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26.08.06 / Opfer seiner eigenen Maßstäbe / Günter Grass diffamierte überheblich Menschen mit NS-Vergangenheit - jetzt ist er selber einer

© Preußische Allgemeine Zeitung / 26. August 2006

Opfer seiner eigenen Maßstäbe
Günter Grass diffamierte überheblich Menschen mit NS-Vergangenheit - jetzt ist er selber einer
von Wilhelm v. Gottberg

Wer richten wolle, der möge richten, hat Günter Grass zu den zahlreichen Stellungnahmen geäußert, die aufgrund seiner Offenbarung, daß er Soldat bei der Waffen-SS gewesen sei, von Zeitgenossen abgegeben wurden.

Der Nobelpreisträger ist eine Person der Zeitgeschichte. Er wurde nicht nur aufgrund seines literarischen Erfolges eine öffentliche Person, sondern auch weil er nach seinem Selbstverständnis als eine politische Person mit staatstragendem Verantwortungsbewußtsein wahrgenommen werden wollte. Um diese selbstgewählte Rolle des Günter Grass geht es.

Er hat es in dieser Rolle weit gebracht. Der in dieser Republik immer noch allmächtige linke Mainstream hat ihm das Prädikat „moralische Institution“ zuerkannt. Ist Grass tatsächlich vergleichbar mit dem Papst eine moralische Institution?

Grass war Soldat der Waffen-SS. Dies ist kein Makel. Tausende junge Männer leisteten Kriegsdienst in den Verbänden der Waffen-SS. Viele von ihnen haben nach dem Krieg Großes geleistet und sich um den Aufbau des demokratischen Gemeinwesens verdient gemacht. Als Beispiel sei der frühere Dortmunder Oberbürgermeister Günter Samtlebe genannt, der 26 Jahre die Geschicke Dortmunds verantwortete und darüber hinaus zum Präsidenten des Deutschen Städtetages aufstieg.

Die Waffen-SS war nach ihrem damaligen Selbstverständnis vierte Teilstreitkraft der Wehrmacht. „Ihre Verbände sind nicht mit der allgemeinen SS oder gar mit den speziellen Organisationen der Menschenvernichtung und -verfolgung gleichzusetzen“, hatte schon Kurt Schumacher festgestellt. Unstrittig ist, daß viele junge Angehörige der Waffen-SS der nationalsozialistischen Denkungsart mehr oder weniger verhaftet waren, ohne aber um die Verbrechen der NS-Diktatur zu wissen beziehungsweise sich diese zur eigenen Zielsetzung zu machen. Es muß daran erinnert werden, daß die jungen Menschen damals ihr ethisch-moralisches Fundament in einer menschenverachtenden, zentralistisch ausgerichteten Diktatur erhielten, die eine spezifische Staatsideologie vertrat und die Massenmedien gleichgeschaltet hatte.

Gleichwohl mußten junge Männer in den letzten beiden Jahren des Krieges wohl in Ausnahmefällen, nicht aber in der Regel, zwangsläufig Kriegsdienst in der Waffen-SS leisten. Tausende umgingen die drohende Einberufung zur Waffen-SS durch die freiwillige Meldung zu einer anderen Wehrmachts-Teilstreitkraft. Dies wurde in der Regel von den Rekrutierungsämtern akzeptiert. Was immer die Beweggründe für die Vermeidung des Dienstes in der Waffen-SS waren, kann hier nicht erörtert werden. Bekannt aber war auch damals, daß bei den Angehörigen der Waffen-SS - wie schon erwähnt - nationalsozialistisches Denken verbreitet war und daß deren Verbände immer bei Krisensituationen und aussichtslosen Lagen zum Einsatz kamen. Infolgedessen war der zu entrichtende Blutzoll bei den SS-Wehrmachtsverbänden besonders hoch. Es war damals nicht ehrenrührig und ist es heute erst recht nicht, wenn man den Kriegsdienst in der Waffen-SS zu vermeiden versuchte.

Grass war ein überzeugter Jungnationalist. Er hat sich immer wieder - wenn auch nur sehr allgemein - zu seinen Verstrickungen in der NS-Zeit bekannt. Daraus leitete er die Notwendigkeit ab, die Vergangenheit der Deutschen in der NS-Diktatur lückenlos aufzuarbeiten. Um glaubwürdig zu sein, hätte er die eigene Vergangenheit lückenlos offenlegen müssen. Dazu fehlte ihm der Mut. Vor diesem persönlichen Hintergrund war es unanständig, permanente Vergangenheitsbewältigung zu fordern, zu betreiben und dabei den Kult mit der Schuld zu puschen. Er habe die Zugehörigkeit zur Waffen-SS als Makel empfunden, so der Literat. Der eigentliche Makel war wohl die Gesinnung in seinen Jugendjahren.

Grass hielt immer mit dem Zeitgeist Schritt. Die Blechtrommel diente der Vergangenheitsbewältigung, und das war damals ebenso schick wie heute. Die verbalen Attacken des jungen Grass auf die Adenauer-Bundesrepublik waren nicht mehrheitsfähig, gleichwohl wurden sie von einer linken Schickeria beklatscht. Sein offener Brief an Bundeskanzler Georg Kiesinger hinsichtlich dessen Rolle im Dritten Reich war eine einzige Provokation, kam aber gut an bei der aufbegehrenden 68er Generation.

Dann trommelte Grass für Willy Brandt und die Ostverträge. Damit einher ging das Heruntermachen der Heimatvertriebenen und ihrer Repräsentanten. Dies entsprach voll dem Zeitgeist. Grass konnte immer gewiß sein, die Massenmedien als Resonanzboden auf seiner Seite zu haben.

Er hat jahrelang der Multikulti-Ideologie das Wort geredet und in diesem Zusammenhang der Bundesrepublik häufig Ausländerfeindlichkeit vorgeworfen. Seine Laudatio für den türkischen Schriftsteller Yassar Kemal, als dieser 1997 Preisträger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels wurde, enthielt eine heftige Anklage gegen die Ausländerfeindlichkeit der Berliner Republik. Verbunden damit war ein Wehklagen darüber, daß Deutschland durch Waffenlieferungen an die Türkei die Menschenrechtsverletzungen in diesem Land aktiv unterstütze. Heute würde der Literat Grass eine derartige Rede nicht mehr halten können, ohne sich lächerlich zu machen. Wenn er wirklich über die Menschenrechtsverletzungen in der Türkei so betroffen war, hätte er lange schon gegen den EU-Beitritt der Türkei seine Stimme erheben müssen. Die Menschenrechte der Deutschen, die nach dem Krieg in den Ostprovinzen des früheren Deutschen Reichs verblieben, waren ihm nie eine Silbe wert.

Ein weiteres Beispiel für den Ritt auf dem Wellenkamm des Zeitgeistes unseres Literatur-Nobelpreisträgers ist seine Novelle „Im Krebsgang“. Flucht und Vertreibung wurden für ihn erst ein Thema, als die Deutschen mehr als 50 Jahre nach Kriegsende begannen, sich kollektiv der eigenen Opfer zu erinnern. Das Thema war plötzlich „in“; da durfte Grass nicht abseits stehen. Um aber seine korrekte politische Sichtweise nachdrücklich zu unterstreichen, verband er in seiner Novelle den Untergang der „Gustloff“ mit einer verquasten Story über Rechtsextremismus in der Bundesrepublik.

Die vermeintliche moralische Institution Günter Grass, der gewollt oder ungewollt die Rolle eines nationalen Gewissens angenommen hatte, ist vom hohen moralischen Podest herabgestiegen. Auch wenn einzelne Apologeten des linken Spektrums ihn gerne wieder erhöht sehen wollen, der Schriftsteller Günter Grass hat seine moralische Ausstrahlung verloren. Wenn die Danziger Befindlichkeiten über ihn abgeklungen sind, wird es ruhig um Günter Grass werden.


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