womit allerlei linke Positionen wie die von der Überholtheit des deutschen Einheitsgedankens plötzlich selbst steinalt erschienen. Pflüger wollte das zunächst nicht wahrhaben.

Sein Parteifreund Uwe Lehmann-Brauns berichtet über eine Begegnung im Oktober 1989 an einer US-Elite-Uni mit Pflüger und seiner Ehefrau: "Nachdem ich meine Einheitsmelodie auf dem Podium abgespielt hatte, kam Frau Mathiopoulos zu Wort und erklärte empört: ‚Sollte tatsächlich die Wiedervereinigung kommen, würde sie am nächsten Tag ihren deutschen Paß abgeben und die amerikanische Staatsbürgerschaft annehmen.' Friedbert Pflüger war vorsichtiger. Soweit wolle er nicht gehen, betonte aber, auch er sei gegen die Wiedervereinigung - er fürchtete um die demokratischen Errungenschaften der Bundesrepublik."

Pflüger stimmte konsequenterweise 1991 für Bonn und gegen Berlin als Regierungssitz. Verständlicherweise redet er nicht mehr gern über diese Zeit. "Ich meine es heute ernst mit Berlin", beteuert Pflüger jetzt. Sein Haus in Hannover habe er verkauft, durch eine Eigentumswohnung in Berlin ersetzt. Zweifel an dieser Version sind erlaubt: Schließlich hat er bei der Scheidung seiner Ex-Frau das Haus überlassen und als Ausgleich eine sechsstellige Summe von ihr eingeklagt.

Aber nicht nur Pflügers Vergangenheit nährt Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit. Seine doppelgesichtige Haltung ist allgegenwärtig. Beim Besuch des Freitagsgebets in der Neuköllner Sehitlik-Moschee sagt er, er wolle sich "nicht ohne meine türkischen Freunde" fotografieren lassen. Gleichzeitig unterstützt er eine Bürgerinitiative in Pankow, die den Neubau einer Moschee in dem früheren Ostbezirk unterbinden will. Ja, was denn nun? Pflüger hat ein massives Glaubwürdigkeitsproblem.

Der CDU-Landesvorsitzende hat in seinem öffentlich einsehbaren Terminkalender genau drei Wahlkampftermine aufgelistet: einen mit Merkel, einen mit Koch, einen mit Wulff. Mit anderen Worten: Er tritt nur dann in Erscheinung, wenn er unbedingt muß. Ansonsten läßt er Pflüger geradezu demonstrativ allein streiten.

Und so hält es die ganze Partei. Die Ortsverbände sind derart demoralisiert, daß sie sich der Wahlkampfarbeit schlichtweg verweigern. Wofür sollen sie auch Wahlkampf machen? Klaus Wowereit hat eine Große Koalition ausgeschlossen. Es gibt keine reale Machtoption für die CDU. Eine "schwarze Ampel" ist so realistisch wie ein ausgeglichener Landeshaushalt.

Auch die Bundespartei nimmt die Beine in die Hand. Hatte Spitzenkandidat Frank Steffel 2001 noch eine Reihe von prominenten CDU-Mitgliedern in seinem Schattenkabinett, so müsse Pflüger mit "Experten" aus der zweiten Reihe der Landespartei auskommen, heißt es aus CDU-Kreisen. In Kürze will er sein "Kompetenzteam" vorstellen. Man erwartet eine recht dürftige Truppe.

Pflüger kann sich nicht auf die Unterstützung seiner Partei verlassen. Es müßte schon ein Wunder geschehen, damit ein Kandidat in dieser Position ein akzeptables Ergebnis schafft. Dem jetzigen droht am 17. September eine schmerzliche Niederlage.


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