28.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
12.08.06 / Kaczynski will Todesstrafe wieder einführen

© Preußische Allgemeine Zeitung / 12. August 2006

Kaczynski will Todesstrafe wieder einführen

Lech Kaczynski weiß, was seine Wähler, und das sind etwa 25 Prozent der Wahlberechtigten, von ihm hören wollen. Es muß markig sein. Und so sprach der polnische Staatspräsident in einem Radiointerview offen aus, was er denkt: "Länder, die die Todesstrafe aufgeben, räumen dem Kriminellen gegenüber seinem Opfer einen ungeheuren Vorteil ein. Wir müssen das in der EU diskutieren. Ich denke, daß Europa mit der Zeit seine Sicht in dieser Sache ändern wird." Sprachs und rüttelte damit an den Grundfesten der in der "Europäischen Menschenrechtskonvention" (EMRK) verfaßten Grundrechtsordnung. Polen war mit der Aufhebung der Todesstrafe 1997 - die letzte Hinrichtung war 1988 vollzogen worden - auch mit dem letzten Akt der EMRK beigetreten.

Kaczynskis Vorstoß war Wasser auf die Mühlen der ultranationalistischen "Liga für Polnische Familien" (LPR) des Vize-Ministerpräsidenten Roman Gyrtich. Dessen Partei erarbeitet nun eine Gesetzesinitiative zur Wiedereinführung der Todesstrafe bei Verurteilung wegen Sexualmordes an Kindern. Auch der mehrfach vorbestrafte polnische Vize-Premier Andrzej Lepper blies sofort ins gleiche Horn. Man müsse alles tun, damit die EU ihre Vorschriften ändere, so Lepper entschieden.

Ungehört blieb Kaczynski aber auch in Straßburg nicht. Der Präsident der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, René van der Linden, reagierte heftig. Es sei eine der größten Errungenschaften der 46 Mitglieder umfassenden Europäischen Menschenrechtskommission, die Todesstrafe zwischen Island und Wladiwostok abgeschafft zu haben.

Auch bei der EU wurde gewettert. "Die Todesstrafe ist mit EU-Recht unvereinbar", hieß es, dabei hat die EU durchaus keine Strafrechtskompetenz. Auch die EU-Grundrechtecharta, die auch die Abschaffung der Todesstrafe vorsieht, ist für die EU-Organe, nicht aber für die Mitgliedsstaaten bindend. Es handelt sich hier um ein unverbindliches Bekenntnis.

Auf Nachfrage bei der "Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht" wurde der Preußischen Allgemeinen allerdings bestätigt, daß für Polen das Zusatz-Protokoll Nr. 6 zur EMRK 2000 in Kraft getreten ist. Danach hat sich Polen zur Abschaffung der Todesstrafe in Friedenszeiten verpflichtet. Das weitergehende Protokoll

Nr. 13 zur Abschaffung der Todesstrafe "unter allen Umständen", sprich auch in Kriegszeiten, hat Polen zwar unterzeichnet, jedoch nie ratifiziert. Nach dem Ausstiegs-Artikel 58 der EMRK, der auch auf die Protokolle anzuwenden ist, könnte Polen demnach mit einer sechsmonatigen Frist das Protokoll aufkündigen und die Todesstrafe wieder einführen. B. K.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren