© Preußische Allgemeine Zeitung / 19. August 2006

Pregelliebe
Bunte Reise nach Königsberg

„Ich Alexej, sagte er, und sah den beiden fest ins Gesicht. Und du Jacob! Und du Albert! Für einen Moment schwiegen alle. So selbstverständlich war es denn wohl doch nicht, sich hier wie alte Bekannte zu verstehen. Aber es war trotzdem so ... Jacob war froh in diesem Moment, Albert dabei zu haben. Er hatte nicht alleine eine so lange und gefährliche Reise antreten wollen. Albert war mitgekommen, Albert, sein Cousin ... Ihr gemeinsamer Urgroßvater Henri August Sommerfeld hatte unweit der jetzigen Grenze zwischen Polen und dem Kaliningrader Gebiet gelebt.“ Unendlich viele Eindrücke werden die beiden auf ihrer Reise durch Königsberg sammeln, welches trotz seines Verfalls und der Armut der Bevölkerung einen festen Platz in ihren Herzen einnehmen wird. Besonders in Jacobs Herz. Der trifft nämlich, dank ihres Reiseführers Alexej, auf die hübsche Iryna. Erst unklar, doch dann immer deutlicher zeichnet sich für Albert die offensichtliche Zuneigung der beiden für einander ab. Es kommt letztlich wie es kommen muß: Die Zeit in Königsberg neigt sich dem Ende zu, das Visum der beiden läuft aus, der Abschied von Iryna steht bevor. Albert bezweifelt, daß Jacob es verkraften wird, sich nach dem Tod seiner Frau Käthe noch einmal auf Nimmerwiedersehen von einem geliebten Menschen zu trennen ... Sehr anschaulich beschreibt Wolf Wiechert die Eindrücke, die Jacob und Albert in der Pregelmetropole sammeln. Der Leser fühlt quasi das Gras der überwucherten rostigen Eisenbahnschienen unter seinen nackten Füßen, er riecht die salzige Seeluft und fühlt den herben Geschmack des berauschenden Wodkas auf seiner Zunge. Dieser Roman lebt nicht von seiner simpel gestrickten Handlung, sondern von den realitätsnahen Beschreibungen des Autors, die dem Leser das Gefühl geben, selbst in dem klapprigen alten Mercedes- Taxi gesessen zu haben (und über die Schlaglöcher der Stadt geholpert zu sein) - immer auf der Suche nach der Vergangenheit der ostpreußischen Hauptstadt, die heute Kaliningrad heißt. A. Ney

Wolf Wiechert: „Eine Liebe in Kaliningrad oder die Reise nach Königsberg“, edition move, München 2006, broschiert, 250 Seiten, 15,90 Euro, Best.-Nr. 5675